..
KOLNER JAHRBUCH
27. BAND · 1994
SONDERDRUCK
GEBR. MANN VERLAG · BERLIN
INHALT
KLAus BERGER, "Griechische Altertümer" im Römisch-Germanischen Museum Köln..... .. . .. . .. . . .. ....
7
KLAus BERGER, Campanaplatten im Römisch-Germanischen Museum Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
SusANNE KRAMER, Das Grabmonument des T. Flavius Mikkalus aus Perinth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
HEINRICH LANGE, Die Karoplastik der Colonia Claudia Ara Agrippinensium.
Untersuchungen zu Typologie, Technik, Werkstattfunden, Betrieben
Signaturen und Produktionszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
117
NoRBERT FRANKEN, Wachsspachtelgriffe mit Minervabüsten. Ein Beitrag zum
Instrumenturn Scripforum der römischen Kaiserzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
311
SrEFAN RITTER, Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln.
Die Statuetten aus Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
317
NoRBERT FRANKEN, Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln.
Die Bronzestatuetten ohne Fundortangabe. Die Statuetten aus dem Fund von
La Comelle-sous-Beuvray .......................................... . .. . .. . . .. . .. . . . .. . .. . .. セ@ . . .
405
GüNTHER ScHAUERTE, Der Töpfereibezirk am Bahnhofsvorplatz in Köln
513
JüRGEN ÜBMANN UND DERK WIRTZ, Orte der Kraft? Bodendenkmale im
Spannungsfeld zwischen Archäologie und Esoterik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
565
ELISABETH MARIA SPIEGEL, Die römische Westnekropole an der Aachener Straße
in Köln. Ansätze zu einer Strukturanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
595
DAVID G . WIGG UND SvEN SEILER, Ein Fund römischer Falschmünzerförmchen aus Köln . . . . . . . . . . . . . . .
611
Kölner Jahrbuch 27, 1994, Seite 317-403
DIE ANTIKEN BRONZEN IM RÖMISCH-GERMANISCHEN
MUSEUM KÖLN
DIE STATUETTEN AUS KÖLN
VON STEFAN RITTER
INHALT
Zu den Fundangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Fundstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Probleme der Werkstattzuweisung und der
Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Götterstatuetten als Zeugnisse fur
den Kult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zur Interpretation bronzener Götterstatuetten . . .
Katalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Götter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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338
338
Das Römisch-Germanische Museum der Stadt Köln
besitzt einen reichen Bestand antiker figürlicher Kleinbronzen. In den folgenden Untersuchungen werden die
Statuetten vorgelegt; die übrigen Bronzen, die vielfach
Schmuckelemente an Wagen, Möbeln oder Geräten
waren und in ihrem jeweiligen funktionalen Zusammenhang zu betrachten sind, sind fur spätere Publikationen
vorgesehen. Es erschien methodisch sinnvoll, die aus
Köln stammenden Statuetten und jene ohne Fundnachrichten getrennt zu untersuchen, da beide Gruppen von
andersgearteter Aussagekraft sind 1•
ZU DEN FUNDANGABEN
Nur fur wenige Statuetten aus Köln liegen gerraue Fundangaben vor. Die tiefgreifenden Umgestaltungen desselben Siedlungsplatzes von der römischen Zeit bis in die
Gegenwart haben den römischen Siedlungshorizont weitgehend zerstört, und somit sind dem Versuch, ein Bild
von der römischen Stadt zu gewinnen und in dieses auch
die Kleinkunst einzubeziehen, von vornherein enge
Grenze gesetzi. Dennoch gibt es im Römisch-Germanischen Museum eine nicht unbeträchtliche Zahl von Sta-
Heroen und Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fragmente und Attribute von Statuetten . . . . . .
Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Etruskisch/italische Statuetten . . . . . . . . . . . . . . . .
Wohl nicht antike Statuette . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abgekürzt zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Konkordanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verzeichnis der Vorbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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403
403
tuetten, die teils mit Sicherheit, teils mit einiger Wahrscheinlichkeit aus Köln stammen.
Die vorliegenden Fundangaben sind von unterschiedlicher Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Nur bei denjenigen
Für die Überlassung des Materials habe ich Herrn Prof. Dr. H. Hellenkemper zu danken. Dr. F. Naumann-Steckner, Dr. M. Riede!, A. Adam
und Ch. Olesch danke ich für ihre freundliche Unterstützung. Mein
besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. H. v. Hesberg, der dieses Vorhaben von Anfang an tatkräftig unterstützte und durch Vermittlung eines
Postdoktorandenstipendiums überhaupt erst ermöglicht hat. Die
Finanzierung dieses Stipendiums habe ich dem Ministerium fur Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen zu verdanken .
1
Die Juppiter-Statuetten werden von R. Thomas, Kölner Jahrb. 28,
1995, veröffentlicht. Zu den Statuetten des Herkules s. St. Ritter, Köln er
Jahrb. 26, 1993, 461 ff.
2 Zur Geschichte des römischen Köln: H . Schmitz, Colonia Claudia Ara Agrippinensium (1956); P.la Baume, Colonia Agrippinensis 3
(1964) 9 ff.; 0. Doppelfeld in: ANRW II 4 (1975) 716 ff.; P. Ia Baume
in : Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 37/ 1. Köln I, 1
(1980) 38 ff. (mit weiterer Lit.).- ZurTopographie des römischen Köln :
F. Fremersdorf, Neue Beiträge zur Topographie des römischen Köln
(1950); Fremersdorf, Urkunden, Doppelfeld a. 0. 728 ff.; H . Hellenkemper in: ANRW II 4 (1975) 783 ff.; Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 37/ 1. Köln I,l. 37/2. Köln I,2. 38 (Köln II).
39 (Köln III) (1980).
317
Stefan Ritter
Statuetten, die aus Grabungen stammen, sind die Fundumstände genauer dokumentiert3 . Verläßlich sind weiterhin Angaben zu älteren Bodenfunden, die bald nach ihrer
Auffindung in das Museum gelangten und in den seit den
80er Jahren des vorigen Jahrhunderts geführten Inventaren aufgeführt sind4 • Ein Großteil der Statuetten stammt
aus der reichen, 1934 angekauften Sammlung des Konsuls
Carl Anton Niessen, eines überaus engagierten und
kenntnisreichen Sammlers. Dieser trug, von patriotischem Interesse an der Frühgeschichte Köln geleitet, vor
allem Kölner Funde zusammen, veranstaltet selbst Ausgrabungen und sorgte dafür, daß seine Stücke zwischen
1889 und 1911 in drei jeweils umfänglicheren Publikationen vorgelegt wurden5 . Seiner umsichtigen Arbeitsweise
ist es zu verdanken, daß für viele der Bronzen des
Museums zuverlässige Fundangaben vorliegen6 . Mit
Skepsis zu betrachten sind demgegenüber Angaben zu
Stücken, die sich längere Zeit im Kunsthandel oder in verschiedenen Sammlungen befanden. Hier liegt die einzige
Möglichkeit zur Überprüfung darin, über den Vergleich
mit sonst aus der Germania Romana bekanntem Material
die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit des
Kölner Fundortes nahezulegen. Einige Statuetten lassen
sich auf diesem Wege mit großer Sicherheit ausscheiden 7 •
Bei solchen hingegen, für die es Parallelen mit gesichertem Fundort aus den Rheinprovinzen gibt, ist, wenn nicht
hinreichende Indizien auf eine andere Provenienz deuten, die Herkunft aus Köln zumindest nicht unwahrscheinlich8. Denn bei der Beurteilung der von Kölner
Sammlern und Antiquaren angekauften Stücke ist zu
berücksichtigen, daß die aufblühende Sammlertätigkeit
im 19. Jahrhundert zumeist durch ein ernsthaftes Interesse an der Geschichte Kölns und des Rheinlandes motiviert war; wie weit die Wertschätzung des Lokalen gehen
konnte, zeigt etwa der Umstand, daß das Museum 1925
aus einem gerade erworbenen Bestand alles erkennbar
Fremde sofort wieder verkaufte und nur das vermeintlich
Kölnische behielt9. Diese explizite Bevorzugung einheimischer Funde ist sicherlich zwiespältig zu beurteilen. So
werden die mit einiger Sicherheit als falsch zu erweisenden Fundangaben bei einigen Stücken darauf zurückzuführen sein, daß Sammler und Händler den Fundort
fingierten, um für ein angeblich in Köln gefundenes Stück
einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Insgesamt aber
hat sich das Bemühen, Kölner Funde in Köln zu behalten,
auf den heutigen Bestand zweifellos eher positiv ausgewirkt; bezeichnenderweise schlug sich die ambitionierte
Beschäftigung mit der Stadtgeschichte schon verhältnismäßig früh in teilweise sehr gründlichen Publikationen
nieder, in denen nicht nur Funde sorgfältig dokumentiert,
sondern auch Fundzusammenhänge festgehalten und
interpretiert wurden 10 .
DIE FUNDSTELLEN
Für den Fundbereich Köln sind neben den Statuetten im
Römisch-Germanischen Museum auch etliche Stücke
relevant, die nach ihrer Auffindung, meist durch Kunstim dortigen
händler, nach Bann gelangten und sich セ・オエ@
Rheinischen Landesmuseum befinden; diese werden,
soweit für sie Genaueres überliefert ist, hier mit aufgeführt.
Von besonderem Interesse sind die Fundumstände des
überaus qualitätvollen und ungewöhnlich gut erhaltenen
Hengstes Kat. 53. Die Statuette wurde vorwenigen Jahren
bei Grabungen am Barbarossaplatz gefunden 11 • Hier,
außerhalb der römischen Mauem an der südwestlichen
Ausfallstraße, hatte man zunächst Gräber erwartet, stieß
dann aber auf die Reste eines ausgedehnten römischen
Wohnhauses. Das Pferd fand sich in einem der Räume in
einer durch den römischen Estrichfußboden eingetieften
Grube, die außerdem Metallteile, Holzkohlereste und
einige römische Scherben aus dem 1. bis frühen 3. Jahrhundert n.Chr. enthielt. Offenbar wurde das Pferdchen
irgendwann in den unsicheren Zeiten der 2. Hälfte des
3. Jahrhunderts n. Chr. hier verborgen.
Bekannt sind die Fundumstände weiterhin für drei
3
Kat. 1, 12, 27, 28, 44, 53, 58, 64, 69, 73 .
4
Kat. 4, 10, 13, 23, 24, 26, 30, 31, 32, 36, 46, 49, 50, 54, 55, 60, 62, 72.
5
Zur Geschichte der Sammlung Niessen: Vorworte zu Kat. Nies·
sen 1, Kat. Niessen 2 und Kat. Niessen 3 . Aufschlußreich besonders Nies·
sens Erklärung im Vorwort zu Kat. Niessen 1 : "Als ich in reiferem Alter
im British·Museum zu London, im Louvre zu Paris und in manchen
anderen Städten des Auslandes mit tiefem Bedauern sah, wie die im
deutschen Vaterlande, namentlich im Rheinlande, aufgefundenen
Gegenstände aus der Römerzeit in die Fremde verschleppt und so diese
werthvollen Zeugen längst verschwundener Zeiten der heimischen
Altertbumskunde fur immer entzogen worden sind, fasste ich den Ent·
schluss, keine Zeit, Mühe und Kosten zu scheuen, um meinerseits so
viel als möglich der ferneren Verschleppung vorzubeugen und neue,
besonders für die Geschichte der Rheinprovinz - meiner Heimath wichtige Funde dem Vaterlande zu erhalten. Von dieser Gesinnung
beseelt, habe ich mehr als 15 Jahre die mir häufig, namentlich bei der
Erweiterung der Stadt Köln und den zahlreichen grossen Bauten bzw.
Ausschachtungen in der Altstadt, gebotene Gelegenheit zum Ankaufe
solcher Gegenstände mit Eifer benutzt und die in dem folgenden Ver·
zeichnisse aufgeführten Gegenstände gesammelt".
6 Kat. 2, 5, 11 , 15 , 16, 19, 20, 29, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 47, 52, 57, 59, 61,
63, 65, 66, 67, 68, 70, 71, 75.- Fragwürdig ist wegen widersprüchlicher
Angaben der Kölner Fundort für Kat. 17, und auszuscheiden sind Kat.
77 und der Hercules lnv. N 8892 (St. Ritter, KölnerJahrb. 26, 1993,467 f.
Kat. 3).
7
Kat . 76, 78, 79, 80.
8 Kat. 3, 7, 8, 9, 14, 18, 21, 22, 33, 35, 37, 45, 48, 51, 56, 74, 81.
9 s. u. Angaben zu Kat. 14.
10
Beispielhaft etwa: K.linkenberg, Köln.
11
Zu den Fundumständen s. R. Thomas, Archäologie in Köln 1,
1992, 56 ff.
318
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Bronzen, die bei den Grabungen am Dom- innerhalb der
römischen Stadt- im Jahre 1969 zutage kamen. Der Jüngling Kat. 44 wurde beim Ausheben eines Brunnens im
Innenhof einer westlich des Domes angeschnittenen
lnsula entdeckt, wohin er, mit Gebrauchskeramik und
anderen Kleinfunden, darunter Münzen des 3. Jahrhunderts n. Chr., bei der Verfüllung des Brunnens in der Spätantike gelangt war. Auch der Amor Kat. 1 stammt aus einer
spätantiken Verfüllung: er wurde in einer mit Holz ausgekleideten Zisterne südlich des Domes gefunden, die aufgrund der Münzfunde frühestens im mittleren 4. Jahrhundert n. Chr. zugeschüttet wurde. Der Genius Kat. 12
schließlich kommt aus einem Kanal unterhalb der römischen Ost-West-Straße am Dom 12 .
Weitere Statuetten wurden bei Grabungen außerhalb
der Stadt gefunden. Die Minerva Kat. 28 kam in einem
der Contubernien des römischen Flottenlagers in KölnAlteburg, also in militärischem Kontext, zutage 13 . Der
kleine Bär Kat. 69 und der Hahn Kat. 73 wurden, zusammen mit einer verschollenen Schildkröte, vor 1911 in
einem Grab an der Luxemburger Straße entdeckt. Der
Hund Kat. 64 stammt aus einem unter dem Kreuzgang
der Severinskirche 1925/26 gefundenen Brandgrab 14 •
Wegen ihrer Bedeutung für die Datierung römischer
Kleinbronzen sei noch eine - in Bonn befindliche Gruppe des mit einer Amazone kämpfenden Hercules
erwähnt, die als Wagenaufsatz diente und somit nicht in
den Kontext der Statuetten gehört: sie wurde bei Ausschachtungsarbeiten im Bereich des Kastells Köln-Deutz
entdeckt und stellt, da sie im frühen 4. Jahrhundert
n. Chr., nämlich nach der Anlage des Kastells 310 n. Chr. ,
entstand, eines der seltenen sicher zu datierenden römischen Bronzewerke dar 15 •
Zu den wenigen Statuetten, die innerhalb der römischen Stadt gefunden wurden, gehören neben den Stükken vom Dom noch einige Streufunde. Der Mercurius
Kat. 26 kam bei Erdarbeiten in der Cäcilienstraße beim
Fernsprechamt zutage, also in der Gegend, in der auch die
römischen Thermen lagen. Eine Minervastatuette, heute
in Bonn, wurde 1887 beim Bau eines Hausesam Cäcilienkloster entdeckt16 . Der wohl zu einer Statuette gehörclende Thron Kat. 49 stammt aus der Agrippastraße, und
der "Philoktet" Kat. 45 schließlich soll um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts in der Hohen Straße in der Kölner
Innenstadt gefunden worden sein.
Eine größere Zahl von Statuetten stammt von den entlang der römischen Fernstraßen gelegenen Friedhöfen,
ohne daß die genaueren Fundumstände bekannt sind 17 •
Sie können, wenn sie aus einem durch entsprechend eindeutige Funde in seiner Bestimmung gesicherten Grabareal kommen, wohl größerenteils als Grabfunde angesehen werden 18 • Aus dem Bereich des Gräberfeldes an der
Straße nach Norden (Eigelstein, Neusser Straße), die über
Vetera/Xanten und Noviomagus/Nijmegen zur Rheinmündung verlief, kommen die Venus Kat. 40, der Widder
Kat. 60, das Füllhorn Kat. 47 und ein Stier in Bonn 19 . Von
der nach Westen, nach Bagacum/ Bavai führenden Aachener Straße stammen ein luppiter in Köln 20 , ein Genius in
Bonn21 , der Apisstier Kat. 50 und vier weitere Tiere: der
Panther Kat. 55, der Ziegenbock Kat. 58 -aus einem völkerwanderungszeitlichen Grab- sowie die Hunde Kat. 65
und 66. In dem zur Luxemburger Straße, der südwestlichen Ausfallstraße nach Durocortorum/ Reims und Lugdunum/ Lyon, gehörenden Fundbereich "Huhnsgasse/
Am Weyertor" wurde der Mercurius Kat. 23 gefunden;
von der Luxemburger Straße kommen weiterhin der wohl mit einer Statuette des Mercurius verbundene- Ziegenbock Kat. 57 und das Affenweibchen mit seinem Jungen Kat. 68. Von der nach Bonna/ Bonn führenden südlichen Römerstraße (Severinstraße, Banner Straße) stammen der Mercurius Kat. 24 22 , eine Diana23 und eine Jünglingsstatuette in Bonn24 ; letztere sowie der Kranich Kat.
72 wurden bei St. Severin gefunden. Aus einem weiteren,
vor der Stadtmauer im Nordwesten der Stadt gelegenen
Grabbezirk kommt schließlich der Genius Kat. 1025 . Von
Gräberfeldern, doch ohne bestimmten Angaben 26 , stammen wahrscheinlich die Minerva Kat. 30, die Matrone
Kat. 22, derTunicatus Kat. 46, ein luppiter in Köln 27 sowie
319
12
Für die Angaben zu den beiden letztgenannten Statuetten danke
ich B. Liesen.
13
Zur Alteburg: M. Gechter, Bonner Jahrb ., 179, 1979, 94 f.
14
Zu den Grabungen unterSt. Severin: B. Päffgen, Die Ausgrabungen in St. Severin zu Köln. Kölner Forschungen Bd. 5 (1992).
15
Bonn, RLM, Inv. CLIX. Menzel, Bonn 26 f. Nr. 57 Taf. 28 f.
16
Bonn, RLM, Inv. 42 , 71. F. Oelmann, Bonner Jahrb . 148, 1948,
326; Menzel, Bonn 36 Nr. 77 Taf. 42 f.
17
Plan der Außengebiete der Stadt mit den Gräberfeldern bei Klinkenberg, Köln Taf. 11; Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 37,2. Köln 1,2 (1980) Beilage 2.
18
Zu den Grabfunden: Klinkenberg, Köln 277f.
19
Bonn, RLM, Inv. 7707. Fundort : Eigelstein. Menzel , Bonn 63
Nr. 130 Taf. 80.
2
Köln , RGM, Inv. Metall1088. Der Fundort der Statuette bei Klinkenberg, Köln 288 mit Abb . 122: an der Aachener Straße, "etwa 150m
von der Ringstraße" (stadtauswärts).
21
Bonn, RLM, Inv. 798. Aus Müngersdorf. Klinkenberg, Köln 296;
Menzel, Bonn Nr. 56 Nr. 117 Taf. 75.
22
Zum Vorort Arnoldshöhe und den dortigen Gräbern : H . Düntzer, Bonner Jahrb. , 72, 1882, 69 f.; Klinkenberg, Köln 325 f.
23
Bonn, RLM, Inv. 3690. Klinkenberg, Köln 324 ("vor dem Severinstor"); Menzel , Bonn 38 Nr. 81 Taf. 45 .
24 Bonn, RLM, Inv. 8747. Klinkenberg, Köln 316 ("aus der nächsten
Umgebung der Severinskirche"); Menzel, Bonn 54 f. Nr. 112 Taf. 71.
25
Zu den Funden aus der Spiesergasse: Klinkenberg, Köln 280 f.
26
Zu den folgenden Statuetten : Klinkenberg, Köln 338 f.
27
Köln, RGM, Inv. Metall 1105. Klinkenberg, Köln 338 Nr. 2.
°
Stefan Ritter
einige Statuetten in Bonn: ein Iuppiter 8 und zwei Amores29. Fragwürdig sind einige die oben genannten Grabbezirke betreffende Fundangaben, und zwar fur die Ceres
Kat. 7, den Satyrn Kat. 35 und eine Venus in Bonn30.
Andere Statuetten, die außerhalb der Mauern zum Vorschein kamen, müssen nicht unbedingt aus Gräbern stammen, denn um die Stadt herum lagen außer Grabbezirken
auch zivile Siedlungen und Handwerksbetriebe. Dies gilt
etwa fur den Mercurius Kat. 27, der 1934 bei Grabungen
an derwestlichen Stadtmauer zutage kam, als das südliche
Haupttor, durch welches man von der südwestlichen
Straße her in die Stadt gelangte, freigelegt wurde. Vor der
Ostseite der römischen Stadtmauer, also zum Rhein hin,
wurde der Amor Kat. 4 entdeckt, und eine in Bonn befindliche Victoria wurde bei Untersuchungen zur konstantinischen, das Kastell Deutz mit der Stadt verbindenden
Rheinbrücke im Rhein gefunden 31.
Offen ist der genauere Fundort bei Stücken mit der
alleinigen Angabe "Köln", denn seit dem ausgehenden·
19. Jahrhundert, also der Zeit, als derartige Angaben in
die Inventare eingingen, umfaßte das Kölner Stadtgebiet
sowohl die ummauerte römische Stadt als auch die einstigen Friedhöfe und Vorstadtsiedlungen; zudem war es
damals noch unüblich, genauere Fundangaben zu erheben.
Von den b1slang in Köln gefundenen Statuetten war
also eine Bronze noch in der Kaiserzeit in einer Vorstadtvilla unter die Erde gelangt, eine kam in militärischem
Fundkontext zutage, zwei stammen aus spätantiken Verfullschichten und drei mit Sicherheit aus Gräbern. Von
den übrigen scheint ein großer Teil seine letzte Verwendung als Grabbeigabe gefunden zu haben, so wie dies in
Köln fur andere Gattungen der Kleinkunst, etwa Gemmen32 und römisches Glas 33 , in größerem Umfang und
genauer nachzuweisen ist. Zum Thema der ursprünglichen Verwendung römischer Bronzestatuetten vermögen
die Stücke aus Köln allerdings, was angesichts derwechselvollen Geschichte der Stadt nicht verwundert, nichts
Neues beizusteuern.
PROBLEME DER WERKSTATTZUWEISUNG
UND DER DATIERUNG
Die Auswertungsmöglichkeiten der Statuetten sind nicht
nur durch das Fehlen aussagefähigerer Fundkontexte in
Köln eingeschränkt, sondern auch dadurch, daß es beim
gegenwärtigen Forschungsstand generell kaum möglich
ist, die Herstellung römischer Bronzen lokal, also nach
ihren Produktionsstätten, und zeitlich, also in einem
engeren Datierungsrahmen, zu fixieren.
Die Frage, ob in Köln Bronzestatuetten hergestellt wurden, ist nicht mit Sicherheit zu beantworten. Zwarwurden
in den Handwerkerbezirken, die sich um die Stadtmauern
herum erstreckten, die Rest mehrerer Metallgießereien
entdeckt3\ da aber bis auf eine marmorne Gußform fur
Phallus-Amulette unterSt. Georg am Waidmarkt lediglich
Bronzeabfälle und -schlacken zutage kamen, bleibt
unklar, was hier in welchem Umfang produziert wurde.
Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung Kölns - die Stadt
besaß bereits seit der 1. Hälfte des !.Jahrhunderts bedeutende Glasmanufakturen und Töpfereien 35 - ist es allerdings recht wahrscheinlich, daß hier auch ein Zentrum ·
der Produktion von Bronzestatuetten lag.
Hierfur liefern einige Bronzen zumindest Indizien. Die
qualitätvolle Statuette einer niederrheinischen Matrone,
Kat. 22, wird wegen des regional eng begrenzten Kultes
derselben mit einiger Wahrscheinlichkeit in Köln oder der
Umgebung produziert worden sein. Auch der Mercurius
Kat. 27 mit seinen nachträglich ausgebesserten Gußfehlern wurde wohl-wenn man nicht annehmen will, daß er
in seinem schadhaften Zustand importiert wurde - hier
hergestellt und repariert; die sorgfältigen Ausbesserungen
des nicht übermäßig qualitätvollen Stückes belegen im
übrigen einmal mehr die hohe Wertschätzung der aus
kostbarem Material gefertigten Statuetten. Die Minerva
Kat. 30 und ihr Gegenstück in Bonn 36 , fur die beide der
Fundort Köln überliefert ist, wurden offenbar unter Verwendung identischer Teilformen hergestellt; wenn dies,
worauf der Fundort deutet, in Köln geschehen wäre,
gäben die beiden Statuetten einen Anhaltspunkt fur eine
sehr qualitätvolle Bronzeproduktion in der Stadt. Auch
bei besonders kleinen und einfachsten Statuetten ist wohl
nicht mit Import zu rechnen 37 . Leider fehlen bislang Kriterien, nach denen sich in Germanien produzierte Bronzen von solchen aus Italien oder etwa Pannonien unterscheiden ließen38 . Genauere Ergebnisse zu Werkstattfra-
28 Bonn, RLM, Inv. 8575 . K.linkenberg, Köln 338 Nr. 1; Menzel,
Bann 5 f. Nr. 9 Taf. 4.
29 Bonn, RLM, Inv. 1003 und 1004. K.linkenberg, Köln 338 Nr. 9
und 11; Menzel, Bonn 19 Nr. 40 Taf. 19 und 21 f. Nr. 46 Taf. 21.
30 Bonn, RLM, Inv. 36, 524. F. Oelmann, Banner Jahrb . 143/44,
1938/ 39, 334 mit Taf. 59, 1.2 ("Gefunden angeblich in Köln, Luxemburger Straße"); Menzel, Bonn 46 f. Nr. 103 Taf. 58.
31 Bonn, RLM, Inv. 5071 . K.linkenberg, Köln 350; Menzel, Bonn 40
Nr. 89 Taf. 48 f.
32 A. Krug, Antike Gemmen im Römisch-Germanischen Museum
Köln (1981) 162ff.
33 Hierzu s. M. Riede!, Köln - ein römisches Wirtschaftszentrum
(1982) 60 ff.
34 s. Fremersdorf, Neue Beiträge (wie Anm . 2) 69 f.; Schmitz, Colonia (wie Anm. 2) 180; Riede! a. 0. 79 ff.
35 P. La Baume in : Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 37/ 1. Köln 1,1 (1980) 79 ff. 89 ff. (mit weiterer Lit.).
36 Bonn, RLM, Inv. 42, 71. Menzel, Bonn 36 Nr. 77 Taf. 42 f.
37 ebenso Leibundgut, Avenches 12.
38 Leibundgut, Avenches 11.
320
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
gensind vielleicht dann zu erwarten, wenn Kleinbronzen
und vor allem auch figürliche Gerätteile in größerem
Umfang gebietsweise publiziert sind 39 .
Erhebliche Schwierigkeiten bereitet auch die Datierung. Da keine der bislang in Köln gefundenen Bronzen
durch einen stratigraphischen Befund sicher datiert werden kann, ist man allein auf stilistische Kriterien angewiesen. Auf diese Weise können jedoch nur jene Stücke zeit'
lieh eingeordnet werden, bei denen die Gestaltung
von
Gewand oder Frisur oder, bei größerem Format und höherer Q!Ialität, die Körpermodeliierung Merkmale des Zeitstils erkennen lassen. Ein Großteil der Statuetten entzieht
sich somit von vomherein einer zeitlichen Eingrenzung.
Doch selbst bei denjenigen Statuetten, die stilistische
Anhaltspunkte liefern, wird man einen größeren Spielraum als etwa in der Groß- oder ReliefPlastik einkalkulieren müssen, da unklar ist, inwieweit in der bronzenen
Kleinkunst mit Verspätungen und Nachwirkungen von
Stilformen zu rechnen ist. Der chronologische Rahmen
fi.ir die Kölner Statuetten ist weitgespannt. Die früheste,
sicher aus Köln stammende Statuette 40 ist der am Dom
gefundene Jüngling Kat. 44, welcher wohl im 1. Jahrhundert v.Chr. gefertigt wurde. Das Gros der Statuetten, die
eine stilistische Einordnung erlauben, entstand in dem
Zeitraum vom beginnenden 2. bis zum frühen 3.Jahrhundert n.Chr., was angesichts der wirtschaftlichen Blüte
Kölns in dieser Zeit nicht überrascht.
Die Kölner Statuetten sind somit nicht geeignet, Fragen
nach den Erzeugnissen und der Betriebsdauer von Werkstätten, nach dem Import und Export bestimmter Bronzegegenstände oder nach dem "zeitlichen und geographischen Wandel der Produktionszentren und der Absatzmärkte"41 zu untersuchen. Ebenso wenig ergiebig wäre es,
Fragen stilistischer und typologischer Natur, deren Beantwortung genauere, außerstilistische Datierungsmöglichkeiten voraussetzen würde, nachzugehen, etwa denen
nach der Entwicklung lokaler Stilformen oder nach dem
Aufkommen und der Verbreitung bestimmter Darstellungsformen und Motive.
Somit liegt der Aussagewert der Statuetten vor allem in
dem gemeinsamen Fundort Köln, der als derjenige Ort
ernstzunehmen ist, wo die Statuetten, unabhängig von
ihrer Herkunft, zur Verwendung kamen.
Der glückliche Umstand, daß in der Colonia Agrippinensium in überaus großer Zahl Steindenkmäler und
andere Zeugnisse fiir den Kult gefunden wurden und
zudem fiir einige der in Bronze dargestellten Götter- etwa
im Gegensatz zu Augst42 - Tempelkulte belegt sind, gibt
Anlaß, sich bei der Interpretation der Bronzestatuetten
auf die Darstellungen von Göttern zu konzentrieren und
diese vor dem Hintergrund des reichhaltigen übrigen
Denkmälerbestandes im Kontext der Kolonie Köln als
Zeugnisse fi.ir den Kult zu untersuchen. Da dieser Frage
wegen der dürftigen Datierungsmöglichkeiten der Bronzen nicht in chronologischer Differenzierung nachgegangen werden kann -es also nicht möglich ist, Veränderungen in den Darstellungsformen und damit in den Funktionsaspekten der Gottheiten chronologisch zu erfassen
und dann in die allgemeine Religionsgeschichte der Kaiserzeit einzubinden -, sollen die Statuetten zusammen,
als durch den gemeinsamen Fundort vereinte Gruppe
betrachtet werden. Auch wenn dabei notgedrungen ein
Zeitraum von etwa zwei Jahrhunderten zusammengefaßt
wird, vermögen die Stücke immerhin einen Einblick in
das Spektrum an Darstellungs- und Interpretationsmöglichkeiten der einzelnen Gottheiten zu geben.
DIE GÖTTERSTATUETTEN ALS ZEUGNISSE
FÜR DEN KULT
Unter den aus Köln stammenden Götterstatuetten sind
Minerva, Mercurius, Venus und Amor häufiger vertreten,
dazu luppiter, Isis und Harpokrates sowie Genien, während lediglich in einzelnen Exemplaren Victoria, Diana,
Mars und Satyrn, Fortuna und Juno erscheinen. Dieser
Befund hat, fiir sich genommen, wegen der bescheidenen
Materialbasis natürlichen keinen statistischen Aussagewert, zumal etwa Apollo, Bacchus, Laren43 , Neptun oder
Hercules44 bislang fehlen; dennoch ist er insofern durchaus repräsentativ, als die Häufigkeit oder Seltenheit der
einzelnen Götter insgesamt dem entspricht, was aus den
römischen Nordprovinzen sonst bekannt ist.
Zu fragen ist nun erstens, was über die Verehrung der in
den Statuetten dargestellten Gottheiten durch andere
Denkmäler aus Köln zu erfahren ist, zweitens, wie sich die
Kölner Bronzen motivisch und typologisch in den bislang publizierten Gesamtbefund römischer Bronzestatuetten aus den nördlichen Provinzen einordnen lassen,
39 ebenda.
40 Die Kölner Fundangabe fur den "Philoktet" Kat. 45 ist ohnehin
zweifelhaft; um so mehr Skepsis ist angebracht, als der kaiserzeitliche
Import griechischer Statuetten - und um eine solche handelt es sich
offenbar - höchst unwahrscheinlich ist (mündliche Auskunft von A.
Kaufmann-Heinimann).
41 Kaufmann-Heinimann, Augst 10.
42 Kaufmann-Heinimann, Augst 12.
43 Bei dem Laren in Bonn, RLM, lnv. 255 ist die Vermutung des Kölner Fundortes (Menzel, Bonn 23 Nr. 49 Taf. 22: "Fundort vielleicht
Köln . Ehern. Slg. Garthe") spekulativ.
44 Die beiden Statuetten des angreifenden Hercules in Bonn, RLM,
lnv. 3666 (Menzel, Bonn 31 Nr. 67Taf. 35) und 4549 (Menzel, Bonn 32
Nr. 71 Taf. 37) deuten typologisch und stilistisch auf vorrömische Entstehung in Italien; und da es bislang keinen sicheren Beleg fur den
Import dieser Statuetten gibt, ist der Fundort Köln sehr zweifelhaft.
Hierzu s. u. S. 398 zu Kat. 77.
321
Stefan Ritter
und drittens, wie sich die Bronzen mit den übrigen Zeugnissen verbinden lassen.
Besonders vielfaltig sind die Zeugnisse für die Verehrung des Mercurius in Köln. Die Existenz eines Tempels
ist durch einen Kalksteinblock mit einem Teil der Bauinschrift belegt, der 1866 vor dem Ostchor des gotischen
Domes gefunden wurde 45 . Aus der Inschrift geht hervor,
daß ein dem Mercurius Augustus geweihter Tempel unter
Titus afundamentis wieder aufgebaut wurde. Bei Grabungen unter dem Dom wurden 1960 Mauern entdeckt, die
als Reste eines Podiumtempels rekonstruiert und auf diesen Mercuriustempel bezogen wurden 46 •
Wichtig ist, daß der Gott bereits kurze Zeit nach der Einrichtung der Kolonie in Verbindung mit dem Kaiserkult
verehrt wurde. Auf die Giebelfiguren dieses Tempels ist
vielleicht ein nur 22 cm hoher Kalksteingiebel zu beziehen, der in der Severinstraße vermauert gefunden wurde
und vielleicht zu einem Lararium gehörte 47 . In der Mitte
sitzt als Hauptfigur Mercurius im Hüftmantel auf einem
Thron, flankiert von zwei stehenden weiblichen Figuren,
von denen sich die eine durch ihr Füllhorn als Fortuna zu
erkennen gibt, während die andere, auch wenn ihr Attribut nicht mehr auszumachen ist, wohl als Pendant eine
weitere Personifikation vorstellt48 ; in den Zwickeln liegen,
auf Krüge gestützt, zwei Flußgottheiten. In derselben
majestätischen Pose des Thronens erscheint Mercurius,
flankiert von Widder und Hahn, auch in einer steinernen
Statuette 49 und im Nischenrelief eines Altares, dessen
Schmalseiten mit Füllhorn und Steuerruder die Attribute
Fortunas zeigen 50 ; beide Denkmäler wurden, wie aus den
Inschriften hervorgeht, von Soldaten geweiht. Daß er
mehrfach in einem sonst dem luppitervorbehaltenen ikonographischen Schema auftritt, deutet auf seinen besonderen Rang unter den in Köln verehrten Göttern. Bemerkenswert ist ein stark fragmentiertes Weihrelief aus Köln,
welches den Gott mit vor dem Körper gehaltenem caduceus und lässig aufgestütztem linkem Arm zeigt, auf dem
der Rest eines Knaben zu erkennen ist; die Abhängigkeit
vom Hermes von Olympia ist trotz der Abwandlungen
(Mantel, caduceus, Haltung des rechten Armes) evident51 .
Die Darstellung verdient als eines der wenigen Denkmäler Beachtung, die eindeutig auf ein berühmtes klassisches
Vorbild rekurrieren. AufMercurius zu beziehen ist ferner
vermutlich die auf einer fragmentierten Kalksteinstele
erhaltene Weihinschrift eines coactor argentarius 52 • Mehrere Inschriften belegen schließlich, daß Mercurius
sowohl als Lokalgott verehrt als auch mit älteren einheimischen Göttern gleichgesetzt wurde: So ist aus Köln ein
Altärchen erhalten, welches Einwohner der civitas Arvernorum (Auvergne) dem Mercurius Arvemus weihten 53 ,
und ein anderer Altar wurde dem Mercurius Cissonius
gestiftet, in dessen Beinamen: der Name eines keltischen
Gottes weiterlebt54 • Die genannten Denkmäler stammen,
soweit datierbar, aus dem 2. und 3. Jahrhundert n.Chr.
Die Kölner Statuetten des Mercurius zeigen den Gott
ausschließlich in dem auch sonst unter seinen Bronzedarstellungen dominierenden Grundschema, also stehend
und mit dem Geldbeutel in der Rechten, wobei lediglich
in der Vollständigkeit der übrigen Attribute, der Bekleidung und der Körperhaltung variiert wird. Am häufigsten
erscheint der Gott nackt, so wie ihn die Statuetten Kat. 23,
24 und 25, letztere aus Bonn, vorführen. Verbreitet sind
weiterhin der Typus mit einer die linke Körperseite bedekkenden Chlamys, wie ihn das Kölner Stück Kat. 26 repräsentiert, und schließlich derjenige mit langer, den ganzen
Körper verhüllenden Chlamys, wie ihn Kat. 27 aus Köln
wiedergibt. Wie wohl etliche der isoliert erhaltenen Statuetten aufgestellt waren, zeigen einige Exemplare aus
Gallien und Germanien, bei denen auf der erhaltenen
Basis die besonderen Tiere Mercurs, Hahn und/oder Ziegenbock, erhalten sind 55 • Auch einige der Kölner Statuet-
45
RGM, lnv. Stein 374: (Merc) VRIO AVGVST(o) I (pro salute
imper)ATORIS TITI CAESARI (s divi f(ili) Vespasiani Aug(usti))/ (---)
TEMPLVM A FVNDAMENT (is---)/ (-- et mace) RIEM IN CIRCVMITV ETAEDIFICIS (faciundum curavit); Ergänzung nach Galsterer, Steininschriften 35 Nr. 121 Taf. 26. CIL XIII 8326 = ILS 3191 ;
Klinkenberg, Köln 219 f.; Schoppa, Götterdenkmäler 18. 55 f. Nr. 42
Taf. 40; Fremersdorf, Urkunden 61 Taf. 110.
46
H . Hellenkernper in : Führer zu vor- und frühgeschichtlichen
Denkmälern 38. Köln II (1980) 30 ff. (mit älterer Lit.). Anders G.
Hauser, Kölner Domblatt, 1993, 313 ff., der die Mauerreste als Horrea
deutet.
47
RGM, Inv. 23, 61. Schoppa, Götterdenkmäler 17 f. 55 Nr. 41 Taf.
39 ; Fremersdorf, Urkunden 61 Taf. 108/ 09; RaR 152 f.; A. Leibundgut,
Jdl 99, 1984, 279 f. Abb. 22 (mit weiterer Lit.).
48
so auch Schoppa, Götterdenkmäler 18.
49
K.linkenberg, Köln 232; Schoppa, Götterdenkmäler 18. 56 Nr. 44
Taf. 42 ; Galsterer, Steininschriften 35 Nr. 119 Taf. 26.
50
Klinkenberg, Köln 230; Schoppa, Götterdenkmäler 18. 56 Nr. 45
Taf. 43 f.; Glasterer, Steininschriften 34 Nr. 116 Taf. 25.
51
Schoppa, Götterdenkmäler 18 f. 56 f. Nr. 46 Taf. 45 . Der Bezug
wird durch Reliefs aus Gallien und Germanien bestätigt, welche Mercurius ebenso, aber mit erhobenem rechtem Arm, dem Knaben Trauben
hinhaltend , zeigen; s. etwa fragmentierte ReliefPlatte in Nancy: Esperandieu V, Nr. 4413; LIMC VI (1992) s. v. Mercurius 460.
52
Fremersdorf, Urkunden 60 Taf. 106; Galsterer, Steininschriften
42 f. Nr. 163 Taf. 35 . Die Inschrift ist auf den 15. Mai 209 n.Chr. datiert.
Am 15. Mai wurde die Geburt des Mercurius gefeiert, und in der Nähe
des Fundortes (St. Severin) wurde eine andere Weihinschrift fti.r den
Gott gefunden.
53
Klinkenberg, Köln 268 ; Schoppa, Götterdenkmäler 57 Nr. 47Taf.
45 ; Galsterer, Steininschriften 35 Nr. 120 Taf. 27.
54
Klinkenberg, Köln 230; Schoppa, Götterdenkmäler 57 Nr. 48 Taf.
45 ; Galsterer, Steininschriften 36 Nr. 122 Taf. 27.
55
Mit Hahn und Ziegenbock: Leibundgut,Avenches 22 Nr. 7Taf. 4
(aus Avenches); G. Faider-Feytmans, Recueil des bronzes de Bavai, Gallia Suppl. 8 (1957) 47 f. Nr. 29 Taf. 6 (aus Bavai); Kaufmann-Heinimann, Neufunde 7 ff. Nr. 4 Taf. 7 ff. (aus Augst). 19 ff. Nr. 15 Taf. 20 ff.
(aus Winterthur). Weitere Beispiele : ebenda 57 Anm. 2 (zu Kat. 53). Mit Hahn: Faider-Feytmans a. 0. 46 Nr. 22 Taf. 4 (aus Bavai); Menzel,
Trier 13 ff. Nr. 28 Taf. 12 ff. (aus Trier,Altbachtal, Ritonatempel); FaiderFeytmans, Belgique 60 f. Nr. 31 Taf.16 (aus Grobbendonk,Antwerpen).
322
Die antiken Bronzen im Römisch -Germa nischen Museum Köln
ten von Ziegenböcken (Kat. 57-59), Widdern (Kat. 60, 61)
und Hähnen (Kat. 73-75) könnten in dieser Weise Verwendung gefunden haben ; zumindest bei der Gruppe
Kat. 57 liegt die Vermutung nahe, daß die längliche Basis
neben dem an einem Baum gelagerten Ziegenbock auch
eine Statuette des Mercurius trug. Der Umstand, daß die
engeren Parallelen zu den Kölner Bronzen des Mercurius
vor allem aus Gallien, teilweise auch aus Niedergermanien stammen, bestätigt die von A. Kaufmann-Heinimann geäußerte Vermutung, daß die genannten Typen in
dieser Region offenbar besonders beliebt waren 56 . In der
Verbreitung der einzelnen Darstellungen des Handelsund Reisegottes spiegelt sich somit die enge Verbindung
Niedergermaniens und speziell auch des Wirtschaftszentrums Kölns mit den gallischen Provinzen wider, in die ja
auch die wichtigsten, von Köln ausgehenden Handelsstraßen fiihrten.
Die wenig zahlreichen, doch sehr verschiedenen Steindenkmäler des Mercurius aus Köln zeigen exemplarisch,
wie vielfältig interpretierbar die Gestalt des Gottes war: Er
war sowohl konkret als Gott des Handels wie allgemein
als Gott des Glücks und Erfolges präsent, und er genoß
sowohl als Kaisergott als auch als Patron regionaler
Gemeinwesen Verehrung. Im Bereich der ikonographisch
auf wenige Typen festgelegten Bronzestatuetten läßt sich
dieses Spektrum an Erscheinungs- und Verehrungsformen, das als Hintergrund bei der Frage nach dem Wesen
des Gottes wichtig ist, nicht ablesen. Der Grund hierfur
liegt offenbar darin, daß die Bronzen dem Bereich des privaten Kultes zugehörten 57 . Daher fehlen Darstellungen
des sitzenden Gottes, ein hochgegriffenes und repräsentatives Schema, im Bereich der Bronzen fast völlig. Auf der
Ebene der privaten Verehrung war anderes wichtig. Und
zwaroffenkundig nicht so sehr das jeweilige Standschema
und auch nicht die Bekleidung, durch die wohllediglich
Nuancen herausgestrichen wurden, wie etwa der petasus
die Zuständigkeit des Mercurius als Reisegott akzentuieren mag. Im Vordergrund steht offensichtlich diejenige
Eigenschaft des Gottes, die sich im Vorstrecken des Geldbeutels konkretisiert. In dieser mit bemerkenswerter Konsequenz immer wiederkehrenden Geste gibt sich so deutlich wie bei keiner anderen Gottheit zu erkennen, was sich
seine Verehrervon ihm erhofften; man denke etwa an die
erwähnte Weihung eines Kölner Bankiers. Daneben verdeutlicht die häufige gemeinsame Darstellung mit Fortuna oder ihren Attributen auf Steindenkmälern, wie das
Wrrken des Mercurius zugleich in umfassenderem und
allgemeinerem Sinne verstanden werden konnte. Wer sich
sein Bild im Lararium aufstellte, konnte sich sowohl konkreten Gewinn wie auch allgemeineres Glück und Wohlergehen erhoffen, und damit erklärt sich wohl maßgeblich
die außerordentliche Beliebtheit und Verbreitung seiner
Statuetten. Daß sich gerade auch am Niederrhein und im
benachbarten Gebiet des heutigen Belgien neben größerformatigen Statuetten wie denen aus Köln (H. 10-12 cm)
zahlreiche sehr kleine Exemplare (H. 5-9 cm) 58 gefunden
haben, die sich wohl im Besitz weniger vermögender Verehrer des Gottes befanden, deutet an, von welch umfassender Aktualität diese Hoffnungen waren. Interessant ist,
daß in größerer Zahl Statuetten des Mercuris auch jenseits
der Rheingrenze, in den heutigen Niederlanden, zutage
kamen 59 ; der Export ins Barbaricum zeugt von der besonderen und grenzüberschreitenden Beliebtheit des Schutzgottes nicht nur des Handels und Reisens, sondern eben
auch des abrechenbaren Gewinns.
luppiter, Iuno und Minerva wurden in einem gemeinsamen Tempel verehrt, dessen Fundamente bei Bauuntersuchungen zu Anfang dieses Jahrhunderts unter der Kirche St. Maria im Kapitol gefunden wurden60. Während
schon der seit dem Mittelalter bekannte Name der Kirche
Anlaß gab, den Tempel hier zu suchen, konnten 1956
Teile der Cellamauern entdeckt werden, die den Innenraum in drei langrechteckige Räume teilen. Aus den erhaltenen Bauresten ließ sich auch der Tempelhof rekonstruieren. Kleinfunde aus flavischer Zeit deuten darauf, daß der
Tempel bald nach Gründung der Kolonie errichtet wurde.
Während Weihinschriften, die an die kapitolinischen
Gottheiten gemeinsam gerichtet sind, bislang fehlen, gibt
es einige, die luppiter und luno auffuhren: eine verlorene
Spolieninschrift aus dem Kastell Deutz von 211-222
n.Chr. nennt Iuppiter Optimus Maximus mit luno Regina61, eine weitere, unbekannten Fundortes, mit Iuno 62 .
Weihungen an beide zusammen sind in Niedergermanien, anders als in Obergermanien, generell sehr selten.
luppiter allein besaß zwei Tempel in Köln. Am Kleinen
Griechenmarkt, im Südwesten der Stadt, wurden die Fundamentreste eines fast rechteckigen Tempels entdeckt, dessen Bestimmung aus den Funden darin hervorgeht: einer
Statue des sitzenden Iuppiter sowie zwei Altären fur luppiter Optimus Maximus, wobei unter der einen Inschrift ein
achtspeiehiges Rad eingemeißelt ist, das auf den römischen Gott übertragene Kennzeichen einer ihm angeglichenen keltischen Gottheit63 . Der zweite Tempel war dem
56 Kaufmann-Heinimann, Augst 29 zu Typus I (nackt). III (Schulterchlamys) . IV (ganz bekleidet).
57
hierzu s. u. S. 332 ff.
58
Zadoks, Netherlands II 94 ff. Nr. 40-44 . 46. 48. 50. 51. 53 ; FaiderFeytmans , Belgique 30 ff. Nr. 30-37. 41. 42. 47. 48.
59 Zadoks, Netherlands I 60 ff. Nr. 25-40.
60 zuletzt: H. Hellenkernper in : Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 39. Köln III (1980) 23 ff. (mit Lit.).
61 CIL XIII 8495; K.linkenberg, Köln 358 f.; Galsterer, Steininschriften 21 Nr. 46.
62 Galsterer, Steininschriften 26 Nr. 74 Taf. 16.
63 Statue: K.linkenberg, Köln 220 mit Abb. 83; Schoppa, Götterdenkmäler 11. 47 Nr. 2 Taf. 5 f.; Fremersdorf, Urkunden 58 Taf. 97. Inschriften: K.linkenberg, Köln 220; Galsterer, Steininschriften 21 Nr.
48 Taf. 10. 23 Nr. 57 Taf. 13 .
323
Stefan Ritter
Iuppiter Optimus Maximus Dolichenus geweiht, dessen
Kult seit dem mittleren 2.Jahrhundert n.Chr. auch in den
Westen gelangte; erhalten ist eine im Norden der römischen Stadt gefundene Bauinschrift von 211 n.Chr., die
die Neuerrichtung des "infolge Alters zusammengefallenen" Vorgängerbaus dokumentiert64 • Als Iuppiter Optimus Maximus erscheint der Gott in zahlreichen Inschriften aus Köln, die vom ausgehenden 1. bis in das 3. Jahrhundert n.Chr. reichen: entweder allein oder zusammen
mit dem Genius loci, dem Genius imperatoris, Serapis
und/ oder "allen übrigen Gottheiten" 65 . Zu erwähnen sind
schließlich die in Germanien weitverbreiteten, mit Reliefs
verzierten Säulen und Pfeiler, die Statuen des Iuppiter
allein oder im Kampf mit einem Giganten trugen- ein
besonders qualitätvoll reliefierter Pfeiler mit neun Göttern stammt vom Neumarkt66 -, und andere Darstellungen des gepanzerten Gottes im genannten Kampfmotiv 67 •
Iuppiter wurde als oberster römischer Gott verehrt, wobei
in das Bild von ihm sowohl einheimische als später auch
aus dem Osten des Reiches gekommene Vorstellungen
einflossen. Dies und die gemeinsame Verehrung einerseits
mit dem Genius des Kaisers, andererseits mit demjenigen
des Ortes zeigt die weniger private als staatlich-kollektive
Bedeutung seines Kultes.
Um der Bearbeitung der Kölner Iuppiterstatuetten
durch R. Thomas nicht vorzugreifen, sollen zu den
Bronzen einige Anmerkungen genügen 68 . Die in Köln
gefundenen Statuetten zeigen - abgesehen von je einem
luppiter Dolichenus 69 und Serapis 70 - den Gott in dem
verbreitetsten, verschiedenen Veränderungen offenstehenden Schema: bärtig, stehend, völlig nackt oder lediglich mit übergehängtem Mantel bekleidet, und mit den zumeist zu ergänzenden -Attributen Szepter und/oder
Blitz 7 1• Bemerkenswert ist, daß auffallend viele der aus
den Nordprovinzen stammenden Iuppiterbronzen in
den Grenzbereichen des Imperiums gefunden wurden: in
Lagern wie Carnuntum 72 oder Lauriacum 73 oder in Städten wie eben Köln, wogegen erstaunlich wenige aus dem
Hinterland kommen- etwa aus dem heutigen Belgien, wo
sich indes seine Steindenkmäler genauso häufig gefunden
haben wie anderswo 74 • Daß seine Statuetten vorwiegend
dort gefunden wurden, wo die Romanisierung der Provinzen am weitesten fortgeschritten war, könnte mit dem
hohen Rang des obersten Staatsgottes im offiziellen Kult
zusammenhängen und seinem eher politischen als privaten Charakter.
Iuno ist in Köln spärlicher als Iuppiter bezeugt. Nur
wenige Weihinschriften an sie sind erhalten. Außer den
bereits genannten Weihungen an sie und luppiter75 sind
dies ein Altärchen fur Iuno Virtutis, also an die Göttin als
Schutzherrin der Virtus 76 , und ein verlorener Altar fur die
Iunones Gabiae 77 . Was Bildwerke betrifft, so ist Juno vor
allem an Pfeilerdenkmälern mit anderen Gottheiten
zusammen vertreten, so etwa- in derselben Aufmachung
und mit einer patera wie die Bronzestatuette Kat. 20 -in
einem der neun Relieffelder des Iuppiterpfeilers vom Kölner Neumarke8 •
Auch in der Bronzeplastik erscheint Iuno in den nördlichen Provinzen überaus selten. Die wenigen Statuetten
zeigen sie in sehr unterschiedlicher Aufmachung. Eine
angeblich aus Köln stammende, heute in Bonn aufbewahrte Statuette fuhrt die Göttin mit eng anliegendem,
ungegürtetem Chiton und um die Schultern gelegtem
Mantel vor79 , eine andere, aus Avenches, mit unter der
Brust gegürtetem, die rechte Schulter nackt lassendem
Chiton und über das Haupt gezogenem Mantel 80 , und
eine dritte, aus Muri (bei Bern), mit Ärmelchiton und
einem um den ganzen Körper geschlungenen und über
den Kopf gezogenem Mantel 8 1 • Die einzige sicher aus
Köln stammende Statuette der Göttin, Kat. 20, findet im
über den Kopf gezogenen und die gesamte Rückseite
bedeckenden Mantellediglich in zwei Statuetten aus dem
heutigen Österreich Parallelen, bei denen der Chiton
64 CIL XIII 8201; Klinkenberg, Köln 220; Schoppa, Götterdenk-
mäler 35 . 71 Nr.112 Taf. 91; Galsterer, Steininschriften 23 Nr. 60Taf.l3 .
65 Allein : Galsterer, Steininschriften 21 ff. Nr. 48- 59 Taf.lO ff.- Mit
Genius loci: ebenda 24 ff. Nr. 63.65- 75 Taf. 14 ff.- Mit Genius imperatoris: ebenda24 Nr. 64 Taf.l4. -MitSerapis: ebenda26 Nr. 75Taf. l6 . Mit den übrigen Gottheiten: ebenda 24 Nr. 61-63 Taf. 14.
66 Pfeilervom Neumarkt: Klinkenberg,Köln 243 Abb. 93; Schoppa,
Götterdenkmäler 14. 51 f. Nr. 23 Taf. 22 ; Fremersdorf, Urkunden 60Taf.
105 ; RaR 146 Nr.A32 ; P. Noelke in: G. Bauchhenß-P. Noelke,DieJuppitersäulen in den germanischen Provinzen, 41. Beih. Bonner Jahrb .
(1981) 472 f. Nr. 172 Taf. 90,2-5 (mit weiterer Lit.). - Allgemein zu luppiter-Gigantensäulen: ebenda passim.
67
In Köln-Merkenich etwa wurde ein Weihrelief für luppiter
Optimo Maximo mit einer entsprechenden Reliefdarstellung darüber
gefunden, s. Schoppa, Götterdenkmäler 12. 53 Nr. 28 Taf. 27; Fremersdorf, Urkunden 63 Taf. 122 ; Galsterer, Steininschriften 23 Nr. 59 Taf.
14.
68
s.o. S. 317 Anm. 1.
69 Köln, RGM, Inv. Metall 1105.
7
Köln, RGM, Inv. 25, 483.
71
Köln, RGM, Inv. Metall 1088, Metall 936 und 25,404.- Bonn,
RLM, lnv. 8575 (Menzel. Bonn 1 f. Nr. 2 Taf. 1, "Fundort Köln"). - Trier,
Rheinisches Landesmuseum, Inv. 129 (Menzel, Trier 1 Nr. 1 Taf. 1,
"Fundort wahrscheinlich Köln").
72
Fleischer, Österreich 25 f. Nr. 2 Taf. 3. 27 f. Nr. 6 Taf. 5. 28 Nr. 7Taf.
5. 29 f. Nr. 10 Taf. 6. 31 f. Nr. 14 Taf. 8 (thronend).
73 Fleischer, Österreich 26 Nr. 3 Taf. 3. 27 Nr. 5 Taf. 4. 30 Nr. 11 Taf. 6.
74 Faider-Feytmans, Belgique 30 f.
75
s.o. S. 323.
76
Klinkenberg, Köln 231; Galsterer, Steininschriften 21 Nr. 47 Taf.
10.
77
Klinkenberg, Köln 268; Galsterer, Steininschriften 21 Nr. 45 Taf.
10.
78
s. o. Anm . 66.
79
Bonn, RLM, Inv. 34120. Menzel, Bonn 35 Nr. 75 Taf. 40 f. ("Fundort angeblich Köln, Ursulaplatz. Gekauft von H. Schmitz, Köln").
80
Leibundgut, Avenches 45 f. Nr. 28 Taf. 30 ff.
81
Leibundgut, Westschweiz 46 f. Nr. 42 Taf. 54 ff.
324
°
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
allerdings gegürtet ist82 . BezeichnendeiWeise stammt die
eine dieser Statuetten, bei der die Fundumstände ausnahmsweise gut bekannt sind, aus dem Inventar eines
Heiligtums des Iuppiter Dolichenus und wurde auch mit
zwei Darstellungen desselben zusammen gefunden 83 :
Daß sie hier nicht allein auftritt, sondern im Kontext
eines Iuppiterheiligtums, deutet wie schon die Steindenkmäler auf eine sekundäre Rolle in der einheimischen
römischen Göttetwelt. G. Faider-Feytmans hat den
Umstand, daß sich auf dem Gebiet des heutigen Belgien
keine einzige sichere Darstellung der Göttin gefunden
hat, mit ihrem "caractere celeste et officiel" erklärt84 . Bei
der Suche nach einer Erklärung gewinnen außerdem aber
auch Weihungen wie diejenige an die Iunones Gabiae aus
Köln besondere Bedeutung, denn die Vervielfältigung der
Göttin erinnert an die in Gruppen auftretenden einheimischen Matronen85 . Vielleicht liegt ein Grund dafur, daß
luno - im Gegensatz zu ihren kapitolinischen Kultpartnern Iuppiter und Minerva- in Germanien insgesamt nur
selten in Erscheinung tritt, darin, daß der traditionelle
Zuständigkeitsbereich der Schutzgöttin von Ehe und
Familie von den etablierten einheimischen Matronen
ausreichend und überzeugend vertreten wurde.
Die Verehrung Minervas ist nur auf wenigen Steindenkmälern aus Köln bezeugt. Im Römerpark kam ein ihr
geweihtes Altäreherr aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. zum
Vorschein86 , und bei der Apostelkirche wurde ein Marmorkopf der Göttin gefunden, dessen Helmschmuck an
den der Athena Parthenos erinnert87 • Ansonsten hat
Minerva in der Reliefs von Iuppiterdekmälern ihren
festen Platz; im üblichen Schema, mit der Lanze in der
Rechten und dem Schild in der Linken, erscheint sie etwa
an dem Pfeiler vom Kölner Neumarkt88 oder im Relief
einer geschuppten Iuppitersäule aus der Brüderstraße 89 .
Demgegenüber ist die Göttin unter den Bronzestatuetten in stattlicher Zahl präsent. Abgesehen von Abwandlungen im Standschema und in der Gewandung zeigen
die Statuetten der stehenden Minerva dasselbe Grundmotiv: die behelmte Göttin hält in der erhobenen Hand die
Lanze, während die andere Hand sich auf einen Schild
stützt (Kat. 28), an der Hüfte anliegt (Kat. 29 und 30), eine
patera hält (Kat. 31 und 32 sowie eine wahrscheinlich aus
Köln stammende Statuette in Bonn 90) oder am angewinkeltenArm einen Schild hält (Kat. 33 und eine kleine Statuette aus Köln, jetzt in Bonn 91). Die Vielfalt an Variationen im Detail ist allerdings so groß, daß sich die zahlreichen Statuetten, die in den Rhein- und Donauprovinzen
gefunden wurden, nicht auf einen überschaubaren Typenvorrat zurückfuhren lassen92 • Bezüglich der Vorbildfrage
ist mit A. Kaufmann-Heinimann lediglich zu konstatieren, daß "die provinzialrömischen Minervastatuetten
mehrheitlich in spätklassischem Stil gehalten" sind, "ohne
daß sich ein bestimmtes Vorbild nachweisen ließe" 93 •
Gerade die Minervastatuetten in ihrer Detailvielfalt zeigen sehr deutlich, daß es bei der Wahl des jeweiligen ikonographischen Schemas nicht auf die möglichst getreue
Wiedergabe eines berühmten klassischen Vorbildes
ankam und daß fur den Habitus der Göttin, den man
jeweils zur Darstellung bringen wollte, keineswegs die- so
unterschiedliche - Anlage der Gewänder entscheidend
war. Offenbar versuchte man vielmehr, durch die
Abwandlung des neben der obligatorischen Lanze sekundären Attributes einen bestimmten Wesenszug hervorzuheben. Dies läßt sich wegen des Fehlens entsprechender
Qyellen nicht nuanciert nachvollziehen, doch ist anzunehmen, daß mit der Zufugung eines am Boden abgesetzten oder am Arm in Bereitschaft gehaltenen Schildes der
kämpferische Charakter der Göttin betont werden sollte,
während im Bild der Minerva mit einer patera sichtlich der
kultische Aspekt im Vordergrund steht. Bei der Betrachtung der Statuetten Kat. 29 und 30 und ihrer Parallelen,
die die Hand ohne Attribut in die Hüfte gestützt haben,
fällt auf, daß die betreffenden Stücke von besonderer Eleganz in der Körperhaltung und hoher Qyalität in der Ausfuhrung sind; man kann vermuten, daß es hierbei vor
allem auf die Formulierung von Eleganz und Schönheit
ankam und deshalb an die Stelle eines erläuternden Attributes das Motiv der eingestützerr Hand trat, welches ja das
Standmotiv besonders hervorzuheben geeignet ist. Durch
ihre Größe und außerordentliche Qyalität ragen Kat. 30
und ihr gleichfalls aus Köln stammendes Gegenstück in
Bonn 94 aus der Masse heraus, und dies gilt auch fur die in
Friesheim gefundene Minerva Kat. 34, eine der seltenen
Bronzen, welche die Göttin thronend vorfuhren.
Die Verehrung ägyptischer Gottheiten in Köln ist durch
mehrere Denkmäler belegt. Isis wird immerhin in funf
82 Fleischer, Österreich 36 ff. Nr.19Taf. 13 und 15 (aus Mauer an der
Ur!). 38 Nr. 20 Taf. 16 (aus Wagna, Stmk.).
83 Fleischer, Österreich 34 ff. mit Taf. 10 ff.
84
Faider-Feytmans, Belgique 35.
85 Hierzu s. u. S. 332.
86 Klinkenberg, Köln 267; Schoppa, Götterdenkmäler 15. 54 Nr. 34
Taf. 34; Galsterer, Steininschriften 36 Nr. 123 Taf. 27.
87 Klinkenberg, Köln 241 f. Abb. 92; Schoppa, Götterdenkmäler
15 f. 52 Nr. 26 Taf. 25; Fremersdorf, Urkunden 60 Taf. 104; RaR 132 f.
Nr. A 3 Taf. 16f.
88 s. o. Anm . 66.
89 RaR 147 Nr. A 35 Taf. 34.
90 Bann, RLM, lnv. 1392. H . 8,5 cm. Menzel, Bann 35 f. Nr. 76 Taf.
41 ("Fundort wahrscheinlich aus Köln").
91
Bann, RLM, lnv. 1007, H . 5,1 cm. Menzel, Bann 37 Nr. 78 Taf. 44
("Fundort Köln. Erworben von H . Wolf, Köln").
92
Die versuchte Typenscheidung von Kaufmann-Heinimann,
Augst 60 ff. mit ihren verschiedenen Untergruppen, innerhalb derer
wiederum die Abwandlungen beträchtlich sind, zeigt, daß eine übersichtliche Klassifizierung kaum möglich ist.
93 Kaufmann-Heinimann , Augst 60.
94 Bann, RLM, lnv. 42, 71. H . 16,3 cm. Menzel, Bann 36 Nr. 77Taf.
42 f.
325
Stefan Ritter
Inschriften aus Köln erwähnt. Ihr Name erscheint auf der
Basis einer Kalksteinstatuette des Apis und, eingeritzt, auf
einem kleinen Krug95 ; eine steinerne Statuette der thronenden Göttin und ein Altärchen sind ihr unter dem
Epitheton Invicta geweiht96 , und ein Altar für Isis Myrionymos wurde an einem vom Stadtrat genehmigten Platz aufgestellt97 . Die genannten Statuetten des Apis und der Isis
wurdenbeidein der Kirche St. Ursula entdeckt und gaben
zu der Vermutung Anlaß, daß sich in diesem Bereich ein
Heiligtum befunden habe. Diese Lokalisierung ist zwar
hypothetisch, doch deuten die zahlreichen Denkmäler
aus Köln mit einiger Sicherheit darauf, daß es in der Stadt
einen Tempel fur die ägyptischen Gottheiten gab 98 . Die
erwähnten Denkmäler stammen aus dem ausgehenden
2. oder 3. Jahrhundert n.Chr. Zwei weitere Inschriften
nennen Serapis 99 , der zusammen mit Isis auch auf
Kölner Prägungen der gallischen Kaiser Victorinus und
Postumus erscheint 100 . Aufschlußreich sind die der Isis
beigelegten Beinamen Myrionymos und Invicta, die, wie
G. Grimm in seiner Untersuchung zu den ägyptischen
Kulten im römischen Deutschland herausgestellt hat,
"deutlich vom umfassenden Anspruch der Göttin" sprechen: "Mit unzählbaren Namen versehen, vereinigt sie
die Eigenschaften zahlreicher Gottheiten in sich und wird
zur unbesiegten Allgottheit" 101. Ansonsten wurden in
Köln zahlreiche Öllampen mit den Darstellungen von
Isis, Serapis, Harpokrates und Anubis gefunden 102.
Hebt sich Köln schon durch diesen stattlichen Befund
von den übrigen Fundorten im römischen Germanien ab,
so unterstreichen die Bronzestatuetten zusätzlich die
Bedeutung der ägyptischen Götter in der Stadt. Die Statuetten sind hierbei als eigenständige Zeugnisse besonders wichtig, weil sie im Gegensatz zu den nur vereinzelt
erhaltenen Steindarstellungen dokumentieren, in welchen ikonographischen Formen die ägyptischen Götter
verehrt wurden.
Die aus Köln stammenden Bronzestatuetten der Isis
zeigen die Göttin in unterschiedlicher Aufmachung. Darstellungen, die sie wie Kat. 18 mit ihrem spezifischen
Attribut, dem sistrum, vorfuhren, sind insgesamt selten.
Während sie in ihrer rein ägyptischen Erscheinung kaum
anzutreffen ist, zeigen sie die weitaus meisten Bronzestatuetten wie das Kölner Stück Kat. 19 sowie eine vielleicht
gleichfalls aus Köln stammende Statuette in Bonn 103 mit
Füllhorn und Steuerruder. Die Übernahme der Glückssymbole Fortunas dokumentiert eine Erweiterung des
Wirkungsbereiches der durch ihren Kopfschmuck identifizierbaren Isis. Ihr universeller Anspruch findet hierin
ebenso seine Entsprechung wie in den verschiedenen Epitheta der Inschriften.
Mit Isis zusammen wurde ihr Sohn Harpokrates verehrt, der keinen eigenen Kult besaß und daher auch in
Weihinschriften fehlt. Belegt ist indes, daß Statuetten des
Hornsknaben der Isis geweiht wurden, so daß die Kölner
Harpokratesbronzen durchaus diesem Zweck gedient
haben könnten 104. Die typologischen Varianten der in
Köln gefundenen Stücke liegen im Rahmen des auch
sonst Üblichen. Zumeist erscheint der Knabe in verschiedenen Standmotiven mit einem Füllhorn, so wie ihn Kat.
13, 14 und 15 vorfuhren, gelegentlich aber auch hockend
wie in der Kölner Statuette Kat.16. Hervorzuheben ist die
Gruppe Kat.14, die, genauso wie vergleichbare Exemplare
aus Gallien und Italien, Harpokrates zusammen mit seinen heiligen Tieren, Falke und Hund vorstellt.
In den Kontext der Isis- und Serapisverehrung gehören
außer Harpokrates auch die Bronzestatuetten des Apisstieres: auch Apis war Kultgenosse der Isis, auch seine Darstellungen konnten, wie die erwähnte Kalksteinstatuette
aus Köln belegt, der Isis geweiht werden 105. Die beiden
Statuetten Kat. 50 und 51, von denen nur die erstere mit
Sicherheit aus Köln stammt, geben einen wohl in Italien
entstandenen Typus wieder. Eine mit Kölner Fundangabe
in Bonn befindliche Apisbronze 106 ist ägyptisch, so daß
bezüglich des Fundortes Zweifel aufkamen; Grimm wies
aber darauf hin, daß die ägyptischen Apisbronzen ausschließlich fur Köln und Mainz erwähnt werden, Städte
also, in denen sich die Isis- und Serapisverehrung fassen
läßt, und dieser Umstand läßt es nicht unwahrscheinlich
erscheinen, daß sie vielleicht doch in römischer Zeit
importiert wurden 107. Wichtig ist jedenfalls der Zusammenhang zwischen der Rolle Kölns als einem Zentrum
der Verehrung der ägyptischen Gottheiten und der beachtlichen Zahl ihrer hier gefundenen Bronzestatuetten, von
denen die eine oder andere vielleicht in ein öffentliches
Heiligtum geweiht war.
326
95 Statuette: Grimm, Zeugnisse 134 f. Nr. 14A Taf. 40; Galsterer,
Steininschriften 20 Nr. 41 Taf. 9. - Krug: Grimm, Zeugnisse 137 Nr. 17.
96 Statuette : Schoppa, Götterdenkmäler 71 Nr. 113 Taf. 92; Fremersdorf, Urkunden 69 Taf. 147; Grimm, Zeugnisse 132 f. Nr. 14 Taf.
19-21 ; RaR 168 Nr. A 118; Galsterer, Steininschriften 20 Nr. 42 Taf. Altar: Schoppa, Götterdenkmäler 71 Nr. 115 Taf. 94; Grimm, Zeugnisse 135 Nr.15 Taf.16,1; Galsterer, Steininschriften 20 Nr. 43 Taf.10.
97 Schoppa, Götterdenkmäler 71 Nr. 114 Taf. 93; Fremersdorf,
Urkunden 69 Taf. 146; Grimm, Zeugnisse 135 f. Nr. 16 Taf. 17; Galsterer, Steininschriften 21 Nr. 44 Taf. 10.
98 Grimm , Zeugnisse 84 f.
99 Grimm, Zeugnisse 138 f. Nr. 19 Taf. 31; Galsterer, Steininschriften 26 Nr. 75 Taf. 16.- Grimm, Zeugnisse 139 ff. Nr. 20 Taf. 30; Galsterer, Steininschriften 38 Nr. 135 Taf. 29 .
100 Grimm, Zeugnisse 82 mit Taf. 67.
101 Grimm , Zeugnisse 60.
102 s. G. Ristow, Kölner Jahrbuch 10, 1969, 68 ff.
103 Bonn, RLM, Inv. 87. H. 8,2 cm. Menzel, Bonn 40. Nr. 87. Taf. 47
("Fundort wahrscheinlich Köln. Gekauft von Werther").
104 s. Grimm, Zeugnisse 63.
105 s.o. Anm . 95.
106 Bonn, RLM, Inv. 1685. Menzel, Bonn 62 Nr. 127 Taf. 79.
10 7 Grimm, Zeugnisse 64.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Mu seum Köln
Venus ist in Köln inschriftlich nicht belegt, dafür aber
in Bilddarstellungen präsent. Auf dem mehrfach erwähnten Pfeiler vom Neumarkt hält die fast nackte Göttin,
deren Mantel bis auf die Beine herabgeglitten ist, in der
linken einen Spiegel und greift mit der Rechten zu dem
auf ihrem Haupt sitzenden Diadem 108 . Während eigene
Steinbildwerke der Venus aus Köln bislang fehlen, wurden
an den Gräberstraßen außerhalb der Stadt etliche Terrakotten gefunden: Statuetten der Göttin 109 sowie Reliefs,
die sie in einem Tempelehen zeigenl1°. Sie ist entweder
völlig nackt oder mit weit herabgeglittenem Mantel zu
erblicken. Im Giebel der Tempietto-Reliefs können zwei
Eroten eine Girlande halten, und auf den Sockeln der Statuetten assistiert ihr mitunter ein einzelner Amor.
Bronzestatuetten der Venus sind aus den Provinzen in
großer Zahl erhalten, wobei besonders viele Darstellungen aus Syrien stammen 11 1• Am häufigsten vertreten sind
in Abwandlungen der Typus der Anadyomene, die mit
beiden Händen die nassen Haare auswindet, und derjenige der Pudica 112 , wie ihn auch die Kölner Venus Kat. 41
vorstellt, die mit den Händen Brust und Schoß bedeckt.
Ebenfalls zahlreiche Parallelen finden sich für Kat. 42, wo
die Göttin sich in einem in der Hand gehaltenen Spiegel
betrachtet und mit der anderen Hand eine Haarsträhne
ergreift 113 • Während diese Motive letztlich auf berühmte
Vorbilder zurückgehen und sich gerade auch in der Großplastik großer Beliebtheit erfreuten, sind die übrigen
Typen, die unter den Kölner Statuetten vertreten sind,
insgesamt seltener und dann vor allem in der Bronzeplastik anzutreffen. Dazu gehört die Venus mit geöffneter
rechter Hand. Diese hält, wenn sie, wie bei Kat. 39, gerade
nach vorn gestreckt ist, meist einen Apfel. Wenn der
Handteller, wie bei den aus Köln stammenden Stücken
Kat. 38 und einer guten Parallele in Bonn, die vielleicht
gleichfalls in Köln gefunden wurde 114 , gesenkt nach vorn
weist, ist wohl kein Attribut zu ergänzen 115 : Die Geste ist
ganz auf den Betrachter bezogen und öffnet präsentierend den Blick auf den nackten Körper. Ikonographisch
ungewöhnlich ist indes die Venus Kat. 40, in deren
gesenkte Rechte irgendein Attribut oder ein ihr zugehöriges Tier eingestiftet war, während die Linke wohl die
Scham bedeckte.
Generell ist bei den Statuetten der Venus eine große
Variationsfreudigkeit festzustellen : in den Haltungsschemata, in der abwechslungsreichen Kombination verschiedener Gesten und in der Zufügung in unterschiedlichster
Weise gestalteter Gewänder. Bei einer überaus qualitätvollen und ausgezeichnet, samt zugefügtem Schmuck, erhaltenen Statuette aus Augst etwa weist die rechte Hand
geöffuet nach vorn und ist die linke zur Scham geführt 116 ;
dabei hat diese Geste ihren eigentlichen Sinn verloren,
denn die Scham wird bereits von dem kräftigen Knoten
eines die Beine umflatternden, zwischen diesen auseinan-
dergewehten Gewandes verdeckt. Überhaupt scheinen
die Gewänder vor allem den Zweck zu haben, die Körperformen zusätzlich zu betonen. D arauf deutet auch die
Gewandanlage bei der Kölner Statuette Kat. 42, bei der
das herabgesunkene, eng um die Beine geraffte Gewand
den Blick auf den nackten Oberkörper lenkt und das vom
Saum umfahrene nackte Gesäß isoliert und hervorhebt.
Eine solche exhibitionistische Nuance, wie sie auch die
erwähnte Geste der geöffnet zum Betrachter weisenden
Hand nahelegt, ist bei sehr vielen Statuetten der Venus
unverkennbar. Auffallig ist, daß die meisten der Bronzedarstellungen vergleichsweise qualitätvoll gearbeitet sind
und zumeist größeres Format besitzen, wogegen andere
Götter weit häufiger auch in Miniaturgröße vertreten
sind. Offenbar forderten Darstellungen der Liebesgöttin
in besonderem Maße -und mehr als die anderer Gottheiten - die Kreativität und das Können der Bronzegießer
heraus. Der Zuständigkeitsbereich der Göttin war ein
gänzlich privater, und so ist es auch nicht verwunderlich,
daß Venus in größeren Denkmälern eher selten
erscheint 117 , dafür aber im Bereich der Kleinkunst, sowohl
der Terrakotten als auch der Bronzen, dominiert.
Während die meisten Statuetten der Venus isoliert in
die Museen gelangt sind, zeigen einige Beispiele, bei
denen die Basis erhalten ist, die Göttin in Gesellschaft
von Amorfiguren. Bei drei Gruppen aus Augst, aus Syrien
und in München etwa stehen auf einer jeweils halbkreisförmigen Basis seitlich vor der nackten Venus zwei Amores, teils ausgerüstet mit Toiletten-Utensilien wie Salbfläschchen und Spiegel oder auch mit Pfeil und Bogen 118 .
Die Kölner Statuette Kat. 5 könnte zu einer solchen
Gruppe gehört haben, da hier Amor nicht in ausfahrender
108
s.o. Anm . 66.
s. RaR 304 N r. E 150-152.
110 s. RaR 303 f. Nr. E 147. E 148 Taf. 111. E 149.
111
vgl. LIMC II (1984) s. v. Aphro dite (in peripheria orientali) passim Taf. 15 6 ff. (M .-0. Jen tel).
112 s. Kaufm ann-Heinimann, Augst 67 Typus I und II.
113
ebenda Typus IV.
114
Bonn , RLM, Inv. 36, 524 . H . 11 cm . Menzel , Bonn 46 f. Nr. 103
Taf. 58 ("Fundort Köln ?. Gekauft vo n Antiquar Becker, aus Kölner Privatbesitz, angeblich in der Luxem burgerstr. gefund en").
115
s. Kaufm ann-H einimann , Augst 67 Anm. 9: Eine Schale, wie
mitunter postuliert, ist bei keiner der betreffenden Venusstatuetten vorhanden .
116 Kaufmann-Heinimann , Augst 69 f. N r. 69 Taf. 72 f.
117
So haben selbst die marmornen Skulpturen der Venus, die in
größerer Zahl in Trier gefunden wurden , zu m Teil Statuettenfo rmat, s.
W. Binsfeld - K. Go ethert-Polaschek- L. Schwinden, Katalog der römischen Stein denkmäler des Rheinischen Landesmuseums Trier I. C SIR
Deutschland IV, 3 (198 8) 162 ff. Kat. 327 ff. Taf. 79 ff.
118
Kaufm ann-H einim ann, Augst 68 Nr. 68 Taf. 69 f.- LIMC III
(198 6) s. v. Eros (in peripheria orientali) Nr. 81 Taf. 675 (in Paris) .- ] . Sieveking, Die Bronzen der Sammlung Loeb (1913) 63 f. Taf. 25.
327
109
Stefan Ritter
Bewegung, sondern, wie bei den Begleitern der Venus
üblich, stehend dargestellt ist und auch ein entsprechend
kleines Format besitzt; in diesem Fall hielt er vielleicht
zwei auf die Liebesgöttin verweisende Attribute.
In einen anderen Verwendungskontext gehören wohl
die vier anderen Kölner Statuetten Amors Kat. 1, 2, 3 und
4, die ihn im Lauf mit einer erhobenen Fackel vorführen.
Das Motiv ist eines der häufigsten unter seinen Bronzedarstellungen. Die größeren Statuetten dienten zum Teil,
mit richtigen Fackeln ausgestattet, zur Beleuchtung, während die kleineren, mit stilisierten Fackeln versehen,
Schmuckgegenstände waren 119 • Interessant sind zwei einander genau entsprechende, lediglich spiegelverkehrte
Figürchen je eines laufenden Amor in Parma, die jede auf
einer eigenen Basis stehen 120 . Das Beispiel zeigt zum
einen, daß solche Statuetten auch als spiegelsymmetrische Gruppen konzipiert und zusammengestellt werden
konnten; zum anderen deutet der Umstand, daß die beiden Fackelträger gewaltige Weinlaubkränze tragen, an, in
welch unterschiedlichem Kontext das Motiv Verwendung
finden konnte 121 . Besonders deutlich werden die unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten durch Sarkophage, Wandgemälde und andere vielfigurige Denkmäler
illustriert, in denen Eroten in unterschiedlicher Zahl, mit
oder ohne Flügel - wie die Statuette Kat. 2 -und mit verschiedensten Attributen in verschiedenen Szenen in
Erscheinung treten, selbst handelnd oder lediglich als rahmende Randfiguren, wobei ihr Rollenspektrum, wenn sie
Fackeln halten, von Begleitern mythischer Hochzeitspaare bis zu Todesgenien reicht 122 . Bei den einzelnen
erhaltenen bronzenen Amorfigürchen mit Fackel tritt die
Verbindung mit Venus und der erotischen Sphäre hinter
ihrer Funktion als Lampadophoroi zurück; mehr über
ihre mögliche einstige Bedeutung läßt sich aufgrund des
fehlenden Kontextes nicht mehr feststellen. In welch
unterschiedlichen Posen Amor noch in Erscheinung treten konnte, verdeutlichen im übrigen drei in Bonn aufbewahrte Statuetten, die in bzw. bei Köln gefunden wurden.
Die eine zeigt ihn im Sitzen mit lebhaft bewegten
Armen 123 , die zweite mit erhobenen Armen tanzend 124 ,
die dritte breitbeinig stehend und eine Keule schwingend125.
Bacchus erscheint als Liber Pater, zusammen mit Hercules, lediglich in der Inschrift eines Weihreliefs aus Köln,
von dem außer der Basis noch die Füße der beiden Götter
und ein Panther erhalten sind 126 . Sein Bild findet sich weiterhin auf einem auf drei Seiten skulpierten Stein, auf
dem außerdem Ceres und ein Genius zu sehen sind; Bacchus ist bis auf ein Schultermäntelchen nackt und steht
mit überkreuzten Beinen, die linke Hand mit einem
Gefäß auf einen Pfeiler und die rechte auf den Kopf
gelegt 127 . H. Schoppa vermutete wegen der Zusammenstellung der Götter als Stifter einen Gutsbesitzer, "der sich
vornehmlich mit Wein- und Getreideanbau beschäftigte"128. Ein weiterer dreiseitig skulptierter Block zeigt den
nackten Gott mit einem Panther, mit der Rechten aus
einem Kantharos Wein gießend und links den Thyrsosstab haltend 129 . Auf einem grob gearbeiteten Sandsteinrelief steht er links mit Thyrsosstab und Kantharos, während rechts ein Satyr eine Mänade verfolgt 130 . Das bekannteste Denkmal aus Köln ist das sog. Dionysosmosaik,
welches 1941 beim Bau eines Luftschutzbunkers südlich
des Domes entdeckt wurde; das Mosaik zierte den Hauptraum eines dort gefundenen Peristylhauses und entstand
bei einem Umbau desselben wohl in der 1. Hälfte des
3. Jahrhunderts n. Chr. 131 . Im hervorgehobenen Mittelfeld stützt sich der bis auf ein über den Oberschenkel
gerutschtes Gewand nackte Bacchus auf einen Satyrn,
wobei ein am Boden liegender Kantharos auf seine Trunkenheit weist. In den übrigen Bildfeldern sind Mänaden,
Satyrn und Silen mit Tieren oder paarweise zu erblicken,
dazu ein auf einem Löwen reitender Amor. Das Bildrepertoire entspricht ganz der Funktion des zu Mahl und
Gelage dienenden triclinium 132 • In dasselbe Ambiente
weisen in und um Köln gefundene glasierte Tongefäße,
die dieselben bacchischen Motive zeigen 133.
Statuetten des Bacchus selbst, der im Bereich der
Wagen- und Gerätbronzen eine so wichtige Rolle spielt,
119 s. u. S. 338 f. zu Kat. 1.
120 A. Frova - R. Scarani, Parma. Museo Nazianale di Antichita
(1965) 142 Nr. 2. 3 Taf. 82; LIMC III (1986) s.v. Eros/Amor, Cupido
149 (N. Blanc- F. Gury).
121 In bacchischem Kontext erscheint Amor auch auf dem Kölner
Dionysosmosaik; zu diesem s. u. S. 328.
122 G. Koch - H . Sichtermann, Römische Sarkophage, HdArch
(1982) 206 ff., LIMC a. 0. Nr. 146 ff. Taf. 688 ff.
123 Bonn, RLM, Inv. 20337. H. 6,3 cm. Menzel, Bonn 18 Nr. 38 Taf.
18 ("Fundort bei Stommeln, bei Köln-Ehrenfeld").
124 Bonn, RLM , Inv.1003. H.13,4 cm. Menzel, Bonn 19 Nr. 40Taf.
19 ("Fundort Köln. Erworben von F. H. Wolf, Köln").
125 Bonn, RLM, lnv. 1004. H. 6,2 cm. Menzel, Bonn 21 f. Nr. 46 Taf.
21 ("Fundort Köln. Erworben von F. H. Wolf, Köln").
126 Schoppa, Götterdenkmäler 54 Nr. 33 Taf. 34; Fremersdorf,
Urkunden 62 Taf. 114; RaR 167 Nr. A 112; Galsterer, Steininschriften
26 Nr. 76 Taf. 17.
127 Schoppa, Götterdenkmäler 54 Nr. 37 Taf. 36; Fremersdorf,
Urkunden 62 Taf. 113.
128 Schoppa, Götterdenkmäler 15.
129 Klinkenberg, Köln 255 Abb. 100; Schoppa, Götterdenkmäler
54 f. Nr. 38 Taf. 37.
130 Schoppa, Götterdenkmäler 68 Nr. 101 Taf. 83; RaR 167 Nr. A
114.
131 St. Neu in : Führerzuvor-und frühgeschichtlichen Denkmälern
38. Köln II (1980) 68 ff. (mit Lit.); G. Hellenkernper Salies, Bonner
Jahrb . 184,1984, 90f.
132 Die von H.G . Horn begründete, überaus konstruierte Deutung
als Programm fur angebliche Dionysosmysterien wird ungeachtet ihrer
überzeugenden Widerlegung durch R. Turcan , Gnomon 48, 1976, 67 ff.
auch in neueren Publikationen (Neu a. 0. 77) als ernsthafte Möglichkeit wiederholt. Die Diskussion mit weiterer Lit. referiert bei G. Hellenkemper Salies, Bonner Jahrb. 184, 1984, 90 f.
133
RaR 289 Nr. E 68. 69.
328
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
wurden in Köln bislang nicht gefunden 13 \ dafür aber die ,
drei bronzenen Satyrn Kat. 35, 36 und 37. Der reitende
Satyr Kat. 35, der wohl auf einem Panther saß, kommt in
diesem Typus häufiger vor und bezieht sich auf den dionysischen Thiasos. Die Satyrherme Kat. 36 findet in der
Gestaltung des Kopfes gute Parallelen etwa in Pompeji,
stellt aber insofern eine Ausnahme dar, als sie offensichtlich nicht, wie sonst üblich, als Zier an einem Möbel befestigt, sondern wohl allein aufgestellt war. Singulär ist das
qualitätvolle Stück Kat. 37; die Figur des tanzenden, sich
weit um die eigene Achse drehenden Satyrn warvielleicht
zur Anbringung an irgendeinem Gerät bestimmt. Die beiden letztgenannten Fälle zeigen, daß gerade bei sekundären mythologischen Figuren der Verlust des einstigen Verwendungszusammenhanges besonders bedauerlich ist,
denn häufig läßt sich nicht sagen, ob es sich um Gerätbronzen oder Statuetten handelt. Die Darstellungen
illustrieren jedenfalls die Beliebtheit bacchischer Bronzefigürchen gerade auch am Niederrhein, wie sie etwa auch
die zahlreichen Statuetten und verschiedenen Gerätteile,
die in den heutigen Niederlanden zutage kamen, belegen.
In den Kontext der Bacchusverehrung gehören vielleicht
auch die beiden qualitätvollen, aus Köln stammenden
Panther Kat. 55 und 56.
Ceres ist aus Köln inschriftlich nicht belegt. Darstellungen der Göttin finden sich auf dem luppiterpfeiler vom
Neumarkt 135 und dem dreiseitig skulptierten Kölner Götterstein mit Bacchus und Genius auf den übrigen Seiten136. Sie ist langgewandet und hält jeweils ein Ährenbüschel in der Rechten.
Bronzestatuetten der Ceres sind selten. Kat. 7 zeigt sie
mit dem Ährenstrauß im gesenkten linken und einer zu
ergänzenden Fackel im angewinkelten rechten Arm sowie
mit dem um den Körper gespannten und über den
Modius gezogenen Mantel in einem für Ceres charakteristischen Typus, der auch aus der Großplastik bekannt ist.
So, wie die Attribute des Bacchus auf sein Metier, den
Weinbau verweisen, bezeichnen die Ähren und der
Modius die Zuständigkeit der Göttin für den Getreideanbau.
Der Diana sind mehrere in Köln gefundene Altäre
geweiht. Allein viervon ihnen wurden, wie die Inschriften
zeigen, von Centurianen aufgestellt; die Weihungen reichen bis in das !.Jahrhundert n.Chr. zurück 137 • Ein Altärchen wurde von einem Einheimischen mit keltischem
cognomen gestiftet 138 • Während in den genannten Fällen
die Göttin ohne Epitheton genannt ist, gilt ein anderer
Altar der "Diana Nemesis"; zu dem Umstand, daß deren
Weihungen fast immer aus Amphitheatern stammen,
paßt, daß die Abkürzung des Weihenden, "TR", wohl als
"t(h)r(aex)" aufzulösen ist 139 . In dasselbe Ambiente weisen
auch zwei der erwähnten, von Centurianen geweihten
Altäre: auf dem einen, datierbar zwischen 89 und 122
n.Chr., erwähnt der Stifter: vivarium saepsit, d. h. er habe
einen Zwinger- in dem die Tiere bis zu den Spielen gehalten wurden- mit einem Zaun umgeben 140 ; und auf dem
anderen, aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. stammenden
Altarvermerkt <ler Weihende, er habe innerhalb von sechs
Monaten 50 Bären gefangen, die sicherlich für Spiele
bestimmt waren 141 . Die Inschriften und etliche Denkmäler mit Gladiatorendarstellungen aus Köln machen die
Existenz eines Amphitheaters sehr wahrscheinlich, doch
wurden entsprechende Reste bislang noch nicht gefunden1 42. An bildliehen Darstellungen ist ein Altar mit
Relief aus Köln zu erwähnen, der die Göttin im Chiton
zeigt, in der Linken den Bogen haltend und mit der Rechten zum auf dem Rücken hängenden Köcher greifend 143.
Daß nach Auskunft der Inschriften Diana in besonderem
Maße von Militärs verehrt wurde und andererseits als
Nemesis speziell für den brutalen Bereich des Amphitheaters zuständig war, zeugt von militanten Zügen im Wesen
der jungfräulichen Göttin, die mit ihrem eigentlichen
Metier, der Jagd, nur noch indirekt etwas zu tun haben.
Bronzestatuetten der Diana sind in den nördlichen Provinzen nur in geringer Zahl gefunden worden 144 . Der
Haupttypus zeigt sie nach hinten zum Köcher greifend
und mit dem Bogen in der anderen Hand. Anders
erscheint sie in einer in Köln gefundenen Statuette, die
sich heute in Bonn befindet: hier trägt die Göttin einen
bodenlangen Chiton, der linke Arm hängt herab, während der rechte, einst wohl einen Bogen oder eine Fackel
haltend, leicht erhoben ist 145 . Auch wenn die aus ihrem
Kontext gerissenen Bronzestatuetten der Diana selbst
keine genaueren Hinweise geben, so deuten die erwähnten Inschriften wenigstens an, in welchem Ambiente die
kaiserzeitlichen Verehrer der Göttin am ehesten zu
suchen sein könnten.
134
Kat. 6 besitzt keine Köln er Fundangabe- abgesehen davon, daß
die Herkunft "von der Mosel" ohnehin zweifelhaft ist.
135
s.o. S. Anm . 66.
13 6
s.o. S. 328 mit Anm . 127.
137 Galsterer, Steininschriften 14 ff. Nr. 12 Taf. 3 (2./3.Jh. n. Chr.).
14 Taf. 4 (2.Jh. n . Chr.).15 Taf4 (zwischen 89 und 122 n. Chr.).16 Taf. 4
(2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.) mit älterer Lit.
138
Klinkenberg, Köln 231; Schoppa, Götterdenkmäler 59 Nr. 57
Taf. 54, Galsterer, Steininschriften 15 Nr. 13 Taf. 3 (2./3. Jh . n . Chr.).
139 W. Binsfeld, BonnerJahrb . 160, 1960,161 ff. Taf. 27, 1. 2; Galsterer, Steininschriften 16 Nr. 17 Taf. 4 (Ende 2.-3. Jh. n. Chr.).
140 Schoppa, Götterdenkmäler 23. 59 Nr. 55 Taf. 54; Fremersdorf,
Urkunden 62 Taf. 116;· Galsterer, Steininschriften 15 Nr. 15 Taf. 4.
141 Schoppa, Götterdenkmäler 24. 59 Nr. 56 Taf. 54; Galsterer, Steininschriften 15 Nr. 14 Taf. 4.
142 H. Hellenkernper in : Führer zu vor- und frühgeschichtlichen
Denkmälern 37/ 1. Köln I, 1 (1980) 76 f. (mit Lit.).
143 H.J. Lückger, BonnerJahrb . 132, 1927, 189 Taf. 4, 5; Kat. Lückger
129 Nr. 759; RaR 156 Nr. A 71.
144 s. a. Kaufmann-Heinimann, Augst 66 zu Nr. 66.
145 Bonn, RLM , Inv. 3690. H. 15,7 cm. Menzel, Bonn 38 Nr. 81 Taf.
45 ("Fundort Köln, St. Severinstor. Erworben von Ed. Herstatt, Köln").
329
Stefan Ritter
Die Existenz eines Marstempels in Köln ist durch eine
Stelle bei Sueton bezeugt: Als Vitellius 69 n.Chr. in Köln
zum Kaiser erhoben wurde, drückte man ihm das Schwert
Cäsars in die Hand, welches man aus dem Marstempel
geholt hatte 146 . Die Lage des Tempels ist nicht gesichert;
wenn die mittelalterliche Erwähnung einer porta Martis
im mittleren Teil der östlichen Stadtmauer als Hinweis
ernstzunehmen wäre, hätte der Tempel südlich des Prätoriums beim mittleren römischen Rheintor gelegen 147 •
Daß in seinem Heiligtum das Schwert Cäsars aufbewahrt
wurde, hängt mit der besonderen Bedeutung des Gottes
im Zusammenhang mit dem Kaiserkult zusammen. Im
Relief dargestellt ist er auf dem mehrfach erwähnten Iuppiterpfeiler vom Neumarkt 148 und auf einer geschuppten
luppitersäule aus Köln, hier unterhalb einer Minerva 149 :
beidesmal stützt sich der behelmte Gott auf den Schild
und hält die Lanze erhoben, im ersten Fall nackt bis auf
ein Schultermäntelchen, im zweiten im Panzer und mit
Mantel. Andere Darstellungen aus der Rheingegend finden sich, dem Zuständigkeitsbereich des Mars entsprechend, besonders auf militärischem Zubehör wie Panzerbeschlägen, Schwertern, Schwertscheiden und Phalerae 1s0 .
Die Statuette Kat. 21, deren Herkunft aus Köln allerdings nur eine Vermutung ist, gibt Mars in einem Typus
wieder, der besonders in Gallien verbreitet war: nackt, mit
dem an die Schulter gelehnten Schwert in der Linken und
der Lanze in der erhobenen Rechten 151 • Da im nahegelegenen Belgien Marsstatuetten - fast ausschließlich in
besagtem Typus -in erstaunlicher Zahl gefunden wurden,
hierher aber erst in der späten Kaiserzeit, also wohl nach
der Entstehung der meisten Stücke, eine militärische
Besatzung verlegt wurde, vermutete G. Faider-Feytmans,
daß in den Figürchen weniger der römische Kriegsgott als
eine dahinterstehende gallische Gottheit verehrt wurde 152. Inwieweit in der Vorstellung von Mars im kaiserlichen Gallien ältere Lokalgottheiten noch eine Rolle spielten, ist kaum festzustellen, und gerade die Bronzestatuetten verraten in ihrer Ikonographie darüber nichts. In der
stark romanisierten Kolonie Köln jedenfalls spricht gegen
eine größere Relevanz vorrömischer Vorstellungen, daß
Mars, wie gesehen, auf Steindenkmälern mit rein römischen Göttern zusammen erscheint und aufWaffen und
militärischem Rüstzeug zweifellos in seiner Rolle als
Kriegsgott gemeint ist. In derselben Funktion ist er vermutlich auch in den Bronzestatuetten verehrt worden.
In den Zusammenhang mit Gottheiten, die speziell im
militärischen Bereich verehrt wurden, gehört auch Victoria. Aus Köln stammt ein Altar für die Göttin, dem aufgrund seines Fundortes und seiner Ikonographie besondere Bedeutung zukommt. Der ungewöhnlich große, 1,97
m hohe Altar wurde im 16. Jahrhundert im Bereich des
Kastells der römischen Rheinflotte in Köln-Alteburg ausgegraben und befindet sich heute in Bonn 1s3 • Die Vorder-
seite des mit reichen Ornamenten verzierten Kalksteinblocks trägt die Inschrift: DEAE VICTORIAE SACRVM.
Die Schmalseiten zeigen im jeweils oberen Relieffeld
Opfergeräte, im unteren mit Opfergeräten versehene
Opferdiener. Diese bewegen sich zur Rückseite hin, wo
auf gleicher Höhe neben einem Lorbeerbaum ein Stier
steht. Bemerkenswert ist hier das größere obere Feld: es
zeigt zwei mit dem Kopf nach unten gerichtete, am
Ansatz der Schwanzflossen durch einen Qyerstab verbundene Delphine, zwischen denen sich ein dritter, kleinerer
Delphin befindet. Die "wappenartig heraldische Anordnung", weiterhin der auffallende Umstand, daß bei dem
qualitätvollen Denkmal die Angabe des Stifters fehlt, und
schließlich der Charakter des Fundortes haben H. Lehn er
zu der ansprechenden Vermutung veranlaßt, die Fische
könnten "ganz wohl das Fahnenzeichen der Flotte, auf
deren Element sie hindeuten, gewesen sein, so daß man
auf inschriftliche Nennung des Namens, als etwas selbstverständliches, verzichten konnte" 1s4 . Danach wäre der in
das 3.Jahrhundert n. Chr. zu datierende Altar als- kollektive- Weihung der classis Germanica zu interpretieren. In
diesem Fall ist die Verehrung Victorias offenbar also einmal in ganz konkretem Kontext zu fassen. Ihrem Charakter entsprechend, finden sich Darstellungen der Göttin
ansonsten, zusammen mit Mars, auf militärischem
Gerät 1ss oder auf Votivblechen für luppiter Dolichenus,
der besonders im soldatischen Milieu verehrt wurde 1s6•
Im üblichen Typus hat sie auch ihren Platz im Kreis der
römischen Götter auf luppiterdenkmälern, so auf dem
ReliefPfeiler vom Neumarkt, wo sie in vom Wind bewegtem, eng anliegendem Gewand erscheint, die Rechte erhoben und in der Linken einen Palmzweig haltend 157 •
Im häufigsten, auf die Victoria in der Curia zurückgehenden Typus zeigen sie auch die Bronzestatuette Kat. 43
und ein wesentlich größeres Exemplar in Bonn, welches
146
Suet. Vit . 8.
s. H. Hellenkernper in : Führer zu vor- und frühgeschichtlichen
Denkmälern 38. Köln II (1980) 124 (mit Lit.); Archäologie in Köln 1,
1992, 61 Abb . 7.
148
s.o. Anm. 66.
149
Schoppa, Götterdenkmäler 51 Nr. 22 Taf. 21 ; RaR 146 Nr. A 34.
ISO RaR204f. Nr. C 29. 205 Nr. C 31.206 Nr. C 37. 211 Nr. C 48 .
l Sl K.A. Neugebauer, Bonner Jahrb. 147, 1942, 228 ff. ; KaufmannHeinimann, Augst 26 zu Typus I.
1S2 Faider-Feytmans, Belgique 32 f.
IS3 Bonn, RLM, Inv. U 77. Klinkenberg, Köln 369 Taf. 14; H . Lehn er,
Die antiken Steindenkmäler des Provinzialmuseums in Bonn (1918)
75 ff. Nr. 152; Schoppa, Götterdenkmäler 22. 58 Nr. 52 Taf. 50 f.; Fremersdorf, Urkunden 65 Taf.l28 f. Galsterer, Steininschriften 40 Nr.l47
Taf. 33.- Zum Kastell : P. La Baume in: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 39. Köln III (1980) 119 f. (mit Lit.).
1s4 Lehner a. 0. 76.
ISS s. RaR204f. Nr. C 29. C 31.
1S6 s. RaR 246f. Nr. C 211. C 212.
IS7 s. o. Anm. 66.
147
330
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
gleichfalls in Köln gefunden wurde 158 . Diese Darstellungen mit flatterndem Gewand, mit dem Palmwedel in der
Linken und erhobenem Kranz in der Rechten, sind im
ganzen Reich in großer Zahl gefunden worden. Die Statuette Kat. 43 stellt eines der selteneren Beispiele dafür
dar, daß die Flügel bei Victoria weggelassen werden können. Im Format ragen die beiden Kölner Funde mit einer
Höhe von 4,2 und 16,3 cm aus der Masse der nördlich der
Alpen zutage gekommenen Victoriastatuetten heraus,
deren Größe zumeist im Bereich zwischen etwa 7 und
10 cm liegt. Die Menge der in der Regel eher bescheidenen Darstellungen der Siegesgöttin kann vielleicht als
Indiz dafur gewertet werden, daß man gerade auch in den
Randgebieten besonders stolz darauf war, zu dem auf
militärischer Stärke begründeten römischen Weltreich zu
gehören.
Gleichfalls eine große Rolle spielte eine andere Personifikationsgottheit, Fortuna, die durch mehrere Steindenkmäler aus Köln belegt ist. Neben einigen Altärchen 159 ist
ihr eine Stele unter dem Epitheton Gubernatrix geweiht,
auf der die sitzende Göttin als Relief mit Füllhorn und
patera zwischen zwei Opfernden erscheint160 ; eine weitere Stiftung gilt der Fortuna Respiciens 16 1• Stehend, mit
Füllhorn und Steuerruder ist sie auf zwei bereits erwähnten Reliefdenkmälern aus Köln zu sehen, auf dem Iuppiterpfeiler vom Neumarkt und in dem kleinen Giebel aus
der Severinstraße, wo sie dem thronenden Mercurius beigesellt ist 162 • Aus Köln stammen darüber hinaus etliche
Statuetten aus Kalkstein, Marmor und Ton, die sie sowohl
stehend- etwa mit Füllhorn und auf einem Globus aufsitzendem Steuerruder163 -als auch sitzend zeigen; besonders elegant, mit übereinandergeschlagenen Beinen thronend, präsentiert sie eine Terrakottastatuette, die von
einem Töpferaus CCAA, wie deroffizielle Name für Köln
lautete, signiert ist 164 . Die verschiedenen Beinamen der
Fortuna, ihre enge Verbindung mit anderen Göttern wie
Mercurius oder lsis 165 und auch Attributkombinationen
wie Steuerruder und Globus zeugen von der umfassenden
Wirksamkeit der römischen Fortuna, deren konkretes Wirken im Einzelfall in unterschiedlichster Weise differenziert werden konnte.
Unter den Bronzestatuetten der Fortuna ist die stehende Göttin mit Füllhorn und Steuerruder, wie sie Kat. 8
zeigt, der bei weitem häufigste Typus. Nur sehr selten sind
Darstellungen der liegenden Göttin anzutreffen: das Kölner Stück Kat. 9 und eine noch winzigere Statuette aus
Xanten stellen wirkliche Ausnahmen dar 166 . Vielleicht ist
hier das Motiv des Liegens von Darstellungen gelagerter
Flußgötter übernommen, die ja häufig mit einem Füllhorn in der Armbeuge erscheinen; in diesem Falle könnte
das Steuerruder - dessen Sinngehalt etwa im Namen
Gubernatrix bewahrt ist- in seiner eigentlichen, ganz konkreten Bedeutung aufgefaßt worden sein und Fortuna als
Schutzgöttin der Schiffahrt bezeichnen, was in Anbetracht der existentiellen Bedeutung der Rheinschiffahrt
für Köln- und auch Xanten- gar nicht abwegig erscheint.
Die Flexibilität der Vorstellung von Fortuna belegt besonders deutlich ihre Identifizierung mit Isis, die von ihr
sowohl die Attribute als auch den Typus übernimmt. Die
entsprechenden Bronzestatuetten illustrieren eindrucksvoll die Nachricht bei Plinius d. Ä., daß zu seinerZeit Fortuna für viele die einzig relevante Göttin sei 167 .
Genien erscheinen in Kölner Inschriften in unterschiedlichstem Zusammenhang. Erhalten sind eine Weihung zu Ehren des Kaiserhauses und an den Genius collegi
focariorum, eines Vereins der Küchenjungen 168 , eine Statuenbasis für den Genius hastiferum, eines mit dem Kult
der Bellona verbundenen Kultvereins 169 , und die Basis
einer Statue mit der Weihung an den Genius wohl eines
Kollegiums, das die Aufstellung besorgte 170 • Der Genius
loci ist zweimal erwähnt, beidesmal in längeren Inschriften, die an den Kaiser, verschiedene Gottheiten und an
ihn selbst gerichtet sind 171 .
Im Gegensatz zu solch kollektiven Genien zeigen die
Bronzestatuetten zumeist den Genius des pater familias.
Aus Köln sind vier solche Bronzestatuetten erhalten,
wobei zu den auch in Köln aufbewahrten Stücken Kat. 10,
11 und 12 noch eine Statuette in Bonn kommt, die in
Köln-Müngersdorf gefunden wurde 172 • Die Togaform
und, wenn erkennbar, die Frisur weisen in allen Fällen in
das ausgehende 1. oder beginnende 2.Jahrhundert n.Chr.
Die Statuetten entsprechen der für private Genien üblichen Ikonographie: außer der patera in der Linken halten
Kat. 10 und 11 rechts eine Schriftrolle, Kat. 12 und das
Exemplar in Bonn eine acerra, und alle sind capite velato
dargestellt. Während patera und Weihrauchkästchen als
Opfergeräte die Göttlichkeit des Genius bezeichnen, verweist der rotulus, auch wenn seine präzise Bedeutung
331
158
Bonn, RLM, Inv. 5071. H . 16,3 cm. Menzel, Bonn 40 f. Nr. 89
Taf. 48 f. ("Fundort aus dem Rhein bei Köln. Gekauft von T. Schmitz,
Köln").
159
Galsterer, Steininschriften 17 Nr. 24-26 Taf. 5 f.
160
Klinkenberg, Köln 254; Schoppa, Götterdenkmäler 66 Nr. 90
Taf. 77; Galsterer, Steininschriften 17 f. Nr. 27 Taf. 6.
16 1
Galsterer, Steininschriften 18 Nr. 28 Taf. 7.
162
s. o. Anm. 66 und S. 322.
163
Schoppa, Götterdenkmäler 66 Nr. 89 Taf. 76.
164
Fremersdorf, Urkunden 62 Taf. 117. - Weitere Terrakottastatuetten aus Köln: RaR 303 Nr. E 144-146.
165
s.o. S. 321 f. 326.
166
s. u. S. 345 zu Kat. 9.
167
Plin. n . h. 2, 22 s. a. Grimm, Zeugnisse 60.
168
Galsterer, Steininschriften 18 Nr. 30 Taf. 7.
169
Galsterer, Steininschriften 18 Nr. 31 Taf. 7.
170
Galsterer, Steininschriften 18 f. Nr. 32 Taf. 8.
17 1
Galsterer, Steininschriften 20 Nr. 39.
172
Bonn, RLM, Inv. 798 . H . 5,1 cm. Menzel, Bonn 56 Nr. 117 Taf.
75 ("Fundort Müngersdorfbei Köln. Gekauft von Ed . Herstatt, Köln").
Stefan Ritter
nicht ganz klar ist 173 , ebenso wie die Toga offenbar auf den
Status des freien römischen Bürgers. Interessant ist, daß
im Rheingebiet, anders als etwa in Gallien, Genien militärischer Lager und Einheiten deutlich zahlreicher gefunden wurden als private Genien 174 ; hierin spiegelt sich
offenkundig die militärische Bedeutung der Grenzregion.
Vielleicht ist es gleichfalls nicht nur ein Zufall der Überlieferung, daß am Rhein private Genien, die sonst nur vereinzelt belegt sind, in vergleichsweise größerer Zahl allein
in der Colonia Agrippinesium zutage kamen, wo großstädtischer Stolz auf den Status des römischen Bürgersam
ausgeprägtesten gewesen sein muß.
Unter den Götterdenkmälern aus Köln sind Weihungen an Muttergottheiten mit Abstand am häufigsten vertreten: über 40 Inschriften gelten den Matronae oder
Matres, deren Name fast immer durch einen Beinamen
spezifiziert ist 175 . Die Beinamen, von denen allein in Köln
mehr als 20 belegt sind, lassen sich zum großen Teil nicht
mehr erklären, doch deutet ihre Vielzahl darauf, daß die
Matronen zunächst "die Hausgötter einer Familie, einer
Sippe oder eines Stammes" waren 176 • Wie schon die römischen Namen "Matronae" und "Matres" zeigen, wurde
ihre Verehrung von den Römern übernommen; unter
den Kölner Weihinschriften, die größtenteils in das 2.
oder 3. Jahrhundert n.Chr. zu datieren sind, stammen
etliche von Stiftern mit rein römischen Namen, darunter
Soldaten. Frauen als Weihende bilden die Ausnahme. Ob
es in Köln ein bestimmtes Matronenheiligtum gab, ist
unsicher; gesichert ist hingegen ein Heiligtum der "Matrones Aufaniae" in Bonn, denen vor allem auch Angehörige
der dort stationierten Legio I Minervia Denkmäler stifteten. Einige der Matronendenkmäler aus Köln tragen
Reliefdarstellungen der Göttinnen 177 • Diese sitzen jeweils
zu dritt auf einer gemeinsamen Bank, tragen ein Untergewand und einen Mantel und halten im Schoß Körbe mit
Früchten; die beiden äußeren Frauen tragen eine große
Haube, während die mittlere, offenbar jugendlichere, das
Haar offen trägt. Dieses festgefügte Darstellungsschema
ist charakteristisch für die niedergermanischen Matronendarstellungen, wobei ein lokales Element besonders in
der Haube zu fassen ist, die auch in der einheimischen
Frauenkleidung anzutreffen ist. Über den Kult selbst ist
nur bekannt, daß er nach römischem Ritus gefeiert wurde
und Priesterinnen, da solche auf einigen Matronendenkmälern mit abgebildet sind, eine bedeutende Rolle spielten178. Darstellungen finden sich ansonsten häufig auch
in Terrakottastatuetten, von denen etliche in Köln gefunden wurden. Die sitzenden Göttinnen erscheinen dabei
zumeist allein 179 und nur selten, wie in einer von einem
Kölner Töpfer signierten Gruppe, als Dreiheit 180 .
Gegenüber dieser überwältigenden Zahl an Denkmälern in Stein und Ton gibt es nur verschwindend wenige
Bronzestatuetten von Matronen. Für Kat. 22 und em
Stück in Bonn 181 wird zwar lediglich vermutet, daß sie aus
Köln stammen, doch können die Fundorte, da beide die
für die niederrheinischen Matronen charakteristische
Haube tragen, nicht allzu weit entfernt gelegen haben.
Beide tragen auch denselben, vor der Brust durch eine
Fibel zusammengehaltenen Mantel und führen die linke
Hand zu den im Schoß liegenden Früchten; die Göttin in
Bonn hält zusätzlich eine große Blume in der Rechten.
Eine weitere, allerdings mit nur 4,4 cm Höhe erheblich
kleinere Statuette stammt aus Nijmegen; auch sie trägt die
große Haube und hält einen mit Früchten gefüllten Korb
im Schoß 182 . Die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen
Bronzestatuetten und den übrigen Denkmälern kann nur
mit der lokal begrenzten Verehrung der einzelnen Matronen zu erklären sein, der die am Ort gefertigten Steindenkmäler und bescheidenen Terrakotten wohl eher entsprachen als die Bronzen.
ZUR INTERPRETATION BRONZENER
GÖTTERSTATUETTEN
Der Vergleich des vielfaltigen Denkmälerbestandes zeigt,
daß es durchaus angebracht ist, bei der Interpretation der
bronzenen Götterstatuetten Zeugnisse aus anderen Gattungen im Blick zu behalten. Es sind dieselben Götter, die
in Bildwerken unterschiedlicher Form, Größe und verschiedenen Materials dargestellt wurden, und Bronzestatuetten sind schon deshalb nicht zu isolieren, weil sie
173
s. H. Kunckel, Der römische Genius, 20. Ergh .Jdl (1974) 19: "Ob
die Schriftrolle von den zahlreichen Darstellungen römischer Bürger
im Grabzusammenhang herrührt oder Zeichen magistratischer Funktion ist, ob sie einen speziell auf die Familie gerichteten Sinn hat, ob sie
zum allgemeinen Würdezeichen des Haushaltsvorstandes geworden
ist, kann man nicht entscheiden".
174
s. ebenda Beilage, Karten 1 und 2.
175
s. Galsterer, Steininschriften 17 Nr. 23 Taf. 5. 19 f. Nr. 38. 39 Taf.
8 f. 27ff. Nr. 81-114 Taf. 18-25 (mit Lit.). Zu den Matronen in Köln :
Schmitz, Colonia (wie Anm. 2) 136 ff.; Schoppa, Götterdenkmäler
25 ff.
176
Schoppa, Götterdenkmäler 27.
177
"Matronis Afliabus": Schoppa, Götterdenkmäler 60 Nr. 62 Taf.
57 f.; Galsterer, Steininschriften 28 Nr. 83 Taf. 18.- "Matribus Aumenahenis": Schoppa, Götterdenkmäler 61 Nr. 67Taf. 62; Galsterer, Steininschriften 30 Nr. 96 Taf. 21.- "Matronis Axsinginehis": Schoppa, Götterdenkmäler 61 f. Nr. 68 Taf. 63 f.; Galsterer, Steininschriften 30f. Nr.
97Taf. 22. -"Matronis Mahlinehis": Schoppa, Götterdenkmäler 62 Nr.
71 Taf. 67; Galsterer, Steininschriften 32 Nr. 104 Taf. 23.- "Matronis
Boudunneihis": Galsterer, Steininschriften 31 Nr. 98 Taf. 22.- "Matronis Aufanis" : Schoppa, Götterdenkmäler 61 Nr. 65 Taf. 60; Galsterer,
Steininschriften 30 Nr. 94 Taf. 21. - Nur die Reliefs, ohne Inschrift,
erhalten: Schoppa, Götterdenkmäler 63 Nr. 75 und 76 Taf. 70.
178
s. Schoppa, Götterdenkmäler 26. 28.
17
9 s. RaR 306ff. Nr. E 164-172.
180
s. RaR 306 Nr. E 162.
181
Bonn, RLM, Inv. 16570. H . 9,3 cm. Menzel, Bonn 48 Nr.107Taf.
60 ("Fundort wohl bei Köln") .
182
Zadoks , Netherlands I 92 Nr. 38.
332
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
zusammen mit anderen Weihungen in häuslichen Lararien aufgestellt waren oder sich, sofern sie in Tempel gestiftet wurden, mit ihnen auch an öffentlichen Kultstätten
zusammenfanden. Dieser Zusammenhang wird gerade in
der Bronzeforschung sehr vernachlässigt, wo der Hang zu
streng gattungsorientierter Betrachtung besonders ausgeprägt ist. Erst eine Zusammenschau von Weihinschriften,
Reliefs, Terrakotten und Bronzestatuetten vermag eine
Vorstellung vom erstaunlich vielfaltigen Wesen der einzelnen Gottheiten zu vermitteln, wie es die aus ihrem einstigen Kontext gerissenen Bronzen allein nicht offerieren
können.
Der Vergleich macht aber auch klar, welche Aspekte der
Gottheiten in den Kleinbronzen im Vergleich zu anderen
Darstellungen akzentuiert wurden. Wie die verschiedenen Kölner Denkmäler des Mercurius oder die ungleiche
Verteilung von Matronendarstellungen in Bronze und
anderem Material zeigen, wirkt sich der unterschiedliche
Charakter derverschiedenen Gattungen mitunter erkennbar auf den Befund aus. Weihreliefs, Altäre, Statuen und
andere Steindenkmäler wurden in der Regel offenkundig
fiir ein ansässiges Publikum vor Ort gefertigt und aufgestellt; sie geben, wie besonders deutlich die Iuppiterpfeiler
und Matronendenkmäler zeigen, über das Kultspektrum
eines geographisch begrenzten Gebietes Auskunft. Gleiches gilt furTerrakotten, die einfach und in größeren Mengen herzustellen waren; sie waren, in den favissae von
Heiligtümern teilweise zu Hunderten gefunden, eine
Massenware und entstanden, wie die KölnerTöpfersignaturen zeigen, in lokaler Produktion. Der regional geprägte
Charakter der Gattung spiegelt sich auch darin, daß die
Tonfigürchen fast ausschließlich weibliche Gottheiten
darstellen, die eng mit der Verehrung traditioneller Muttergottheiten verbunden waren 183 . Bronzestatuetten hingegen wurden aus kostbarem und dauerhaftem Material
in einem komplizierten Verfahren hergestellt und hatten
einen weit höheren materiellen Wert. Sie waren kostbare
Einzelstücke, zudem leicht transportabel und langlebig;
sie wurden von Siedlern in die Fremde mitgenommen
und auch über größere Entfernungen exportiert und
importiert 184 • An dieser geringen regionalen Gebundenheit liegt es wohl, daß unter den Bronzen fast ausschließlich römische Gottheiten anzutreffen sind, während sich
einheimische Gottheiten, wie etwa die niederrheinischen
Matronen, nur ganz vereinzelt finden . G. Faider-Feytmans, der es zu danken ist, in ihrer Publikation der Bronzen aus Belgien auch andere Zeugnisse in die Interpretation einbezogen zu haben, hat den Unterschied- etwas
abstrakter- so formuliert: "Les terres cuites イ・ュセエョ@
les
tendances eschatologiques d'un milieumodeste et traditionnel, les sculptures sur pierre presentent un impact religieux geographiquement cerne, les bronzes figures, surtout ceux al'image des divinites mediterraneennes ou de
leurs symboles, moins fragiles que les premieres, moins
localisees que les secondes, s'incrivent, en regle generale
. . . dans l'evolution spirituelle propre a l'Occident
romain" 185 .
Um den Aussagewert der Bronzestatuetten für die Verehrung der dargestellten Götter zu ermessen, ist es wichtig,
ihre Aufstellung in den häuslichen Lararien genauer zu
betrachten. Zu fragen ist hierbei, ob sich bei gut dokumentierten Lararienfunden aus der Zusammenstellung
verschiedener Statuetten inhaltliche Gesichtspunkte ersehen lassen, nach denen Götter miteinander kombiniert
wurden, und welche Bedeutung in einem solchen Ensemble der einzelnen Götterstatuette zukam. Da entsprechend aussagefähige Fundzusammenhänge in Köln selbst
fehlen, soll ein Blick auf besser vergesellschaftete Funde
anderer Provenienz geworfen werden.
Am günstigsten ist die Situation in Pompeji, wo sich
immerhin in einigen Fällen die einstige Aufstellung zum Zeitpunkt der Katastrophe 79 n.Chr.- rekonstruieren läßt 186 . Abgesehen von einzelnen Bronzen, die aus
Küchen- und Gesindetrakten oder aus Geschäften und
Wirtshäusern stammen, wurden die meisten Statuetten in
den repräsentativen Räumen privater Häuser, im Tablinum, Atrium oder im Peristyl, gefunden, wo sie in der
Regel in einer Nische aufgestellt waren 187 •
Im Lararium der Casa degli Amorini Dorati (VI 16,7)
fanden sich neben einem Krug und einer theca calamaria
sechs Statuetten unterschiedlichen Formates: Iuppiter,
Juno und Minerva, alle drei thronend und von geringer
Größe, ein großer sitzender Mercurius und zwei mittelgroße, einander spiegelverkehrt genau entsprechende
Laren, die offenbar die übrigen Figuren rahmten 188 • Auch
im Lararium der Casa delle Pareti Rosse (VIII 5,37), dessen bemalte Rückwand einen opfernden Genius zwischen
zwei Laren zeigt und wo sich außer den Statuetten auch
eine Bronzelampe fand, flankierten zwei spiegelverkehrte
Laren eine Gruppe von vier - diesmal stehenden - Göttern: einen sehr kleinen Hercules, einen mittelgroßen
nackten Mercurius und, größer als jene, einen Apollo
sowie einen mit einer Chlamys bekleideten, Porträtzüge
aufweisenden Mercurius; die doppelte Anwesenheit des
Gottes wurde von St. Adamo-Muscotella damit erklärt,
daß letzterer sich speziell auf den Kult des Mercurius
183
s. Faider-Feytmans, Belgique 27 ff. mit Lit.
hierzu s. etwa Kaufmann-Heinimann, Augst 10 ff.
185
Faider-Feytmans, Belgique 29.
186
hierzu: St. Adamo-Muscotella in: Toreutik und figürliche
Bronzen römischer Zeit. Akten der 6. Tagung über antike Bronzen, Berlin 1980 (1984) 9 ff.
187 s. Auflistung der Statuetten aus Pompeji bei Th. Fröhlich, Lararien- und Fassadenbilder in den Vesuvstätten, RM 32. Ergh. (1991)
356 ff.
188 Adamo-Muscotella a. 0 . 12 ff. Abb . 3-7.
333
184
Stefan Ritter
Augustus beziehe 189 . Auch in anderen pompejanischen
Lararien wurden mehrere Gottheiten von Laren eingefaßt: in der Casa VI 14,27 Isis und Anubis, dazu ein Harpokrates aus Silber und eine marmorne Venus 190 , oder in
der Casa VII 15,3 Hercules, Venus, Silen, Priapos und
Amor191.
Ungewöhnlich ist der Fund aus der Casa degli Amorini
Dorati, weil allein in diesem Lararium Pompejis die kapitolinische Trias vollständig vorhanden ist. Hier steht Mercurius allerdings allein, der sich zudem durch seine Größe
von den drei Figuren deutlich abhebt. Seine optische
Dominanz könnte vielleicht mit seiner im privaten
Bereich besonders wichtigen Zuständigkeit fur konkreten
Gewinn und Erfolg und dem demgegenüber eher offiziellen Charakter der kapitolinischen Götterdreiheit zu erklären sein. Im Lararium der Casa delle Pareti Rosse belegt
das doppelte Auftreten des Mercurius einmal mehr die
Wichtigkeit des Gottes, doch befremdet hier die Kombination mit und auch von Apollo und Hercules. Ein gewisser innerer Zusammenhang ist bei den beiden anderen
genannten Lararien deutlich, in denen sich im einen Fall
vorwiegend ägyptische Gottheiten, im anderen Figuren
des Kreises um Bacchus und Venus zusammenfinden,
doch auch hier treten einzelne andere Götter hinzu. In
den meisten Lararien ist indes eine Verbindung zwischen
den - teilweise auch doppelt - aufgestellten Göttern gar
nicht oder nur partiell, zwischen einzelnen von ihnen,
erkennbar 192 .
Ähnlich verhält es sich mit den vereinzelten Fundkomplexen nördlich der Alpen, bei denen allerdings oft
nicht klar ist, ob sie den Bestand eines Larariums enthalten oder Hortfunde von Statuetten sind, die unter die
Erde gelangten, ohne zusammen aufgestellt gewesen zu
sein. In Muri bei Bern kamen ein Iuppiter, eine Juno, eine
Minerva, ein Lar und zwei Göttinnen zutage, die durch
Inschriften als Dea Naria und Dea Artio ausgewiesen
sind 193. In diesem Falllassen die kapitolinische Trias und
der Lar an ein Lararium denken 19\ wobei die Kombination mit zwei einheimischen Göttinnen, also das Zusammenstellen zweier in sich kongruenter Gruppen, ein
gewisses Konzept erkennen läßt. Die Ausstattung je eines
Larariums enthalten wohl auch die Funde aus einem
Haus in Aventicum/Avenches (Mercurius, Lar,Juno, Victoria und zwei Minvervastatuetten) 195 , der im 3.Jahrhundert n.Chr. verborgene Fund von Straubing (Mercurius,
Fortuna, Genius, Lar) 196 und derjenige von Schwarzenakker, entdeckt in einem im 3.Jahrhundert n.Chr. zerstörten
Keller (Genius, Apollo, Neptun, Victoria, stehender Mercurius, sitzender Mercurius mit Eber, Ziegenbock und
Hahn) 197 . Hier ist das Bild, ganz wie bei den pompejanischen Lararien, disparat.
Unabhängig davon, daß, wie die Auffindung zusammengehöriger, aber unterschiedlich datierter Statuetten 198
zeigt, die Ausstattung eines Larariums wohl häufiger verändert wurde: Der Befund läßt erkennen, daß eine inhaltliche Verbindung zwischen gemeinsam aufgestellten Götterstatuetten nur selten festzustellen ist und daß sie, wenn
vorhanden, in keinem bekannten Fall alle Stücke eines
Larariums einbezieht. Der geringen inhaltlichen Homogenität entsprach ein nicht minder buntes äußeres
Erscheinungsbild, wie die Funde aus Pompeji illustrieren:
die Unterschiede in Größe und Qlalität sind erheblich,
und zudem wurden Statuetten aus verschiedenem Material, aus Bronze, Silber, Ton, Marmor und sogar Elfenbein
miteinander kombiniert 199 . Bei der - sukzessiven - Ausstattung eines Larariums spielte also, abgesehen von den
gelegentlich rahmenden Laren, nicht das Arrangement
der Stücke als Gruppe die entscheidende Rolle, sondern
die Statuetten wurden vielmehr offenbar als fur sich stehende Bilder einzelner Gottheiten aufgefaßt. Dies mißt
der einzelnen Statuette, in der sich die Vorstellung von der
jeweiligen Gottheit konkretisierte, einen hohen Eigenwertzu-im Gegensatz etwa zu mehrfigurigen Steindenkmälern, bei denen sich die einzelne Darstellung einem
übergeordneten Konzept einfugt.
Auswahl und Gestaltung der einzelnen Götterbronzen
wurden also, im Unterschied zu Darstellungen in repräsentativeren Gattungen, offenbar stark von der Bedeutsamkeit der einzelnen Götter im privaten Kult bestimmt.
Dies wird auch in der unterschiedlichen zahlenmäßigen
Präsenz der verschiedenen Gottheiten unter den Bronzen
deutlich. So wurden etwa Iuppiter, Iuno und Minerva,
anders als im Staatskult der kapitolinischen Trias, als fur
sich stehende Gottheiten verstanden, deren Wirken fur
den Besitzer offenkundig von unterschiedlicher Wertigkeit war: Iuppiter, der "Optimus Maximus", ist seinem
Rang als oberster Gott entsprechend häufiger vertreten,
Iuno hingegen, deren Rollenspektrum zum Teil von den
Matronen abgedeckt worden zu sein scheint, kaum, und
189
190
191
192
ebenda 15 ff. Abb. 9-16.
ebenda 23 f. Abb. 20.
ebenda 24 f. Abb. 21 f.
vgl. Fröhlich a. 0. 356 ff. (mit Verweisen): Pompeji V 3, 11: 2 x
Harpokrates, Venus.- III 2,1 : Mercurius, Hercules, Venus.- VII 2,16:
Lar, Minerva, Fortuna, Apollo.- VII 3,11112: Lar, Minerva, H arpokrates.- VIII 2,39: Iuppiter, Harpokrates.- IX3,2: Genius(?), Lar(?),Hercules, Iuppiter, Isis-Fortuna.- Herculaneum III 13/ 15: Laren, Iuppiter,
Minerva, Fortuna, Aesculap, Harpokrates, Isis, Bacchant.
193 Leibundgut, Westschweiz 193 f. Nr. 4 d. Kat. 6. 31. 42. 43. 59. 60.
99.
194
Leibundgut, Westschweiz 194.
195
Leibundgut,Avenches 6. Kat. 9. 15 . 22. 23 . 28. 30. Der Einwand,
die zwei Minerven sprächen gegen ein Lararium (ebenda 6 Anm . 20),
wird durch entsprechende Lararienfunde aus Pompeji entkräftet.
196
R. Fleischer, ÖJh 46, 1961-63, Beiblatt 171 ff. Abb. 106-109.
197 RaR 328ff. Nr. H 3a-fTaf. 122-126.
198 zu Pompeji s. Adamo-Muscotella a. 0. (Anm. 186) 9 ff.- Zum
Fund aus Avenches : s. o . Anm . 195.
199 Fröhlich a.O. 356ff.
334
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Minervastatuetten gehören neben denen des Mercurius
lierte, "der römische Kern der Einwohnerschaft seinen kulzu den am meisten verbreiteten Darstellungen. Besonders
turellen Einfluß sehr stark ausübt und daher die einheimideutlich ist die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen Dar- sche Schicht schnell romanisiert", so daß "die einheimischen Götter nicht so augenfällig in Erscheinung treten
stellungen auf öffentlich aufgestellten Denkmälern und
in der Kleinkunst bei Venus, deren Verehrung sich vor wie wir es etwa in Gegenden mit einer bäuerlichen Bevölallem im häuslichen Bereich abspielte; diesbezüglich ist
kerung gewohnt sind"204 .
interessant, daß Bronzestatuetten der Göttin in kaiserzeitAbgesehen von regionalen Unterschieden, ist aber
lichen Papyri aus Ägypten als Hochzeitsgeschenke
generell fraglich, inwieweit die prononcierte Scheidung
erscheinen200 • In den Kleinbronzen manifestiert sich eine
von "Römischem" und "Einheimischem" das Wesentliche
stark persönlich begriffene Vorstellung vom Wesen der
trifft. Zweifellos bestand ein Unterschied zwischen ansäsdargestellten Götter.
sigen Gottheiten, deren Kulte unter römischer Herrschaft
Es ist wichtig, bei der Interpretation diese Eigenheiten
weiterbestanden, solchen, die römischen Göttern angeglider Bronzestatuetten zu berücksichtigen, da man anson- chen wurden, und denjenigen, deren Kulte von den
sten zu entweder sehr allgemein bleibenden oder zu frag- Römern eingeführt wurden. Doch zu bezweifeln ist, ob
würdigen Ergebnissen gelangt.
diese Unterschiede im religiösen Alltagsleben eine sonDies zeigt sich insbesondere bei der Frage, wie bei den
derliche Relevanz besaßen. Denn nichts deutet auf eine
aus den Provinzen stammenden Statuetten einheimische
dezidierte Scheidung von Römischem und EinheimiElemente von italisch-römischen zu scheiden seien. schem, faßbar im Kult der Matronen, in den Beinamen
Zusammenfassende Abhandlungen zur Götterwelt der einiger römischen Götter und in vereinzelten ikonograProvinzen genügen sich häufig darin, die unterschiedli- phischen Elementen. Im lokal gebundenen Kult der
chen Zeugnisse zusammenzutragen, sie nach den mehr Matronen oder Matres traten gerade auch römische Legiooder weniger deutlich polarisierten Kriterien "Römisch" . näre mit Weihungen hervor, wie sich umgekehrt in Weihund/oder "Einheimisch" zu klassifizieren und so dann an
inschriften an römische Götter die Namen einheimischer
die gesammelte Materialfülle die Kernfrage nach dem
Stifter finden; und bereits in den Doppelnamen von
Mischungsverhältnis beider Kategorien zu richten Matronen oder Mercurius sind Römisches und Älteres
wobei die Meinungen bei der Beurteilung desselben stark aufs engste miteinander verbunden. Wie fließend auch im
auseinandergehen und maßgeblich von der subjektiven Wortsinn die "Grenzen" waren, zeigt der Export römiEinschätzung abhängen 201 • Die methodische Fragwürdig- scher Götterstatuetten ins damalige Barbaricum205 . Die
keit dieses additiven Verfahrens, welches allen Denkmä- Unterschiede, die beim Aufeinandertreffen der verschielern den gleichen Aussagewert beimißt, tritt offen zutage, denen Kulte zu Beginn der römischen Herrschaft bestanwenn das zwangsläufige generalisierende Ergebnis wie- den, scheinen sich bald verwischt zu haben, so daß man
derum auf eine einzelne Gattung wie die Bronzestatuet- sich am ehesten wohl noch ihrer unterschiedlichen Herten übertragen wird. So, wenn die Frage nach der Schei- kunft bewußt war. Jedenfalls gibt es keine Anhaltspunkte,
dung von "Einheimischem" und "Römischem" im Wesen
daß sie im 2. Jahrhundert n.Chr., aus dem die Mehrzahl
der Götter dann auch für die Bronzestatuetten dergestalt
der Zeugnisse stammt, für wesentlich gehalten wurden.
beantwortet wird: "Obschon die Typen der Götter durchDie Bronzestatuetten sind, wegen ihrer geringen regiowegs auf klassisch-römische Vorbilder zurückgehen, wird
nalen Gebundenheit, diejenige Gattung, in der sich das
meist nicht der römische Gott, sondern dessen einhei- Weiterleben älterer Göttervorstellungen am wenigsten
misch-gallische Entsprechung gemeint sein" 202 .
nachweisen läßt. Wenn sich in einem bestimmten Gebiet
Nun ist aber zu fragen, ob die Annahme, hinter den
auffallend viele Götterdarstellungen in einem Typus finrömischen Götter seien ältere, einheimische Gottheiten
verehrt worden, tatsächlich verallgemeinert werden kann.
20
F Burkhalter, RA 1990, 51 ff.
Denn die regional unterschiedliche Verbreitung der ent201
Vgl. etwa Fremersdorf, Urkunden 30 : "Fassen wir das über die
sprechenden Zeugnisse deutet darauf, daß das Weiterleverschiedenen Gottheiten Gesagte kurz zusammen, so ergibt sich aus
ben älterer Kulte und Kultelemente maßgeblich von dem der monumentalen Überlieferung mit aller Deutlichkeit die Tatsache,
Grad der Romanisierung der jeweiligen Region abhing. daß die Romanisierung des Niederrheins nicht sehr tief in das Leben
Gerade in Köln mit seinem Fundreichtum f:illt der Man- des Volkes eingedrungen ist. Der Glaube an die alten einheimischen
Götter lebte nicht nur hier und da weiter fort , sondern die große Masse
gel an Zeugnissen auf, in denen sich ein religiöses Sub- des Volkes hat nach wie vor daran festgehalten, und zwar unbehindert
strat fassen läßt; die oben erwähnten Weihungen an Mer- durch den Glauben und Kultus der neuen Herren des Landes". curius Arvemus, Mercurius Cissonius und der Iuppiteral- Anders Schoppa, Götterdenkmäler 25 (s. u. S. 335 mit Anm. 204).
202 Kaufmann-Heinimann, Augst 12.
tar mit dem Rad stellen wirkliche Ausnahmen dar 03 • Dies
203
s. o. S. 322. 323 f.
204
ist offenbar auf den großstädtischen Charakter der KoloSchoppa, Götterdenkmäler 25 .
205
nie Köln zurückzuführen, in der, wie H. Schoppa formus. Zadoks, Netherlands I.
°
335
Stefan Ritter
den, der in dieser Region mehr als anderswo verbreitet ist,
so könnte dies, wie im Falle der belgiseben Marsstatuetten
postulierr 06 , zwar durchaus mit der Interpretatio Romana
einer hier besonders verehrten älteren Gottheit zusammenhängen. Doch Art und Umfang inhaltlicher Konnotationen entziehen sich gänzlich unserer Kenntnis. Wenn
römische Götter in Formen und mit Attributen, die aus
ihrer griechisch-römischen Ikonographie geläufig sind,
erscheinen, dann läßt sich beim Fehlen jeglichen ikonographischen Anhaltspunktes unmöglich feststellen, ob
und in welchem Maße in ihren Darstellungen eventuell
übernommene Vorgängergottheiten mitgedacht wurden.
Abgesehen von dem Vorkommen vereinzelter, lokal verehrter Gottheiten wie derverschiedenen Matronen, unterscheidet sich der Befund in Germanien nicht grundlegend
von dem etwa Norditaliens; zu vielen Kölner Stücken finden sich gute Parallelen sowohl aus den Rhein- und
Donauprovinzen als auch aus Italien.
Eine weitere vieldiskutierte Frage ist die nach den Vorbildern römischer Bronzestatuetten. Dieses Problem, das
in den Texten der meisten Bronzepublikationen breitesten Raum einnimmt- in jüngerer Zeit zumeist mit dem
Ergebnis, daß in den meisten Fällen der Rückgriff auf ein
konkretes Meisterwerk nicht nachzuweisen ist-, verliert
an Relevanz, wenn man berücksichtigt, daß Typen und
Formen der klassischen und hellenistischen Kunst auf
unterschiedliche Weise und dabei zumeist nur indirekt
rezipiert wurden 207 .
Eine Möglichkeit bestand in der weitgehend getreuen
Wiedergabe eines bestimmten berühmten Werkes. Diese
Absicht ist aber nur in ganz seltenen Fällen wahrscheinlich zu machen. Ein solcher liegt in dem fragmentierten
Weihrelief aus Köln mit einem auf den Hermes von
Olympia rekurrierenden Mercurius vor, bei dem das Vorbild lediglich durch Anlegung des Mantels und Senkung
des rechten Armes mit dem caduceus modifiziert ist, um
die Identität des Gottes unmißverständlich klarzustellen208. Aber bereits bei der Bronzestatuette des Mercurius
Kat. 23, dessen Haltungsschema sich an das des polykletischen Diskopharos anlehnt, zeugen die Veränderung
der Handhaltung und die Zufugung eines in Formen des
4.Jahrhunderts v.Chr. gehaltenen Kopfes von sehr freiem
Umgang mit dem "Vorbild". Recht getreu gibt die Victoria
Kat. 43 ein berühmtes Werk, die Victoria in der Curia in
Rom, wieder; doch selbst in diesem vergleichsweise eindeutigen Fall kann man sich, gerade auch wegen des ungewöhnlich kleinen Formates und derweggelassenen Flügel,
fragen, ob die Herleitung dem Bronzegießer geläufig war,
oder ob er die Göttin nicht einfach so wiedergab, wie sie
ihm in - zahlreich erhaltenen - anderen Kleinbronzen
desselben Typus vor Augen stand.
Komplizierter liegt der Fall bei Bronzen wie etwa den
als Anadyomene oder Pudica geläufigen Venusstatuetten.
Diese Darstellungen gehen zwar letztlich auf griechische
Entwürfe zurück, doch sprechen die überaus mannigfaltigen Abwandlungen der römischen Statuetten fiir weitverzweigte Zwischenstufen, die der jeweilige Typus bei seiner
Verbreitung durch die Jahrhunderte durchmachte. Wenn
sich die römischen Bronzegießer des Urbildes überhaupt
bewußt waren, so hatten sie wohl, nach der Menge der
betreffenden Statuetten zu urteilen, statt seiner wohl
bereits verschiedenartige Variationen des Grundschemas
vor Augen. Daß die Suche nach dem Vorbild dennoch
immer wieder unternommen wird, liegt häufig an einer
unklaren Terminologie: Kennzeichnungen wie Anadyomene oder Pudica machen nur einen Sinn, wenn man sie
nicht als Bezeichnungen eines auf eine Vielzahl von
Gemeinsamkeiten festgelegten Typus, sondern als die
eines variabel darstellbaren Motivs versteht.
Eine noch allgemeinere Rezeptionsmöglichkeit lassen
solche Bronzen erkennen, die in den allgemeinen Stilzügen des 5., des 4. Jahrhunderts oder des Hellenismus
gehalten sind; wobei freilich, wie bei dem Mercurius Kat.
23 deutlich, an derselben Statuette durchaus in verschiedenen Epochen entwickelte Formen kombiniert sein können. Hier ist der formale Vergangenheitsbezug ein offenkundig sehr allgemeiner, der sich darin erschöpft, dem
jeweiligen Götterbild mittels Verwendung bestimmter
Stilformen eine dem Charakter der jeweiligen Gottheit
angemessene Form zu geben. Dies trifft besonders deutlich auf die Statuetten des Amor, des Harpokrates und
von Satyrn zu, die, sei es wegen der geforderten heftigen
Bewegungen oder des darzustellenden kindlichen Körpers, fast alle in Formen der hellenistischen Kunst erscheinen.
Die Vielfalt der Rezeptions- und Darstellungsmöglichkeiten deutet also darauf, daß die römischen Bronzegießer in der Regel nicht von der Absicht geleitet wurden,
einen bestimmten Typus der Hoch- oder Spätklassik, um
dessen Herleitung sie genau wußten, möglichst originalgetreu wiederzugeben; es kam ihnen offenbar vielmehr darauf an, das Wesen der jeweiligen Gottheit in Haltungsund Bewegungsmotiven zur Darstellung zu bringen, die
bereits in der bronzenen Kleinkunst erprobt waren und
sich deshalb durchgesetzt hatten, weil sie den Charakter
der Gottheit besonders überzeugend formulierten.
Zu fragen ist nun, was die ikonographische Gestaltung
der verschiedenen Götter über die Auffassung von ihnen
verrät. Gibt es Gottheiten, die bevorzugt in einem
206 Faider-Feytmans, Belgigue 32 f.
207 Zur Forschungsgeschichte und mit
ähnlich modifizierendem
Ergebnis: A. Leibundgut in : Polyklet. Der Bildhauer der griechischen
Klassik. Ausstellung Frankfurt (1990) 397 f.
208 s.o. S. 322 mit Anm . 51.
336
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
bestimmten Schema dargestellt wurden, in dem man ihr
Wesen offenbar besonders treffend konkretisiert sah? In
den Darstellungen welcher Götter wiederum reflektiert
typologische Vielseitigkeit auch eine besondere Vielfalt
an Wesenszügen und Funktionsaspekten? Denn es fällt
auf, daß die Darstellungsformen der einzelnen Gottheiten von recht unterschiedlicher Vielfalt sind.
Victoria und Fortuna etwa wurden bevorzugt in einem
bestimmten Haltungsschema mit feststehenden Attributen dargestellt, welches derart dominiert, daß abweichende Typen kaum vorkommen. Diese Schematisierung
läßt sich wohl mit dem abstrakten Charakter der Personifikationsgottheiten und damit zu erklären, daß beide konkrete, begrifflich definierte Wertvorstellungen repräsentierten. Doch die beiden Göttinnen bilden hierin eine
Ausnahme, denn andere Gottheiten zeigen einen erheblichen typologischen Spielraum.
In den überaus zahlreichen Darstellungen von Mercurius und Minerva ist bei weitgehend gleichbleibenden
Attributen eine große Variationsfreude in den Haltungsmotiven und, besonders bei Minerva, der Gewandgestaltung zu bemerken. Die typologische Vielfalt ist so groß,
daß es kaum möglich ist, eine überschaubare Zahl von
Grundtypen herauszukristallisieren. Für den Charakter
der jeweiligen Darstellung sind die Stilformen, die das
Motiv einkleiden, erst an zweiter Stelle wichtig; entscheidend sind Haltung und Gestik der Gottheit sowie ihre
Attribute, denn hierin manifestieren sich die fur wichtig
gehaltenen Aspekte ihres Wesens. Bei Minerva fällt das
reizvolle Zusammenspiel von -bei qualitätvolleren Stükken oft sehr pointierter - Weiblichkeit und - in unterschiedlicher Vollständigkeit und Haltung der Waffen abgestufter-Wehrhaftigkeit auf, wobei das eine wie das andere
mehr hervorgehoben sein kann. Und bei Mercurius
haben sich die Erwartungen seiner Verehrer in bemerkenswert direkter und eindeutiger Weise in dem immerwiederkehrenden Geldbeutel konkretisiert.
Einen außergewöhnlichen Abwechslungsreichturn offenbaren die Bronzestatuetten der Venus. Völlig nackt
oder in unterschiedlichster Weise durch die Gewänder
figurbetont, tritt sie mit verschiedenen Attributen in
unterschiedlichsten Posen auf, in oder ohne Begleitung
eines oderzweierassistierender Arnores. In ihren Bildern
ist individueller Gestaltungswille am stärksten spürbar.
Das Wirken etwa des Mercurius war in einem einzigen
Attribut so optimal formulierbar, daß sich grundsätzliches Experimentieren erübrigte und auf das Variieren des
einmal gefundenen Motivs beschränken konnte. Die
erstaunlich geringe Schematisierung bei Venus deutet darauf, daß die Rolle der Göttin wenig festgelegt war. Dies
muß mit dem gänzlich privaten Charakter des von ihrvertretenen Metiers zu tun haben, dem Bereich der Schönheit und der Liebe, in dem am ehesten Raum ist fur die
Entfaltung und Artikulierung persönlichster Vorstellungen und Phantasien.
Auffällig sind die erheblichen Qyalitätsunterschiede
zwischen den verschiedenen Statuetten. Diese werden in
der Regel allein vom kunstästhetischen Standpunkt aus
bewertet; doch es ist nicht damit getan, die einen Stücke
als qualitätvoll, die anderen als primitivere oder rohe
Arbeiten zu kategorisieren. Denn im künstlerischen
Niveau wie im Format und damit dem AufWand an kostbarem Material manifestieren sich unterschiedliche
Ansprüche, die, so ist zu vermuten, auf in unterschiedlichem Maße künstlerisch bewanderte und zahlungskräftige Käuferschichten deuten.
Gerade die einfacheren und kleinen Statuetten deuten
an, welchen Wert man auch bei geringeren Möglichkeiten
darauf legte, ein Bild einer persönlich besonders wichtigen Gottheit aus Bronze zu besitzen. Hierbei ist bemerkenswert, daß etwa Fortuna und Mercurius häufig auch in
winzigem Format erscheinen, während es Venusstatuetten
in Miniaturformat und von sehr geringer Qyalität kaum
gibt. Daß Fortuna und Mercurius auch fur ärmere Käuferschichten zu haben waren, könnte damit zu erklären sein,
daß es allgemein vordringlich war, zunächst die fur Erfolg,
Glück und Wohlstand konkret zuständigen, also existentiell wichtigeren Gottheiten zu verehren und ihnen Statuetten aus dem kostbaren Material zu weihen.
Größere Statuetten hingegen sind zumeist von höherer
Qyalität und weisen auf gehobenere Besitzerschichten,
die sich Kunstsinn leisten konnten. Im Falle kaiserzeitlicher Bronzen der Aphrodite aus Ägypten ist dieser Zusammenhang, wie F. Burkhalter gezeigt hat, einmal faßbar.
Die Heiratsverträge, in denen Statuetten der Göttin als
Hochzeitsgeschenke erwähnt werden, kommen hauptsächlich aus dem griechisch geprägten Milieu der Metropolen oder aus den Kreisen römischer Veteranen, die sich
in reicher Umgebung niedergelassen hatten 209 ; und die in
Ägypten gefundenen Statuetten, die hierfur in Frage kommen, sind in der Regel von überdurchschnittlicher Größe
und hoher Qyalität210 • Dies entspricht ganz dem Befund
der Rhein- und Donauprovinzen, denn auch hier lassen
die meisten Statuetten der Venus deutlich erkennen, daß
bei der Darstellung der Göttin künstlerisch-ästhetische
Kriterien offenkundig eine erhebliche Rolle spielten.
Einer eingehenderen Untersuchung wert wären diesbezüglich auch jene Statuetten, die keine Götter vorstellen,
denn auch in diesem Bereich deuten große Qyalitäts- und
Größenunterschiede auf ein weitgefächertes Besitzerspektrum. Unter den Funden aus Köln handelt es sich bei dem
337
2 09
F. Burkhalter, RA 1990 54 ff. bes. 57.
2 10
edenda mit Abb. 2. 3 (aus Karanis).
S te fan Ritter
Jüngling Kat. 44 und dem "Philoktet" Kat. 4 5, zwei höchst
qualitätvollen Darstellungen nicht mit Sicherheit
benennbarer mythologischer Gestalten, um Importstücke.
In den Bereich des gehobenen Ausstattungsluxus gehört
auch der prachtvoll gearbeitete Hengst Kat. 53, der in
einer großzügigen Vorstadtvilla zum Vorschein kam.
Bescheidenere Stücke aus ebenfalls profanem Aufstellungskontext sind neben einem nackten Jüngling in
Bonn211 diejenigen Tiere, die nicht als Begleiter einer
Gottheit fungierten, also etwa das Pferd Kat. 54 und die
Hunde Kat. 64-67, und hierzu zählen wohl auch die Figürchen des fackeltragenden Amor Kat. 1-4.
Einer genaueren, sozial differenzierteren Zuweisung
widersetzen sich leider die bruchstückhafte Überlieferung
der Bronzen und die geringe Zahl aussagefahiger Fundzusammenhänge. So müssen einige interessante Fragen einstweilen? - offenbleiben. In welchem Kontext sind
Darstellungen welcher Gottheiten besonders häufig anzutreffen? Besteht ein Zusammenhang zwischen dem
besonderen Zuständigkeitsbereich einzelner Götter und
dem Ambiente, in dem Bronzestatuetten von ihnen
gefunden wurden? Geben die Fundkontexte einen Hinweis darauf, ob es bestimmte Faktoren gab, die die Verehrung einer bestimmten Gottheit prädestinierten? Ob und
in welchem Umfang wurde die besondere Verehrung
bestimmter Götter etwa durch den Berufsstand ihrer Verehrer nahegelegt ? Wurden also etwa Minerva im Handwerker-, Mercurius im Händler- oder Mars im soldatischen Mileu bevorzugt? Lassen sich die Besitzer über die
lediglich relative und sehr allgemeine Unterscheidung
gehobener und einfacherer Käuferschichten hinaus
gerrauer erfassen ?
Vielleicht ist es irgendwann, bei einem besseren Publikationsstand und anhand einer größeren Zahl im Fundzusammenhang ausreichend dokumentierter Bronzefunde,
möglich, in einigen dieser Fragen weiterzukommen. Voraussetzung ist, daß man sie stellt.
Die Bedeutung der Statuetten aus Köln liegt darin, daß
sie einen Überblick über das Vorkommen figürlicher
Bronzen in einer Stadt von höchstem römischen Rang
gewähren. Die Vielfalt an Motiven und Typen bei zugleich erheblichen Unterschieden in Größe und Qralität
und dabei besonders die größere Zahl an sehr qualitätvollen Bronzen entsprechen der Bedeutung Kölns als
politischem, kultischem und Wirtschaftszentrum; sie verraten etwas über die Vielfalt an religiösen Vorstellungen,
an Geschmack, Ansprüchen und finanziellen Möglichkeiten in der Kolonie am Niederrhein.
2 11
Bonn, RLM, lnv. 8747. Menzel, Bonn 54 f. Nr. 11 2 Taf. 71.
KATALOG
GÖTTER
1 Amor
Abb. 1-3
lnv. 69,41 7. - FO: Köln, Dom-Südseite/ Roncalliplatz (Fundbericht
69,2, s. o. S. 319).- H . 5,3 cm . - Vollguß . - Schwarzgraue Patina. Linkes
Schulterblatt mit Teil des Flügels und linker Fuß abgebrochen. Linker
Unterarm wieder angesetzt. Attribut der rechten H and fehlt.
Amor ist mit aufgesetztem linkem und weit nach hinten
ausgreifendem rechtem Bein im Lauf dargestellt. Mit der
Beinstellung korrespondiert die Armhaltung: Der linke
Arm ist mit abgespreizter Hand gestreckt zurückgenommen, der rechte ist nach vorn gereckt und hielt, wie die
Bohrung in der Hand zeigt, diagonal nach vorn ein Attribut. Gegenüber den prallen Oberschenkeln und dem fulligen Unterleib ist der Oberkörper betont schmal. Die
kleinen, dreieckigen Flügel setzen sehr hoch an und sind
mit dem zurückgeworfenen Kopf verbunden. Im rundlichen Gesicht sitzen ein kleiner, vollippiger Mund, ein spitzes Näschen und runde Augen mit vorspringenden
Augäpfeln. Das füllige Haar, von einem Band zusammengefaßt, fallt in wilden, mit feinen Linien voneinander
getrennten Locken bis in den Nacken; die abgeriebene
Kalotte läßt einen Scheitelzopf erkennen. Die Körperoberfläche ist großflächig modelliert; eingetragen sind
lediglich die Leistenfugen sowie zwei Kerben zwischen
Schambereich und dem vorquellenden Bauch. Das lebhafte Bewegungsmotiv wird von den schwungvollen
Konturen überzeugend untermalt.
Unveröffentlicht.
Bronzestatuetten des mit weit ausschwingendem Bein
laufenden Amor sind aus dem ganzen Reich bekannt,
wobei das Grundschema in Arm- und Beinstellung, in
den Attributen und in der Haartracht Abwandlungen
erfahrt 1 • Bei dem schräg nach oben gehaltenen Attribut
des Kölner Figürchens muß es sich um eine Fackel gehandelt haben. Nach dem Vorbild größerer Statuetten, diewie die beiden Fackelträger aus dem Schiffsfund von Mahdia2 und ein angeblich aus Boscoreale stammender Amor
in New York3 - mit ihren hohlen Fackelhaltern tatsächlich
als Lampadophoroi fungierten , waren die kleinen Amorstatuetten mit stilisierten Fackeln ausgestattet, wie einige
Exemplare zeigen, bei denen sich das zumeist verlorengegangene Attribut erhalten hat4 • Das Motiv der nach unten
gespreizten Hand findet sich bei der erwähnten Statuette
in New York und ist auch bei kleinformatigen Bronzen
häufig5• In den ausgreifenden Bewegungen, den Körperformen und der Modeliierung lassen sich dem Kölner
Amor Statuetten in Bonn 6 sowie, vergleichbar auch
338
Di e antiken Bronzen im Römi sch -Germ an ischen Museum Köln
Abb. 1-3.
Amor. RGM Inv. 69,417, Kat. 1.
im zurückgeworfenen Kopf, in Lyon 7 und Chalon-surSaöne8 zur Seite stellen.
1
Listen : I. B6na, ActaArchHung 23, 1971 , 225 ff.; Leibundgut,
Westschweiz 36 f. Anm. 1; H . Hiller, Zwei bronzene Figurenlampen, in :
Das Wrack. Ausstellung Bonn 1994/ 95 (1994) 515-530.
2
W. Fuchs, DerSchiffsfund von Mahdia (1963) 15 f. Nr.4 Taf.12. 13 .
3
Richter, New York 85 ff. Nr. 131.
4
Franzoni, Verona (1973) 105 Nr. 84. - Fleischer, Ö sterreich 82 Nr.
95 Taf. 53 (wohl aus Carnuntum). - Zs. Banki, Az Istvan K.irilyi
Muzeum gyüjtemenye. R6mai kori figuralis bronz, ezüst es 6 lom targyak (1972) 21 ff. Nr. 10. 11 (aus Sarszentmikl6s).
5
Franzoni, Verona (1973) 105 Nr. 84.- Menzel, Bonn 18 Nr. 37 Taf.
18 f.- Boube-Piccot, Statuaire 272 Nr. 342 Taf. 220 (aus Banasa).
6
Menzel, Bonn 18 Nr. 37 Taf. 18 f.
7
Boucher, Lyon 5 Nr. 8.
8
Boucher, Chalon-sur Saöne 61 Nr. 36.
2 Amor
Abb. 4-6
Inv.N 4221.-FO : Köln (Kat. Niessen).-H . 14,4 cm- H ohlguß .-Olivgrüne Patina. Beide Beine oberhalb der Knie sowie Fingerspitzen der
rechten Hand abgebrochen. Bruch am rechten Oberarm.
Der nackte Knabe ist mit nach vorn gesetztem linkem
und nach hinten gestrecktem rechtem Bein im Lauf dargestellt. Ebenso ausgreifend sind die aufeinander bezogenen Bewegungen der Arme: beide greifen, leicht angewinkelt, seitlich in den Raum aus, der rechte erhoben, der
linke gesenkt. Die rechte Hand hielt der Höhlung zufolge
ein Attribut empor, die linke zeigt mit geöffneter Handfläche nach oben. Die prallen Oberschenkel tragen einen
schmaler werdenden Rumpf, dessen füllige Kompartimente weich ineinander übergehen. Im rundlichen Kindergesicht mit den vollen Backen sitzt der leicht geöffnete,
schmallippige Mund knapp unter der breiten Nasenflügeln; die großen Augäpfel sind in der Mitte durchbohrt,
die Pupille war wohl farbig eingelegt. Die Frisur wird von
einem Scheitelzopf gekrönt, von dem eine Strähne über
der Stirn aufgeknotet ist und in die Stirn fällt. Fein ziselisierte Haare sind vom Scheitel aus zu den Seiten
gekämmt und legen sich dort als voluminös eingeschlungene Lockenbüschel rings um das Haupt. Auffällig ist die
teigige Anlage der Haare, deren ornamentale Starrheit mit
einer feinen, fast peniblen Ziselierung der Details einhergeht. Ähnliches ist am Körper zu beobachten. Die ausgreifenden Bewegungen finden nicht nur im teilnahmslos
nach vorn blickenden Gesicht, sondern auch im kaum
bewegten Oberkörper keine Entsprechung und sind zur
Pose erstarrt. Dieselbe Zurücknahme dynamischer Elemente zeigt sich in der die Oberfläche beruhigenden Verschleifung der Körperformen und in der flachen Konturenführung.
Lit.: Kat. Niessen3 219 Nr. 4221 (Köln); RaR219 Kat. C
91; RI 138 Abb. 267 ("Genius"); Ristow, Religionen 38 f.
Abb . 35 .
ZumTypus vgl. Kat. 1. Die Benennung als Amor ist durch
die Scheitelzopffrisur gesichert. Die fehlenden Flügel sprechen nicht dagegen, wie etwa mythologische Szenen auf
Sarkophagen zeigen, in denen Amor sowohl mit als auch
ohne Flügel erscheint 1• Was für ein Attribut die geöffnete
linke Hand hielt, ist angesichts der vielen Möglichkeiten
bei Amor nicht zu entscheiden; in Frage käme am ehesten
wohl ein ApfeF. Sehr gut vergleichen läßt sich- bei umgekehrter Arm- und Beinstellung- in Haltung, Körperformen, Frisur und in der Größe ein gleichfalls flügelloser
339
Ste fa n Ritter
Abb . 4.
Abb . 5. Wie Abb. 4. Rückseite.
Amor. RG M Inv. N . 4221. Kat. 2.
Amor, der in Trier gefunden wurde 3 . Die glatte, großflächige Körperbildung, die Zurücknahme dynamischer Elemente in Haltung und Oberflächenmodeliierung und die
ornamentale H aargestaltungweisen in das mittlere 2.Jahrhundert n. Chr.
1
G. Koch - H. Sich termann, Römische Sarkophage, H eiAreh (1982)
206 ff.
2
vgl. Boucher, Lyon 6 Nr. 10. Einen Apfel stellt wohl auch der kugelige Gegenstand bei einer Statuette in Chalon-sur-Saone dar: Boucher,
Chalon-sur Saone 58 f. Nr. 33.
3
Menzel , Trier 24 Nr. 51 Taf. 22 f. (H . 13 cm).
3 Amor
Abb. 7-9
Inv. Lü 598. - FO : "Köln (?)" (Kat. Lückger). - H. 5,6 cm.- Vollguß. H ellgrüne Patina. Beide H ände und zum Teil rechter Fuß abgebrochen.
Abb . 6.
Wie Abb. 4. Dreiviertelansicht
Der Knabe ist mit gestrecktem Körper im Lauf dargestellt.
Das rechte Standbein saß offenbar mit ganzer Sohle auf,
das linke Bein, gleichfalls mit angewinkeltem Fuß
gestreckt, ist nach hinten geschwungen. Chiastisch zur
Beinstellung ist der linke Arm, von der Kopfwendung
gefolgt, schräg nach oben gereckt, während der rechte in
entgegengesetzter Richtung nach hinten gesenkt ist. Im
rundlichen Gesicht sind, getrennt durch die knollige
Nase, Mund und Augen eingepunzt. Vom Scheitelzopf
aus ziehen sich gewellte Haarsträhnen zu den Seiten und
340
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 7-9.
Amor. RGM Inv. Lü 598. Kat . 3.
rollen sich vor den Ohren zu kleinen Haarschnecken ein.
Die kleinen, ausgebreiteten Flügel sind nur auf der Vorderseite mit Ritzungen verziert. Die Bewegungswiedergabe
bereitete offenbar Probleme. Wohl um den Unterschied
zwischen Stand- und zu steifem Spielbein augenfällig zu
machen und die Bewegungsachse Standbein -linker Arm
zu verlängern, ist das zurückschwingende linke Bein
erheblich verkürzt. Zum anderen hat man, um zu verhindern, daß der rechte Flügel vom Arm verdeckt wird, ihn
einfach erhöht angebracht, so daß er halb an der Schulter,
halb am zurückgelegten Hinterkopf sitzt.
beobachten; als Beispiele seien eine Statuette in Bonn,
die dort gefunden wurde 1, sowie Exemplare in Lyon2 und,
noch kleiner als das Kölner Exemplar, aus Nijmengen3
genannt. Die rechte Hand wird aufgrund der Armstrekkung wohl abgespreizt gewesen sein, vgl. Kat. 1.
1
2
3
Menzel, Bonn 22 Nr. 47 Taf. 21 (FO: Bonn, am Wichelshof).
Boucher, Lyon 3 Nr. 5.
Zadoks, Netherlands II 2 f. Nr. 1 (H. 4,9 cm).
Abb. 10.11
4Amor
Lit.: Kat. Lückger 102 Nr. 598.
Inv. 77,397.- FO: Köln, Klein St. Martin/ Pipinstr. (Inventar)- H . 10,1
cm.- Vollguß.- Grün-braun gefleckte Patina. Oberfläche zum Teil stark
korrodiert. Rechter Fuß und linker Unterarm abgebrochen.
Zum Typus vgl. Kat. 1. Die auffällig gestreckte, steife Haltung des nach hinten gesetzten Beines läßt sich öfters
Abb. 10.
Abb. 11.
Amor. RGM Inv. 77,397. Kat. 4.
341
Wie Abb. 10. Rückseite.
Stefan Ritter
Amor ist im Lauf mit nach vom ausgreifendem rechtem
und nach hinten geschwungenem linkem Bein dargestellt.
Auf den prallen Schenkeln sitzt der füllige Oberkörper
mit zwei kleinen, massigen Flügeln . D er linke Arm greift,
leicht erhoben, nach vom aus, der rechte ist mit abgespreizter Handfläche seitlich nach hinten gestreckt. Am
kugeligen Kopf ist vom Gesicht nur noch die Grundform
übrig. Lange, gewellte Haare fallen bis auf die Schultern
herab .
Unveröffentlicht.
Zum Typus vgl. Kat. 1. Im Laufschema und den ausgreifenden Bewegungen sind ein schlankerer Amor aus Trier 1
und, bei umgekehrter Arm- und Beinhaltung, ein voluminöserer und lebendiger modellierter Amor in Bonn2 vergleichbar.
1
2
Abb . 12. Amor. RGM lnv. N 8899. Kat. 5.
Menzel, Trier 24 Nr. 51 Taf. 22 f.
Menzel, Bonn 18 Nr. 37 Taf. 18 f.
5 Amor
Abb. 12.13
lnv. N 8899 . - FO: Köln (Kat . Niessen).- H. noch 4,7 cm. - Vollguß.Hellgrüne Patina, Oberfläche poliert. Beide Füße, die rechte H and und
der größere Teil des rechten Flügels abgebrochen .
Der Gott, von jugendlichem Körperbau, hat das linke
Spielbein zur Seite gesetzt. Der rechte Arm ist seitlich
gesenkt, der linke nach vorn angewinkelt. Von der linken
Schulter fallt nach hinten ein Mäntelchen, das, an der
Hüfte nach vorn geführt, über dem angewinkelten Unterarm außen herabhängt. Der Kopf ist zur Standbeinseite
hin geneigt. Unter den flachen Brauen liegen große, deutlich herauspräparierte Augäpfel. Die nackenlangen Haare
verlaufen in hart gekerbten, lang durchgezogenen Strähnen von der Kopfmitte in alle Richtungen. An den Schulterblättern sitzen mächtige Flügel, die auf der Vorderseite
am unteren Rand mit leichten Ritzungen verziert sind.
Die einzelnen Kompartimente des Körpers, etwa Bauchplatte und Brustkorb, sind abgeflacht und durch Mulden
voneinander abgesetzt.
Abb. 13.
mälde aus Herculaneum hält er rechts ein Schächtelchen
und links eine situla2 • Bei der Köln er Statuette fehlen Hinweise auf die Attribute, so daß ihre Art und damit der
Kontext unklar bleiben.
1
2
LIMC II1 (1986) s. v. Eros 981 Taf. 666.
LIMC III (1986) s. v. Eros/Amor, Cupido Nr. 642 Taf. 722.
Unveröffentlicht.
6 Bacchus
DerTypus mit über den angewinkelten linken Arm geworfenem Mäntelchen und gesenktem rechtem Arm ist selten und stellt auch unter Bronzestatuetten eine Ausnahme dar. Amor erscheint dergestalt etwa auf einer kaiserzeitlichen Mamorstele in Thessaloniki, in der linken
eine gesenkte Fackel über einem Altar und in der Rechten
einen Globus haltend; daneben schwebt auf einem weiteren Globus eine kleinere Victoria 1. Auf einem Wandge-
Wie Abb. 12. Rückseite .
Abb. 14-16
lnv. M 1413. - FO: angeblich an der Mosel gefunden (Inventar).
Ankauf 1908.- H . 11 cm .- Vollguß .- Hellgrüne Patina. Oberfläche auf
der Vorderseite durch Kerben beschädigt. Rechter Fuß abgebrochen,
Attribut in der linken H and fehlt.
Bachus steht auf dem rechten Bein und hat bei engem
Stand das linke leicht zur Seite gesetzt. Der herabhängende rechte Arm schließt die Standbeinseite, während
342
Die antiken Bronzen im Römis ch - Germanischen Mu se um Köln
Abb. 14-16.
Bacchus. RGM lnv. M 1413. Kat. 6.
dem bewegten Spielbein der zur Schulter angewinkelte
linke Arm entspricht. Die Linke hielt den leicht nach hinten geneigten Thyrsosstab, und auch in der Rechten saß,
senkrecht eingelassen, ein Attribut. Die mit feinen Kerben
verzierte Nebris wird auf der rechten Schulter von einer
Fibel gehalten und legt sich um die linke Hüftpartie; zwei
Tatzen hängen über den Oberschenkel herab. Der Kopfist
zur rechten Körperseite gewandt, der Blick schweift in die
Ferne. Im vollen Gesicht sitzt der schmale, gerade Mund
sehr hoch. Die Augäpfel, unter flachen Brauenbögen liegend, sind horizontal gekerbt, die Iris ist gebohrt. Das mit
Weinlaub bekränzte Haar ist im Nacken zu einer Haarrolle zusammengefaßt und fällt von hier in zwei Zöpfen
über die Schultern. Im Stirnhaar sitzen über der Kranzbinde zwei kleine Hörner. Die Oberflächenkompartimente sind flach gebildet, der Eindruck wird von den
schwingenden Körperkonturen bestimmt.
Parallelen Trauben oder ein Kantharos. Die Kölner Statuette weicht von den Vergleichsstücken im Fehlen der
Schuhe und darin, daß die Nebris von der rechten statt
von der linken Schulter herabhängt, ab 3 . Eine weitere
Besonderheit sind die kleinen Hörner, die den Gott als
Bacchus Tauras kennzeichnen und sich fast ausschließlich bei Darstellungen aus dem östlichen Mittelmeergebiet finden 4 . Die einzige bekannte Ausnahme neben dem
Kölner Stück (wenn es tatsächlich aus der Mosel stammt)
stellt eine Statuette aus Osijek dar5 , so daß die Vermutung
I. Manfrini-Aragnos, diese Darstellungen seien i.m Zuge
der Verlegung von Legionen aus dem Osten an Donau
und Rhein gelangt6, nicht unwahrscheinlich ist. Die glatte,
kühle Oberflächenbildung, der überlängte Körper mit
dem kleinen Kopf und die an Arltinoos-Statuen erinnernde müde Eleganz in Haltung und Ausdruck legen
eine Datierung in das mittlere 2.Jahrhundert n. Chr. nahe.
Lit.: RaR217 Kat. C 81 Taf. 68; RI 150 Abb. 292; Ristow,
Religionen 53 Abb. 29 ; I. Manfrini-Aragno, Bacchus dans
les bronzes hellenistiques et romains (1987) 71 f. Nr. 5
Abb. 76. 165 f. 185.
1
Ausfuhrlieh zum Typus, mit Liste : I. Manfrini-Aragno, Bacchus
dans !es bronzes hellenistiques et romains (1987) 71 ff. mit Abb. 72-80.
2
ebenda 72 mit Abb. 72-75. 80
3
ebenda 71.
4
ebenda 165 f.
5
ebenda 107 Abb. 173.
6 ebenda 184.
Charakteristisch für diesen häufiger anzutreffenden Typus
ist der eng angewinkelte, nur bis auf Schulterhöhe erhobene Arm 1• Die verschiedenen Exemplare, die aus Macon,
Amiens, Pannonien, Athen und von den ionischen Inseln
stammen2, gleichen sich im Haltungsschema, in Arm- und
Beinhaltung sowie der KopfWendung. Während in der
erhobenen Linken der Thyrsosstab zu ergänzen ist, finden sich in der herabhängenden rechten Hand bei den
343
7 Ceres
A bb. 17-19
lnv. 25,74. - FO : Köln, Ecke Jakob-/ Severin straße (Angabe von Antiquar Schoras). Ankauf von Schoras 1925. - H . 10 cm. - H ohlguß.
Schwarzgraue Patina. Rechtes H orn des Kopfschmuckes abgebrochen.
Eingesetzter rechter Unterarm fe hlt.
Stefan Ritter
Abb . 17-19. Ceres. RGM Inv. 25,74. Kat. 7.
Die Göttin steht mit zurückgesetztem rechtem Spielbein
und herausgeschobener linker Hüfte. Im nach vorn
gesenkten linken Arm hält sie einen Ährenstrauß; der
rechte Arm ist zur Seite hin angewinkelt. Der Chiton hüllt
den Körper einschließlich der Füße vollständig ein. Das
Himation ist, von der linken Schulter kommend, über
den Kopf gezogen, spannt sich um den angewinkelten
rechten Arm und die rechte Körperseite und fällt über die
linke Schulter nach hinten. Das nach vorn gewandte
Gesicht wird von fein herausgearbeiteten, dünnen Haarsträhnen gerahmt. In den kreisrunden Augenhöhlen sind
die Pupillen eingepunzt. Der Kopfschmuck besteht aus
einem modius, über den das Gewand gezogen ist, und
darüber einem halbmondförmigen Aufsatz. Die auf breiter Unterseite fest stehende, blockartige Figur ist eng von
den Gewändern eingeschnürt. Der Konzentration auf die
Vorderansicht entspricht, daß sich, abgesehen von einigen
Kerben in der rückwärtigen Mantelbahn, die feinen Faltemitzungen auf die Vorderseite beschränken.
Lit. : H. Dütschke, BonnerJahrb. 64,1878,74 Nr. 31; Klinkenberg, Köln 338 Nr. 8 ("Demeter?").
Die Göttin in einem fur Ceres charakteristischen Typus
dargestellt 1• EntsprechendeMamorstatuen zeigen, daß sie
in der Rechten eine Fackel hielr. Ungewöhnlich ist der
halbmondförmige Kopfaufsatz, der vielleicht eine Affinität zu Luna bezeichnet. Die straffe Einschnürung des
blockhaften Körpers durch die Gewänder zeigt deutliche
Anlehnung an Formen des frühen Hellenismus.
1
vgl. etwa die Bronzestatuette in Köln, RGM, Inv. 25,89 (ohne FO)
mit gleichfalls überden Modius gezogenem Gewand und ein Exemplar
in Paris, LIMC IV (1988) s. v. Demeter/ Ceres 75 Taf. 602.
2
ebenda s. v. Demeter/ Ceres 189. 190.
8 Fortuna
Abb. 20.21
Inv. Metall 795.- FO: "Köln?" (Inventar). Ankauf 1893 . - H. 6,3 cm.Vollguß. - Schwarzgrüne Patina. Oberfläche stark gereinigt. Kopf wieder angesetzt, Delle auf Kalotte offenbar Gußfehler. Oberer Teil des
Füllhorns abgebrochen.
Die Göttin trägt einen bodenlangen Chiton, unter dem
nur der Fuß des zur Seite gesetzten rechten Spielbeines
hervorlugt; er ist gegürtet und bedeckt die Oberarme bis
zum Ellenbogen. Ein Mantel ist schräg um die rechte Körperseite geschlungen und fällt über den linken Oberarm
nach hinten. Die gesenkte Rechte faßt den umgebogenen
Griff des Steuerruders, während die Linke ein dem Armkontur folgendes Füllhorn hält. Ein sich um das Haupt
ziehendes, mit kleinen Kerben gestricheltes Band bezeichnet entweder einen Haarkranz oder ein Diadem. Die
Gewandoberfläche ist nur durch wenige eingeritzte Faltentäler gegliedert.
Lit.: Reinach, RSt III 81,5.
Fortunadarstellungen dieser Art sind in Italien wie in den
Provinzen sehr verbreitet, wobei die Göttin als Kopfschmuck ein Diadem oder einen modius oder beides tragen kann. Als Beispiele mit bekanntem Fundort und in
344
Di e antiken Bron z en im Römi sch-Germ ani schen Mu seum Köln
Lit.: RaR 226 Kat. C 116; G. Ristow, Kölner Jahrb. 10,
1969, 68 Nr. 5 ("Fortuna-Isis").
Da das Attribut in der Rechten keineswegs, wie von G.
Ristow postuliert, eine "Isis-Rassel"' darstellt, sondern ein
wie etwa von der Fortuna Kat. 8 gehaltenes Steuerruder,
und auch der ein wenig unförmige Kopfaufsatz keine
Reste des für Isis charakteristischen Kopfschmuckes erkennen läßt, sondern ohne weiteres als modius angesehen
werden kann, spricht nichts gegen eine Identifizierung der
Göttin als Fortuna. Darstellungen der gelagerten Fortuna
sind selten; eine gut vergleichbare und ebenfalls ungewöhnlich winzige Statuette wurde in Xanten gefunden2 •
1 RaR a. 0 .; Kölner Jahrb . a. 0 .
2
Abb. 20.21.
Menzel, Bonn 39 Nr. 85 Taf. 46 (H. 2,9 cm, L. 3 cm).
Fortuna. RGM Inv. 795. Kat. 8.
vergleichbar kleinem Format seien eine Statuette aus der
Nähe von Buie/ Istrien (in Triest) 1, zwei aus Carnuntum2
und eine aus Aventicum3 angeführt. Zu den zahlreichen
Darstellungen, in denen Isis als Fortuna erscheint, s. Kat.
19.
1
Cassola Guida, Trieste 89 Nr. 72 (H . 7,5 cm. Diadem und modius).
Fleischer, Österreich 91 Nr. 109 Taf. 59 (H . 6,6 cm . modius). 92
Nr. 110 Taf. 59 (H . 7,6 cm . Diadem).
3
Leibundgut,Avenches 48 Nr. 31 Taf. 35 (H . 7 cm. Diadem mit Aufsatz).
2
Abb . 22.
9 Fortuna
Fortuna. RGM lnv. 25,649. Kat. 9.
A bb. 22.23
lnv. 25 ,649.- FO : Köln (Inventar). Ankauf von Antiquar Springensgut
1925.- H. 2,6 cm. Br. 4,0 cm . - Vollguß . Hellgrüne Patina.
Die winzige Göttin ist seitlich gelagert dargestellt, das Körpergewicht ruht auf dem aufgestützten linken Unterarm.
In der Armbeuge hält sie ein Füllhorn, während der
nackte rechte Arm lässig über den Oberschenkeln liegt.
Sie trägt über einem ärmellosen Chiton ein Himation,
das, unter der rechten Achsel in breiten Faltenbahnen
schräg über den Körper geführt, über die linke Schulter
gelegt ist und hinten bis zu den Füßen durchläuft. Der
Abb. 23. Wie Abb. 22. Rückseite.
Kopf ist leicht zur rechten Körperseite hin erhoben.
Kleine Kerben bezeichnen die Augen. Über der Stirn ragt
A bb. 24.25
10 Genius
im langen, zu einem Nackenknoten zusammenlaufenden
Haar ein Aufsatz auf. Ein trotz des kleinen Formates sorglnv. Metall 63 5. - FO : Köln, Spieserhof, 188 1 (Inventar). Ankauf 189 1.
fältig ausgearbeitetes, flaches Steuerruder liegt vor der - H. 10 cm. - Vollguß. - Schwarzgraue Patina, O berfläche stark gereirechten Hand, nach hinten geneigt, über den Unterschen-, nigt.
keln.
DerTogatus steht mit leicht zurückgesetztem und angehobenem rechtem Bein. Um die Fersen ist die Schnürung
345
Stefan Ritter
Abb . 24.
Genius. RGM Inv. M. 635. Kat. 10.
Abb. 25.
der Schuhe eingraviert. Die Toga ist über den Kopf gezogen, dersinusbedeckt gerade den Oberschenkel, während
der flache umbo nur wenig ausgezogen ist. Er hält in der
leicht gesenkten Rechten eine als flache Scheibe wiedergegebene patera und in der nach vorn geführten Linken
einen oben leicht gebogenen rotulus. Der Kopf ist zur
Standbeinseite gedreht. Über dem sehr kleinen Mund
geht die gerade Nase in hoch gewölbte Brauen über; die
Pupillen waren in den groß gebohrten Augäpfeln wohl
aus anderem Material eingelegt. Die Haarkalotte weist
wenige geritzte Härchen auf. In die Gewandoberfläche
sind flache, weich ineinander übergehende Falten eingetragen.
Lit.: Reinach,RSt III 144,9; RaR228 Kat. C 131; H. Kunkkel, Der römische Genius, 20. Ergh. RM (1974) 97 Kat. F
V 13.
DerTogatus steht mit zurückgesetztem rechtem Bein und
hält in der leicht gesenkten Rechten eine patera. Die Toga
ist über den Kopf gezogen, der sinus hängt bis über das
rechte Knie herab, der kleine umbo ist U-förmig ausgezogen. Im beschädigten Gesicht ist der Mund leicht geöffnet, die scharf abgesetzten Augäpfel sind gebohrt. Die
Stirn wird im Halbkreis von dünnen, nach vorn gekämmten Haarsträhnen gerahmt. Die massigen, nur durch vereinzelte Ritzungen aufgelockerten Falten sind tief unterschnitten; unter dem Stoff zeichnen sich das rechte Bein
und der Oberkörper ab .
Lit.: Kat. Niessen 3 220 Nr. 4226 Taf. 127; RaR228 Kat. C
128; H. Kunckel, Der römische Genius, 20. Ergh. RM
(1974) 97 Kat. F V 12 Taf. 60,3. 4; Kaufinann-Heinimann,
Neufunde 37 Anm. 6 (zu Kat. 33).
Die Statuette gehört zum selben Typus wie Kat. 10. In der
Linken ist eine Schriftrolle zu ergänzen. Kurrekels Datierung des Stückes in trajanische Zeit ist angesichts der
Haargestaltung beizupflichten.
Die Statuette gehört mit der patera in der Rechten und
einer Schriftrolle in der Linken zum Typus der privaten
Genien 1• H. Kurrekel datierte das Stück in ihrer Untersuchung zum römischen Genius in trajanische Zeit, doch
könnte es wegen des am Knie endenden sinus und des
nur wenig ausgezogenen umbo durchaus bereits in flavischer Zeit entstanden sein.
1
12 Genius
Kunckel a. 0 . 96 ff. Typus F V.
11 Genius
Wie Abb. 24. Rückseite.
o. Inv. Aufbewahrungsort unbekannt.- FO: Köln, Dom (Fundbericht
69,2; s. o. S. 319). - H. 5,8 cm.- Vollguß. Stark korrodiert.
Abb. 26.27
DerTogatus steht capite velato mit einer acerra in der Linken; in der rechten Hand ist eine patera zu ergänzen.
Inv. N 4226. - FO: Köln (Kat. Niessen). - 12,5 cm. - Hohlguß. Schwarzgraue, hellgrün gefleckte Patina. Linke Hand und linker Fuß
abgebrochen .
346
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 26.
Abb. 27.
Genius. RGM Inv. N 4226. Kat. 11.
Lit.: H. Kunckel, Der römische Genius, 20. Ergh. RM
(1974) 94 Kat. F III 28 Taf. 52,4.
Der Knabe steht mit entlastet vorgesetztem linkem Bein
und herausgeschobener rechter Hüfte. Der Kopf ist zur
Spielbeinseite gewandt, wo der Zeigefinger des linken
Armes den Mund berührt. Auf dem zur Seite gehaltenen
rechten Arm liegt eng ein schmales, in die Hornslocke
übergehendes Füllhorn. Auf dem Haupt sitzt eine ägyptische Doppelkrone. Bei der kleinformatigen Statuette
besticht die feine Kaltarbeit.
Zum Typus s. Kat. 10 und 11, nur mit acerra statt des rotulus. H. Kunckels Datierung in trajanische Zeit konnte
nicht überprüft werden.
13 Harpokrates
Abb. 28.29
Inv. Metall 50.- FO: Köln (laut Aldenhoven s. u.). Ankauf 1891.- H. 4
cm.- Vollguß. -Olivgrüne Patina. Die Spitze des Füllhorns abgebrochen. Oberfläche am Kopf stark abgerieben.
Abb . 28.
Wie Abb. 26. Rückseite.
Lit.: C. Aldenhoven, Westdeutsche Zeitschrift 10, 1891,
407; A. Kisa, BonnerJahrb. 93, 1892, 36; Reinach, RSt III
142,2; K.Parlasca,KölnerJahrb. 1, 1955, 22Anm. 9 a; RaR
Abb . 29.
Harpokrates. RGM Inv. M. 50. Kat. 13.
347
Wie Abb. 28. Rückseite.
Stefan Ritter
226 Nr. C 120; G. Ristow, Kölner Jahrb. 10, 1969, 71 Nr.
34 Taf. 9,1; Grimm, Zeugnisse 157f. Kat. 41 Taf. 38,1;
LIMC N (1988) s. v. Harpokrates 53b (Tran Tarn TinhB. Jaeger- S. Poulin).
Harpokrates, der im Umkreis des Isis- und Serapiskultes
auftretende Horusknabe, ist in zahlreichen Denkmälern
aus Germanien anzutreffen, so auch in Bronzestatuetten 1.
Der an den Mund gelegte Zeigefinger war ursprünglich
ein Zeichen der Kindlichkeit und wurde in römischer Zeit
als Schweigegestus オュァ・、エセ[@
abweichend von den
meisten Darstellungen nimmt der Kölner Harpokrates
hierzu den Zeigefinger der linken Hand. Besonders gut
vergleichbar ist- bei umgekehrter Stellung und mit überkreuzten Beinen -in Größe, Haltung und Körperformen
eine in Linz gefundene Statuette3 .
1
s. LIMC IV (1988) s. v. H arpokrates (Tran Tarn Tinh- B. JaegerS. Poulin).
2
s. Th. Hoepfner, Fontes historiae religionis Aegyptiacae (1922/ 25)
Index S. 842; Grimm, Zeugnisse 120 Anm. 1.
3
Fleischer, Ö sterreich 112 Nr. 143 Taf. 75 (H. 5,1 cm).
14 R arpakrates
Abb . 30.
H arpokrates . RGM Inv. 25,405. Kat. 14.
Abb. 30.31
Inv. 25,405. - FO: Köln ? (Inventar: "Die Figur stammt mit den folgenden Stücken . . . aus dem Besitze des San.Rats Dr. Braubach-Köln .. .
Die ganze Sammlung ward zum Preise von Mk. 7700 angekauft ; aus
dem Verkauf von italischen, syrischen und falschen Stücken wurden
etwa 1800 Mk. rückerlöst. Das hier verzeichnete Material dürfte mit
Bestimmtheit Kölner Fundortes sein , wenn auch in keinem Falle etwas
Näheres bekannt ist". Dieselbe unsichere Herkunftsangabe gilt auch
für Kat. 21, 37, 51, 56,79 und 80). Ankauf 1925. - H . 5,3 cm.- Vollguß.Graugrüne Patina. Köpfe der Tiere rechts und links, Baumspitze und
unterer Teil des Füllhorns abgebrochen .
Der Knabe steht auf einer breiten Standplatte und stützt
sich mit dem linken Arm an einen Baumstamm, um den
sich eine Schlange windet. Auf der Platte sind die Körper
zwei er Tiere erhalten: neben Harpokrates der eines sitzenden Vierbeiners, neben dem Baum der eines Vogels. Der
Gott hat bei zusammengepreßten Oberschenkeln den
Fuß des linken Spielbeines weit zur Seite gesetzt, die
rechte Hüfte ist stark herausgeschoben. Der rechte Zeigefinger faßt zum Mund, im linken Arm hält er ein Füllhorn. Über den Schultern liegt ein Mäntelchen; auf dem
Rücken sind noch die Stümpfe abgebrochener Flügel
erhalten. Im langen, gewellten Haar befindet sich über der
Stirn ein länglicher, stabförmiger Aufsatz, dessen Oberseite nach hinten abgeschrägt ist.
Lit.: RaR227Kat. C 121; G. Ristow,KölnerJahrb . 9,1967/
1968, 108 Taf. 31,3; ders., KölnerJahrb. 10, 1969,71 Nr.
32; Grimm, Zeugnisse 19 Nr. 8 Taf. 38,3; LIMC IV(1988)
Abb. 31.
Wie Abb . 30. Rückseite.
s. v. Harpokrates 53 b (Tran Tarn Tinh- B.Jaeger- S. Poulin).
Welche Tiere links und rechts auf der Standplatte zu
ergänzen sind, zeigen zwei ganz ähnliche Kompositionen
in Vienne 1 und Lyon2 , bei denen rechts des Gottes ein
Hund und links von ihm, auf einem von einer Schlange
umwundenen Baum, ein Falke sitzen. Daß, wie bei der
Köln er Gruppe, Harpokrates sich an den zur Mitte gerückten Baum lehnt und der Falke am Boden hockt, ist etwa
bei einer Gruppe aus Pompeji belegt3 ; von hier stammt
auch eine ebensolche Darstellung des Harpokrates, bei
der die Tiere fehlen 4 • Bei dem wenig differenzierten Kopf-
348
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 32-34.
Harpokrates. RGM lnv. N 8897. Kat. 15.
aufsatz kann es sich durchaus um die verkürzte Wiedergabe einer ägyptischen Doppelkrone handeln 5 , so wie sie
auch die Harpokratesstatuetten Kat. 13 und 15 tragen. Da
der Typus weit verbreitet war, erscheint die lediglich vermutete Herkunft aus Köln nicht gänzlich unwahrscheinlich6.
äpfel knopfartig vor. Im aus Lockensicheln bestehenden
Haar sitzen ein Blattkranz und eine kleine ägyptische
Doppelkrone. Die Körperkompartimente, insbesondere
die Fettpolster am Bauch, sind in feinem Relief deutlich
herausgearbeitet.
Lit.: RaR 226 Kat. C 118; G. Ristow, Kölner Jahrb. 10,
1969,71 Nr. 35; Grimm, Zeugnisse 156 f. Kat. 40 Taf. 39;
Ristow, Religionen 58f. Abb. 61; LIMC IV (1988) s.v.
Harpokrates 53 b (Tran Tarn Tinh- B. Jaeger- S. Poulin).
1
Boucher, Vienne. 73 Nr. 28; LIMC IV (1988) s. v. Harpokrates 113
c Taf. 245 (Tran Tarn Tinh - B. Jaeger- S. Poulin).
2
Boucher, Lyon 32 Nr. 55.
3
Tran Tarn Tinh, Essai sur le culte d'Isis a Pompei (1964) 162
Nr. 104 Taf. 21,2.
4
ebenda 162 Nr. 107Taf. 12,1.
5
s. auch Grimm, Zeugnisse 19 zu Nr. 8.
6
so auch Grimm (ebenda).
Zum Typus vgl. Kat. 13 und 14. Vergleichsbeispiele mit
bekanntem Fundort stammen aus Avesnes (in Lille) 1 und
der Nähe von Verona2 .
1
15 Rarpakrates
Abb. 32-34
2
lnv.N 8897.-FO: Köln (Kat.Niessen).-H. 8,1 cm.- Vollguß.-Dunkelgrüne Patina.
Der jugendliche Gott hat das linke Spielbein mit aufsitzender Sohle leicht nach vom zur Seite gesetzt. Auf der
linken Schulter liegt das Ende eines Mäntelchens, das,
über den Rücken unter der Achsel hindurch nach vom
geführt, über den linken Unterarm herabhängt. Die Linke
hält ein am Oberarm aufragendes, mit Früchten gefulltes
Füllhorn, die Hand des angewinkelten rechten Armes
weist mit allen Fingern zur Schulter. Im rundlichen
Gesicht mit dem lächelnden, leicht geöffneten Mund
springen zwischen scharf geschnittenen Lidern die Aug-
E. Guimet, RA 20, 1912, 206 Abb. 6-8.
Franzoni, Verona (1973) 103 Nr. 82.
16 Rarpakrates
Abb. 35-37
lnv. N 4223.- FO: Köln (Kat. Niessen).- H. 5,7 cm.- Hohlguß.- Dunkelgrüne Patina. Zeigefinger der rechten Hand, oberer Teil des Füllhorns sowie Teile des Kopfaufs atzes abgebrochen.
Der mit untergeschlagenem rechtem Bein am Boden sitzende Knabe ist mit einem langen dünnen Gewand
bekleidet. In der linken Armbeuge hält er ein Füllhorn,
der abgebrochene Zeigefinger der rechten Hand war zum
vollippigen Mund gefuhrt. Im runden, zur rechten Körperseite hin erhobenen Kindergesicht ist der Mund
349
Stefan Ritter
Abb . 35-37.
Harpokrates. RGM lnv. N 4223. Kat. 16.
lächelnd geöffnet. Über der Stupsnase sitzen große, runde
Augen. Vom rechten Ohr hängt eine Haarsträhne
schwungvoll auf die Schulter herab, und ein Lockenkranz
umzieht die mit einem Scheitelzopfverzierte Kalotte. Der
Kopfaufsatz ist im oberen Teil abgebrochen. In die ansonsten geschlossene Gewandoberfläche sind wenige Faltentäler kräftig eingekerbt.
17 H ermes-Thot
Inv. N 418 9.- FO: Köln ? (widersprüchliche Angaben in der Lit. , s. u.).
Ehemals Sammlung Niessen.- H . 9 cm.- Vollguß . - Olivgrün-bräunliche Patina.
Lit. : Kat. Niessen 3 219 Nr. 4223 Taf.127; RaR226 Kat. C
117; G. Ristow, KölnerJahrb . 10, 1969,71 Nr. 36; Grimm,
Zeugnisse 158 Kat. 42 Taf. 38,2.
Am Boden sitzend, erscheint Harpokrates in unterschiedlicher Aufmachung: nackt etwa in einer Statuette in Baltimore1, halbnackt - mit einem schrägen, den O berkörper
gerade zur Hälfte bedeckenden Mäntelchen - in Lyon2
und, analog zur Kölner Statuette, völlig bekleidet in Verona3. Mitunter hockt der Knabe, wie bei der Statuette in
Verona, dabei auf einem Lotoskelch4 . Der abgebrochene
Kopfaufsatz ist wohl als ägyptische Doppelkrone zu
ergänzen, vgl. Kat. 13 und 15. Die charakteristische
Jugendlocke über dem rechten Ohr sichert zusätzlich die
Benennung5•
1
Abb. 38-40
D. K. Hili, Catalogue of Classical Bronze Sculpture in the Walters
Art Gallery (1949) 39 Nr. 76 Taf. 16.
2 Boucher, Lyon 33 Nr. 56.
3
Franzoni , Verona (1973) 104 Nr. 83.
4
zum Motiv: H . Jucker, D as Bildnis im Blätterkelch (1961) 193 f.
Abb . 103 f. 107.
5
zur Horuslocke: V. v. Gonzenbach, Untersuchungen zu den Knabenweihen im Isiskult der römischen Kaiserzeit (1957) passim. Vgl.
dazu d1e RezensiOn von L. Cas tiglione, Gnomon 31, 1959, 539 ff.
Der Gott trägt, das linke Spielbein zurückgesetzt, Flügelschuhe und eine um Schultern und linken Oberarm
gelegte Chlamys. Im linken Arm hält er den caduceus in
der vorgestreckten Rechten einen schlauchartigen gセャ、ᆳ
beutel. Der kleine Kopf ist leicht zur Standbeinseite
gewandt. Der Mund lächelt, die Nase ist schmal und kräftig, Augen und Ohren sind nur flach angegeben. Auf der
mit überaus fein geritzten Härchen überzogenen und mit ·
einer Binde geschmückten Kalotte sitzen zwei kleine Flügel und dazwischen ein Lotosblatt. Am schlanken Körper
sind die einzelnen Partien des Rumpfes - Brustmuskel,
Rippenbogen, Bauchplatte und Leistengegend von fester
Plastizität und in sorgfaltiger Kaltarbeit präzise voneinander abgegrenzt. Die voluminösen Gewandfalten sind
durch fein geritzte Faltentäler voneinander getrennt.
Lit. : Kat. Niessen 1 24 Nr. 5 Taf. 13, 15 (keine Fundangabe); Kat. Niessen2 54 Nr. 1068 Taf. 18,2 (Oberrhein); A.
Furtwängler, Bonner Jahrb. 108/ 9, 190112, 243 (= ders.,
Kleine Schriften 2 (1913) 376 (Köln); Kunsthistorische
Ausstellung Düsseldorf 1902. Illustrierter Kataloi (1902)
103 Nr.1043 (Köln); Kat.Niessen3 217Nr.4189Taf.124
(keine Fundangabe); RaR 216 Nr. C 75; Grimm, Zeugnisse 67 Anm. 3 ("als Kölner Fund sehrfraglich"). 167 f. Nr.
59 Taf. 59,2; RI 141 Abb. 272.
350
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb . 38-40.
Hermes-Thot. RGM Inv. N 4189. Kat. 17.
Entscheidend für die Deutung ist das bei etlichen Bronzestatuetten des Hermes vorkommende Attribut über der
Stim1: ein Lotosblatt, welches auf die Verbindung des
Gottes mit Thot und Anubis verweist; der Vergleich mit
entsprechenden Münzbildern sichert die Benennung als
Hermes-Thor. Die gleiche Ausrüstung zeigt, bei etwas
schwungvollerer Körperhaltung, eine Statuette aus Pompeji (in NeapeV. Der überlängte Körper mit dem kleinen
Kopf, die elegante Pose und die geglätteten Körperformen weisen in antoninische Zeit.
1
Darstellungen gesammelt von A. Furtwängler, BonnerJahrb. 103,
1898, 1 ff.; 107, 1901,45 ff.; 108/ 09, 1902, 240 ff.; 114/ 15, 1906, 193 ff.
(alle Aufsätze abgedruckt in: A. Furtwängler, Kleine Schriften 2 (1913)
350 ff.).
2
s. hierzu Grimm, Zeugnisse 168 mit Anm. 3. 4.
3
LIMC VI (1992) s. v. Mercurius 43 Taf. 276 (E. Simon).
18 Isis
Abb. 41-43
lnv. Lü 555.- FO: Köln (Kat. Lückger).- H. 11,3 cm.- Vollguß.- Grauschwarze Patina. Das Attribut in der linken Hand und oberer Teil des
Sistrums verloren.
Die Göttin trägt, das linke Bein entlastet zur Seite gesetzt,
einen bodenlangen, unter der Brust gegürteten Chiton
und darüber ein von der linken Schulter um die rechte
Hüfte nach vom geführtes, über den linken Unterarm herabhängendes Himation. In der rechten Hand hält sie den
Griff eines sistrum; das in der Linken waagerecht gehaltene Attribut ist verloren. Im Gesicht mit dem kräftigen
Kinn sind unter flachen Brauenbögen die Augäpfel durch
Ritzungen deutlich abgesetzt. In der Mitte gescheitelte
Strähnen rahmen wulstartig das Haupt und enden in
einem Nackenknoten. Das Diadem trägt volutenartig auslaufende Kuhhörner, Sonnenscheibe und Straußenfedern . Die Gewänder mit ihren lang durchgezogenen, feinen Falten, deren Täler kaum in die Substanz eingreifen,
spannen sich eng um den Körper und betonen dessen Formen und das Standmotiv.
Lit.: Kat. Lückger 83.95 Nr. 555 Taf. 8; RaR225 f. Kat. C
115; G. Ristow, KölnerJahrb. 10, 1969,68 Nr. 3; Grimm,
Zeugnisse 146 Kat. 27 Taf. 24, 1.
Während Isis in kaiserzeitlichen Bronzestatuetten
zumeist als Fortuna erscheint (vgl. Kat. 19), sind Darstellungen der Göttin mit einem sistrum selten. Eine entsprechende, auch in der Größe vergleichbare Statuette, bei der
das Instrument zu ergänzen ist, wurde im römischen
Kastell von Valkenburg an der Rheinmündung gefunden1; bei einer Statuette der Fortuna-Isis aus Boscoreale
(in Baltimore)2 deutet die Handhaltung gleichfalls auf ein
Sistrum. Der Kopfschmuck ist derjenige der Isis-Hathor .
1
Zadoks, Netherlands li 60 ff. Nr. 26 (H. 13,5 cm).
D. K. Hili, Catalogue ofClassical Bronze Sculpture in the Walters
Art Gallery (1949) 101 Nr. 2.
3 Grimm, Zeugnisse 146 mit Anm. 3; hier Verweis auf das Vorkommen der volutenartig auslaufenden Kuhhörner bei einer Statuette aus
Pompeji: V. Tran Tarn Tinh, Essai sur le culte d'Isis a Pompei (1964) 154
Nr. 74 Taf. 18,1.
2
351
Stefan Ritter
Abb. 41-43.
19 Isis-Fortuna
Isis. RGM Inv. Lü 555. Kat. 18.
Abb. 44-46
Inv. N 4224.-FO: Köln (Kat. Niessen). -H. 9,0 cm.-Hohlguß.-Grauschwarze Patina. Abgebrochen sind die Straußenfedern des Ko pfschmucks.
Die Göttin steht mit weit herausgeschobener rechter
Hüfte und zur linken Spielbeinseite verlagertem Oberkörper. Sie trägt einen fußlangen, unter der Brust gegürteten
Chiton, dervon der linken Schulter herabgeglitten ist und
hier die linke Brust freiläßt. Darüber liegt, vom linken
Abb . 44-46.
Oberarm aus schräg um die rechte Hüft- und Beinpartie
geschlungen, ein Mantel. Mit der Rechten hält sie den
abgewinkelten Griff des amBoden aufsitzenden Steuerruders, in der zur Seite gesenkten Linken, gestützt durch den
Unterarm, ein mit Früchten prall gefülltes Füllhorn. Der
Kopf ist erhoben zur Standbeinseite gewandt, der Blick
schweift in die Feme. Unter den flachen Brauen ist die
Pupille eingepunzt. Das Haar ist in kräftigen Strähnen
nach hinten gekämmt und dort zu einem Knoten gefaßt,
von dem zwei Strähnen auf die Schultern fallen . Der
Kopfschmuck besteht aus Ähren, Kuhhörnern mit Son-
Isis-Fortuna . RGM Inv. N 4224. Kat. 19.
352
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Mu se um Köln
4
nenscheibe, Straußenfedern und einem kleinen modius.
Die Gewänder untermalen sehr reizvoll die Formen des
ponderierten Körpers: der Chiton, indem er nicht nur die
linke Brust freigibt, sondern auch die rechte und selbst
den Bauchnabel unter dem dünnen Stoff hervortreten
läßt, der Mantel, indem er das Standmotiv durch straff um
den Unterkörper gespannte Diagonalfalten betont.
D . K. H ili , Catalogue ofClassical Bronze Sculpture in the Walters
Art Gallery (1949) 101 Nr. 222 Taf. 5.
5 Tran Tarn Tinh, Le culte des divintes orientales a Herculaneum
(1971) 61 f.Nr. 7 Abb.ll; LIMCV(1990) s. v. lsis zu Nr.312c (Tran Tarn
Tinh).- Weitere Beispiele ebenda S. 785 zu Nr. 312.
20 juno
Lit. : Kat. Niessen2 55 Nr. 1079 Taf. 19; Kat. Niessen 3 219
Nr. 4224 Taf. 127; RaR225 Kat. C 114; G . Ristow, Kölner
Jahrb. lO, 1969,68 Nr. 2; Grimm, Zeugnisse 145 f. Kat.26
Taf. 24,2.3; Ristow, Religionen 58 Abb . 57; LIMC V (1990)
s. v. Isis 312 d Taf. 522 (Tran Tarn Tinh).
lnv.N 4227.-FO: Köln (Kat.Niessen).-H.11,7 cm.-Hohlguß .- Graugrüne Patina, stark gereinigt. Gesicht durch Kerbschläge beschädigt.
Bronzestatuetten der als Fortuna erscheinenden Isis sind
überaus häufig; Beispiele in diesem Standardschema
stammen etwa aus Triest1, Pompeji2 und Herculaneum 3 •
Dieselbe Art der Gewandung mit der freiliegenden linken
Brust war beliebt und findet sich etwa bei Statuetten der
Fortuna-Isis aus Boscoreale (in Baltimore) 4 oder Herculaneum (in Herculaneum) 5 • Der gelängte Körper, der kleine
Kopf und die elegant geschwungene Körperhaltung weisen in das mittlere 2. Jahrhundert n. Chr.
1
Cassola Guida, Trieste 85 f. Nr. 69.
Tran Tarn Tinh , Essai sur Je culte d'Isis a Pompei (1964) 154 Nr. 74
Taf. 18,1 (mit Basis). 160 f. Nr. 98 Taf. 22,1.
3
Tran Tarn Tinh, Le culte des divintes orientales a Herculaneum
(1971) 58 ff. Nr. 5 Abb . 9 Nr. 6 Abb . 10. Nr. 9 Abb. 12. - Weitere Beispiele in LIMC V (1990) s. v. Isis zu Nr. 311.
2
Abb. 47-49
Die weibliche Figur trägt einen bodenlangen Chiton mit
über die Hüfte reichendem Überfall und einen über den
Kopf gezogenen Mantel, der hinten bis auf die Unterschenkel herabreicht, während die oberen Enden über die
Schultern nach vorn gezogen sind. Das linke Standbein
steht auf einer flachen Platte, während das Spielbein seitlich weit zurückgesetzt ist; der rechte Unterschenkel ist,
um die Figur gerade zu halten, unproportional flach und
überlängt. Die vorgestreckte Rechte hält eine flache
Schale mit Opfergaben, die linke Hand ist mit gestreckten
Fingern zur Schulter hin angewinkelt. Die Pupillen waren
in den tief ausgearbeiteten Augenhöhlen wohl gesondert
eingesetzt. Das Haar ist in der Mitte gescheitelt. Die Figur
entfaltet sich vor dem brettartig die Rückseite verdeckenden- und hinten kaum bearbeiteten- Mantel nach vorn.
Untergewand und Mantel sind hiervoluminös mit kräftigen Falten gestaltet, wobei die Faltentäler- vor allem um
die Beine - tief eingegraben sind.
Abb . 47-49. Juno. RGM Inv. N 4227. Kat. 20.
353
Stefan Ritter
Lit. : Kat. Niessen3 220 Nr. 4227 Nr. 127 ("stehende Frau");
RaR 228 f. Kat. C 132 ("opfernde Frau").
Die Kleidung - Chiton und Mantel - und die erhobene
linke Hand unterscheiden die Statuette von Darstellungen römischer Frauen und Priesterinnen, denn diese tragen römische Tracht und haben beide Armegesenke. Haltung und Aufmachung weisen indes auf]uno, die dergestalt auch in Bronzestatuetten häufiger erscheinr; die Statuetten lehnen sich an den in hellenistischer Zeit entstandenen Typus der Hera Chiaramonti an 3 . Diese und eine
entsprechende - nur seitenverkehrte - Bronzestatuette in
Wien 4 zeigen die Göttin im Unterschied zur Kölner Statuette mit unter der Brust gegürtetem Untergewand und
gerade erhobenem, nicht eingeknicktem Unterarm. Die
Armhaltung ist ungewöhnlich. Hätte der stark angewinkelte Arm ein Szepter gehalten, müßte dieses schräg nach
vorn eingesetzt gewesen sein. Daß das gängige Attribut
der Göttin, welches diese aufkaiserzeitlichen Weihreliefsallein oder in Gesellschaft Iuppiters - trägt5 , auch schräg
und nicht mit gerade angewinkeltem Arm gehalten werden kann, zeigt etwa eine Bronzestatuette der Iuno
Regina aus Mauer an der Url 6 • Ob ein Szeptervorhanden
war, ist dennoch nicht sicher zu entscheiden; wenn nicht,
wäre die Bewegung der linken Hand nah zur Schulter als
Entschleierungsgestus gemeint.
Abb . 50.
Mars . RGM lnv. 25,401. Kat. 21.
1
vgl. Boucher, Lyon 120 Nr. 186 ("pretresse"). - Zadoks , Netherlands I 102 ff. Nr. 43 ("Matrona").- Franzoni, Verona (1973) 172
Nr. 148 ("sacerdotessa"). 173 Nr. 149 ("sacerdotessa").
2
s. LIMC V (1990) s. v. luno 202-208 Taf. 543 (E. La Rocca).
3
zum Typus: LIMC IV (1988) s.v. Hera 133 Taf. 411 (A. KossatzDeissmann).
4
Guß und Form 90 f. Nr. 110; LIMC IV a. 0. Nr. 133 b .
5
vgl. LIMC IV (1988) s. v. Hera (in Thrakia) passim Taf. 436 ff. (T.
Stojanov).
6 Fleischer, Österreich 36 ff. Nr. 19 Taf. 15.
21 Mars
Abb. 50-52
lnv. 25,401.- FO: Köln? (Inventar; s. Kat. 14). Ehemals Sammlung
Braubach. Ankauf 1925.- H. 9,8 cm. - Vollguß.- Schwarzgraue Patina.
Oberfläche besonders im Gesicht stark korrodiert. Rechter Unterarm
abgebrochen, die Attribu te fe hlen.
Der Gott steht in Schrittstellung mit zurückgesetztem linken Spielbein. Die Bewegung des Oberkörpers ist dem
Standmotiv angeglichen: die linke Hüfte abgesenkt, die
rechte Seite kontrahiert, die Oberkörperachse zur Spielbeinseite verschoben. Der rechte Arm war zur Seite
gestreckt und leicht angewinkelt erhoben, der linke seitlich gesenkt, wobei die geöffnete Hand ein fast parallel
zum Unterarm angelegtes Attribut faßte. Das einzige Kleidungsstück, ein Mäntelchen, liegt über der linken Schulter
und ィ¦セァエ
Z@ unter der Achsel nach vorn geführt, über den
354
Abb. 51.
Wie Abb . 50. Seitenansicht.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
1
s. Kaufmann-Heinimann, Augst 26.
Kaufmann-Heinimann, Augst 26 Nr. 14 Taf. 9.
3 Menzel, Trier 10 f. Nr. 20 Taf. 9.
4 Zadoks, Netherlands I 54 ff. Nr. 23.
5
Ausnahme: Menzel, Trier 9 Nr. 18 Taf. 9.
6 s. Kaufmann-Heinimann, Augst 26 zu Typus Il.
7 s. etwa Menzel, Bonn 8 f. Nr. 15 Taf. 7 (aus Bonn) und Faider-Feytmans, Belgique 59 Nr. 28 Taf. 13 (aus Tongeren).
8 vgl. Zadoks, Netherlands I 40 ff. Nr. 17 (H. 23 cm). 44 ff. Nr. 18 (H.
18,4 cm); Faider-Feytmans, Belgique 53 f. Nr. 11 Taf. 8 f. (H. 19,8 cm).
2
22 Matrone
Abb. 53-55
Inv. Metall 1346.- FO: "wahrscheinlich aus Köln" (Inventar). Ankauf
1903.- H. 12,4 cm. - Hohlguß. - Olivgrüne Patina. - Finger der linken
Hand abgebrochen.
Abb. 52.
Wie Abb . 50. Rückseite.
Unterarm herab. Auf dem geradeaus nach vom gewandten Kopf sitzt hochgeschoben ein korinthischer Helm mit
angedeutetem Gesicht und einem kräftigen Helmbusch
mit zwei Federreihen. Die Oberfläche ist stark geglättet;
die Inskriptionen sind sorgfältig und fein eingetragen, die
Brustwarzen gepunzt.
Die langgewandete weibliche Figur sitzt mit vorgesetztem
rechtem Bein auf einem mitgegossenen Block, der vom
und seitlich vom Gewand verdeckt wird und hinten, fur
einen getrennt gearbeiteten, schmalen Sitz Platz lassend,
nicht ganz bis zur Rückenlinie der Figur reicht. Sie trägt
über einem bodenlangen Untergewand, unter dem die
engen Schuhe hervorschauen, einen Mantel, der zwischen
den Brüsten von einer halbrunden Fibel zusammengehalten wird; er hängt beidseitig über den angewinkelten
Unterarmen nach außen und fällt, über die Oberschenkel
nach innen gefuhrt, in einer sorgfältig drapierten Faltenbahn zwischen den Beinen herab. Die Hand des leicht
erhobenen rechten Armes hielt zwischen ausgestrecktem
Lit.: RaR 218 Kat. C 84.
Der nackte Mars mit Helm, rechtem Standbein, gesenkter
Linker und erhobener Rechter ist unter den Bronzestatuettten der am meisten verbreitete Typus 1• Entsprechende Statuetten aus aオァウセL@
Winringen bei Trie? und
den heutigen Niederlanden4 zeigen, daß in der gesenkten
Linken ein an die Schulter gelehntes Schwert zu ergänzen
ist; die Lanze in der Rechten ist fast immer verloren5 . Das
Motiv des über den Unterarm herabfallenden Schultermäntelchens findet sich vor allem bei Darstellungen des
gepanzerten Mars 6, selten hingegen bei solchen des nackten Gottes 7 • Die überzeugende Gestaltung der Körperhaltung und die sorgfältige Oberflächen- und Detailbearbeitung sind bei kleineren Statuetten selten und eher bei
Marsdarstellungen anzutreffen, die mindestens doppelt
so groß wie das Kölner Stück sind 8 • Die großflächige
Gestaltung des Körpers, die langgestreckten Formen und
die müde Eleganz der Haltung deuten in hadrianischantoninische Zeit.
355
Abb. 53 .
Matrone. RGM Inv. M 1346. Kat. 22.
Stefan Ritter
Abb. 54. Wie Abb. 53 . Dreiviertelansicht
Abb. 55.
Daumen, Zeige- und Mittelfinger ein eingestiftetes Attribut. Die linke Hand faßt zum Schoß, in dem Trauben,
Ähren, Äpfel und Pinienzapfen liegen. Der Kopf ist auf
dem massigen Hals gerade nach vom gewandt. Dervollippige Mund ist leicht herabgezogen, die Nase kräftig und
gerade; unter den weich modellierten Brauenbögen sind
zwischen scharf vorspringenden Lidern die linsenförmigen Augen gebohrt. Die Haare werden vollständig von
einer Haube verhüllt, die mit einer wulstigen Binde
geschmückt ist. Die blockhafte Figur ist in Körper- und
Kopfhaltung ganz auf die Vorderansicht berechnet. Die
Rückseite wurde nach dem Guß nicht mehr ausgearbeitet.
Die Frontalität findet in der symmetrischen Anlage des
Mantels ihre Entsprechung. Die voluminösen, weich
modellierten und tief unterschnittenen Falten sind zu
selbständigen omamentalen Gebilden drapiert.
Lit.: Klinkenberg, Köln 339 Nr. 16 ("Nehalennia"); G. Faider-Feytmans, Gallia 6, 1948,392 Abb. 6; RaR227 Kat. C
125 Taf. 76 ("Nehalennia (?)"); RI 89 Abb. 179.
Tracht, Haltung und Attribute weisen die Dargestellte als
einheimische Muttergottheit aus. Einige Bronzestatuetten sitzender Matronen sind aus Gallien bekannt1, darunter ein besonders qualitätvolles Stück aus Bava?; in
Größe und Qyalität ist die - aufgrund der Basisinschrift
Wie Abb. 53 . Rückseite.
benennbare - Dea Artio aus Muri bei Bem sehr gut vergleichba?. Die Haube unterscheidet die Köln er Göttin
allerdings von den gallischen Darstellungen und ist ein
Charakteristikum der rheinischen Matronen; die Tracht
ist auf Steindenkmälern vom Niederrhein gut bezeugt4 •
Entsprechende Bronzestatuetten gibt es indes nur wenige,
darunter eine in Bonn, für die der Fundort Köln vermutet
wird 5, und eine ganz winzige aus Nijmegen 6 • Angesichts
des begrenzten Verbreiterungsgebietes dergestalt ausstaffierter Matronen ist die unsichere Fundangabe "Köln"
nicht ganz unglaubwürdig. Welche Matrone gemeint ist,
ist angesichts der zahlreichen, inschriftlich belegten Möglichkeiten nicht zu entscheiden 7 •
1
hierzu: G. Faider-Feytmans, Gallia 6, 1948, 385 ff.
ebenda Abb. 1; G. Faider-Feytmans, Recueil des bronz es de Bavai,
Gallia Suppl. 8 (1957) 60 Nr. 74 Taf. 18.
3
Leibundgut, Westschweiz 66 ff. Nr. 60 Taf. 88 ff.
4
s. E. Bickel, Banner Jahrb. 143/ 44, 1939, 209 ff.
5
Menzel, Bann 48 f. Nr. 107 Taf. 60 (H. 9,3 cm).
6 Zadoks, Netherlands II 92 Nr. 38 (H. 4,4 cm).
7
zur Vielzahl der Beinamens. o. S. 332. Die fürdie Kölner Statuette
vorgeschlagene Identifizierung als Nehalennia ist dabei am wenigsten
wahrscheinlich, denn ausgerechnet diese - durch ihr heiliges Tier, den
Hund, erkennbare- Göttin erscheint auf einem in Köln gefundenen
Steinrelief ohne Haube, s. Schoppa, Götterdenkmäler 88 f. Taf. 76; Fremersdorf, Urkunden 65 Taf. 130.
356
2
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb . 56-58.
23 Mercurius
Mercurius. RGM Inv. M 87. Kat. 23.
Abb. 56-59
Inv. Metall87.- FO: Köln, Huhnsgasse-Am Weyertor, 1889 (Inventar).
Ankauf 1889. - H . 11,5 cm.- Vollguß. - Helle olivgrüne Patina. Der
caduceus ist verloren.
Der nackte jugendliche Gott steht auf dem rechten Bein
und hat das mit ganzer Sohle aufsitzende linke Spielbein
leicht zur Seite gesetzt. Der Oberkörper vollzieht die
durch die starke Ponderation geforderte Bewegung nicht
konsequent mit und ist auf der Standbeinseite so wenig
kontrahiert, daß er sich zur Spielbeinseite neigt. Der Gott
hält in dervorgestreckten Rechten einen prallen Geldbeutel; in der herabhängenden Linken befand sich, vom
gestreckten Zeigefinger unterstützt, der gesenkte caduceus. Der kleine Kopf ist zur Standbeinseite hin geneigt.
Im großflächigen Gesicht ist der kleine Mund leicht geöffnet; die gerade Nase leitet zur flachen Brauenbögen über,
unter denen, von abgesetzten Lidern verschattet, schmale
Augen mit halbkreisförmig eingeritzten Pupillen liegen.
Ein Kranz von fein geritzten Buckel- und Sichellöckchen
umzieht das Haupt; er wird durch eine Haarbinde, an der
zwei kleine Flügel ansetzen, von der glatten Kalotte
getrennt, in die die Scheitellinie eingetragen ist. Die Oberflächenkompartimente des Körpers sind in weichen Übergängen miteinander verschliffen; die Inskriptionen sind
leicht geritzt und Details wie das Geschlecht oder die
Zehen sorgfaltig ausgearbeitet.
Lit.: A. Furtwängler, BonnerJahrb. 90, 1891,56 ff. Taf. 3,1
(= ders., Kleine Schriften 2 (1913) 341 ff. Taf. 36,1); Rei-
Abb. 59.
Wie Abb. 56. Seitenansicht.
nach, RSt II 156,5; Klinkenberg, Köln 263 . 298; RaR Kat.
c 71.
A.Furtwänglerwidmete der Statuette 1891 eine Studie, in
der er dem römischen Bronzegießer bescheinigte, dieser
habe "die schönen Vorbilder durch seine Änderungen nur
verdorben"; immerhin habe die Bronze aber "auch ihre
guten Seiten", denn wenn man sie "mit dem Heere von
römischen Merkurstatuetten", wie sie jedes Museum
357
Stefan Ritter
besitze, vergleiche, stehe sie "hoch erhaben über dem
Troß" 1• Der Tadel bezieht sich auf die unathletische Körpermodeliierung und die Kombination eines Kopftypus
praxitelischer Zeit mit einem polykletischen Körper. Das
Haltungsschema ist dasjenige des - auch von römischen
Bronzestatuetten her bekannten - Diskophoros2 , verändert durch die Anhebung der rechten Hand mit dem
zugefügten Beutel. Sehr viel häufiger erscheint der nackte
Mercurius, bei rechtem Standbein, mit angehobener linker Ferse; in der Größe vergleichbare Bronzen wurden
etwa in Paris 3 und Dennevy (in Chalon-sur-Saöne)4
gefunden. Die fleischig-füllige Körperbildung und die
glatte, verschwommene Modeliierung des Inkarnates weisen in hadrianische Zeit.
1
Furtwängler a. 0 . 57f. (341 f.) .
vgl.Statuette in Paris: LIMC V (1990) s. v. Hermes 93 1 Taf. 274 (G.
Siebert). - Eingehend zur Abhängigkeit römischer Kleinbronzen vom
polykletischen Diskophoros : A.Leibundgut, Polyklet. Der Bildhauer
der griechischen Klassik. Ausst. Frankfurt (1990) 404 ff.
3
Les bronzes antiques de Paris, Musee Carnavalet (1989) 83 ff. Nr. 18
Farbtaf. 7 (H. 12,1 cm).
4 Boucher, Chalon-sur-Saöne 74 f. Nr. 50 (H. 12,2 cm.).
2
24 Mercurius
Abb. 60.
Mercurius. RGM Inv. M 799. Kat. 24.
Abb. 60.61
Inv. Metall 799. - FO : Köln, Arnoldshöhe (Inventar). Ehemals Sammlung Wolff. Ankauf 1893. - H. 10,4 cm. - Vollguß. - Grauschwarze
Patina . Rechter Fuß, linker Unterschenkel und beide H ände abgebrochen, die Oberfläche besonders des Gesichtes stark korrodiert. Die
Attribute fehlen.
Der Gott steht auf dem rechten Bein mit zur Spielbeinseite geneigtem Oberkörper. Die Arme hängen leicht
angewinkelt seitlich herab. Auf dem zur Standbeinseite
gewandten Kopf sitzt ein flacher petasus mit massigen
Flügeln, unter dem die Haarbüschel hervorschauen. Am
schlanken Körper treten die einzelnen Teile, vor allem
Bauchplatte, Brustkorb und Glutäen, in deutlichen Wölbungen hervor. Das Standmotiv findet in der Kontraktion
des Oberkörpers auf der Standbeinseite überzeugenden
Ausdruck.
Lit.: Reinach, RSt III 45,5; Klinkenberg, Köln 326.
Abb. 61.
Mercurius hat in der gesenkten Rechten wohl ein marsupium gehalten; ein solches ist bei einer Statuette aus Juslenville (in Liege) 1 erhalten, die den nackten Gott in demselben Typus, mit petasus und herabhängender rechter
Hand, zeigt. Zum Motiv vgl. Kat. 23.
1
25 Mercurius
Wie Abb. 60. Rückseite.
Abb. 62
Inv. 24,171.- FO : Bonn (laut Inventar Angabe von Antiquar Springensgut). Geschenk 1924.- H . 7 cm.-Vollguß .- Schwarze Patina. Oberfläche stark gereinigt. Beide Füße abgebrochen. Der caduceus verloren.
Faider-Feytmans, Belgique 65 Nr. 45 Taf. 25 (H . 15,4 cm).
Der Gott steht, die Füße auseinandergesetzt, mit leicht
entlastetem linkem Bein. Der Oberkörper mit eingepunz358
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 62.
Mercurius. RGM Inv. 24,171. Kat. 25 .
Abb . 63.
Mercurius . RGM Inv. M 1099. Kat. 26.
ten Brustwarzen und Nabel ist zur Spielbeinseite geneigt.
Der rechte, schräg vorgestreckte Arm hält das marsupium,
in der locker herabhängenden, waagerecht durchbohrten
linken Hand befand sich wohl der caduceus. Der Kopf ist
auf dem trapezförmig zulaufenden Hals leicht zur Standbeinseite gewandt. Das Gesicht zeigt einen schmalen
Mund, eine lange Nase und große Augäpfel mit eingetiefter Pupille. Im aus kompakten Locken bestehenden Haar
sitzen zwei massige Flügel. Die Einzelformen des schlanken Körpers sind flach gearbeitet und gehen weich ineinander über.
Lit.: Fremersdorf, Neuererwerbungen Taf. 114.
Statuetten dieses Typus- rechtes Standbein, vorgestreckter Beutel, Flügel im Haar, gesenkter caduceus - und in
vergleichbar kleinem Format wurden etwa in Tournai 1,
Augsi und Xanten3 gefunden. Ein Exemplar kam jenseits
des Rheins in den heutigen Niederlanden zutage4 und
belegt den Export der bescheidenen Stücke auch ins Barbaricum. Zum Typus vgl. Kat. 23.
Abb. 64.
1
Wie Abb. 63 . Rückseite.
Faider-Feytmans, Belgique 60 Nr. 30 Taf. 14 f. (H. 7,1 cm).
Kaufmann-Heinimann, Augst 30 Nr. 18 Taf. 11 (H. ohne Basis
6 cm).
3 Menzel, Bonn 13 Nr. 24 Taf. 14 (H. 6,2 cm).
4 Zadoks, Netherlands I 84 f. Nr. 36 (H. 8,9 cm).
Ankauf 1901.- H . 11 cm.- Vollguß.- Hell- bis olivgrüne Patina. Rechte
Fußspitze abgebrochen. Der caduceus ist verloren.
26 Mercurius
Der Gott steht mit entlastet zur Seite gesetztem linkem
Bein, die Ferse angehoben. Der Oberkörper ist bei herausgeschobener rechter Hüfte zur Spielbeinseite geneigt. Die
linke Körperseite wird von einer Chlamys bedeckt, die,
auf der Schulter von einer Fibel gehalten, bis zum Knie
reicht. Beide Arme sind nach vorn angewinkelt, der rechte
2
Abb. 63.64
Inv. Metall1099.- FO : Köln, "gefunden Cäcilienstr. neben dem Fernsprechamt im Schutt. Ankauf vom Arbeiter Gibony- Köln" (Inventar).
359
Stefan Ritter
hält ein eckiges marsupium, im linken lag der caduceus .
Das leicht zur Standbeinseite gewandte Gesicht ist stark
abgerieben. Über der Stirn laufen die Haare spitz unter
dem großen, flachen petasus zusammen, auf dem zwei
längliche, spitze Flügel aufragen. In die Oberfläche des
kräftigen Körpers sind Leistenfugen, Brustmuskel, linea
alba und die der Ponderation entsprechend geschwungene Wirbelsäule sorgsam eingeritzt.
Lit.: Reinach, RSt III 48,3 .
Statuetten in diesem Typus mit petasus und gefibelter
Chlamys sind sehr häufig, wobei Mercurius, im Unterschied zur Kölner Statuette, meist Flügelschuhe trägt. Entsprechende Exemplare wurden etwa bei Neuss 1, Waldenburi, Martelange/ Luxembourg3 und in Bavai4 gefunden.
1
Menzel, Bonn 11f. Nr. 20 Taf. 12; LIMC VI (1992) s. v. Mercurius
39 1 Taf. 296 (G. Bauchhenss) (H. ohne Sockel 12,7 cm).
2
Kau&nann-Heinimann, Augst 34 Nr. 27 Taf. 18 (H. ohne Basis
12,6 cm). 34 f. Nr. 28 Taf. 19 (H. 10,5 cm).
3
Faider-Feytmans, Belgique 66 Nr. 47 Taf. 26 (H. 7,5 cm).
4
G. Fa ider Feytmans, Recueil des bronzes de Bavai, Gallia Suppl. 8
(1957) 49 Nr. 33 Taf. 7 (H . 7,5 cm).
27 Mercurius
Abb. 65.66
lnv. 34,419. - FO: Köln, Clemensstraße (Fundbericht 34,36: "Clemensstr. 3: Stadtmaueraußenseite 5 m hoch ... ; Fundamentreste vom
Abb. 65.
Nordflügel des Tores für die Zülpicher Straße; zahlreiche Architekturfragmente, Gesimsreste und Kapitellbruchstücke aus Kalk- und Sandstein sowie Marmor. Im nicht untersuchten Wallgraben ein quadratisches Pfeilerfundament Beim Planieren der hier abgefahrenen Erde
wurde die bronzene Merkurstatuette gefunden. Dezember 1934"). H. 12 cm.- Hohlguß.- Patina oliv- bis giftgrün, originale Oberfläche
stellenweise durchschimmernd. Antike Flickungen am Übergang von
der linken Armbeuge zur Hüfte und am linken Schulterblatt; an der
Rückseite langer Riß vom Oberarm entlang dem Mantelrand bis auf
Wadenhöhe, hier 2 cm lange antike Flickstelle. Ausbruch zwischen den
Schulterblättern neuzeitlich geschlossen. Gesichtsoberfläche stark zerfressen.
Der Gott ist, das linke Bein entlastet, mit einem langen
Mantel bekleidet, der auf der rechten Schulter gefibelt ist
und, auf dieser Seite offen, zwischen vorderer und hinterer Gewandbahn den nackten Körper freigibt. Die Stoffbahnen hängen rechts beidseitig bis zum Flügelschuh
gefaltet herab und werden links vom verhüllten Arm
emporgezogen. Der nackte rechte Arm hält das spitzzipflige marsupium, am linken deutet die Rille in der Hand
auf einen caduceus . Der Kopfist leicht zur Standbeinseite
gewandt, die Pupillen waren offenbar gepunzt. Im Haar
sitzen seitlich zwei kleine Flügel. Wenige, flach hervortretende Zieh- und Knickfalten treten weich aus der Gewandfläche hervor. Insbesondere der lange Riß auf der Rückseite deutet darauf, daß das Stück nach dem Guß zu
schnell abgekühlt wurde; die durch den fehlerhaften Guß
entstandenen Beschädigungen wurden repariert und die
Statuette somit verwendbar gemacht.
Abb. 66.
Mercurius. RGM lnv. 34,419. Kat. 27.
360
Wie Abb. 65. Rückseite.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Unveröffentlicht.
Bronzestatuetten des Mercurius im Reisemantel, mit Flügelschuhen, petasus, caduceus und Beutel sind sehr verbreitet. Stücke mit bekanntem Fundort, allerdings alle
kleiner als die Kölner Statuette, stammen aus der Nähe
von Nijmegen 1, Beaune (in Chalon-sur-Saone) 2 und aus
SüdtiroP. Zwei Exemplare mit gleichfalls auf der rechten
Körperseite tief herabhängendem Mantel befinden sich
in Triest4 , ein exakt gleich großes, ohne bekannten Fundort, in Marseille 5, und ein wenig größeres, allerdings mit
kürzerem Mantel, kam in Winterthur zutage 6 •
1
Zadoks, Netherlands li 102 f. Nr. 43 (H. 7,7 cm).
Boucher, Chalon-sur-Saone 79 Nr. 57 (H. 8,6 cm).
3
Franzoni, Verona (1973) 67 Nr. 47 (H. 9,5 cm).
4
Cassola Guida, Trieste 71 Nr. 56 (H. 9,2 cm). 72 Nr. 57
(H. 11,3 cm).
5
Oggiano-Bitar, Bouches-du-Rh6ne 98 Nr. 193 (H. 12 cm).
6 Kaufmann-Heinimann, Neufunde 19 ff. Nr. 15 Taf. 20 ff.
2
28 Minerva
Abb. 67.68
lnv. 78,59.- FO : Köln-Alteburg, Lager der römischen Rheinflotte, in
einem der Contubernien (Lit. s. u.). - H . 10,6 cm.- Vollguß .- Schwarzbraune Patina. Oberfläche stark korrodiert, zahlreiche Gußblasen.
Rechter Unterarm, rechter Fuß sowie vorderer und hinterer Teil des
Helmbusches abgebrochen.
Die Göttin trägt, das rechte Bein entlastet, einen Chiton,
der von einem mit senkrechten Kerben verzierten Gürtel
gehalten wird. Das Himation ist herabgerutscht, der Wulst
legt sich, vom linken Ellenbogen ausgehend, rings um die
Hüften. Der rechte Arm, angewinkelt erhoben, hielt einst
die Lanze, der linke hängt locker herab und faßte vielleicht einen Schild. Auf der gefransten Ägis, die bis auf
den Rücken reicht, sind Gorgoneion und Schlangen
gerade noch erkennbar. Unter den flachen Brauen treten
die fein ziselierten Augäpfel hervor. Auf dem Haupt sitzt
ein korinthischer Helm mit stattlichem Helmbusch. Das
Körpervolumen tritt nicht nur am Bauch unter dem Chiton, sondern auch an den Beinen, betont durch die angepreßten Steilfalten dazwischen, unter dem Mantel hervor.
Abb. 67.68 .
Minerva. RGM lnv. 78,59. Kat. 28.
Schulter liegt, sondern bis über die Armbeuge herabgerutscht ist (zu diesem Motivvgl. Kat. 32). Darin, im Typus
und in der Größe ist ihr eine in Trier gefundene Statuette
gut vergleichba?.
1
2
3
Menzel, Bonn 37 Nr. 79 Taf. 44 (H. 9,8 cm).
Leibundgut, Avenches 43 Nr. 24 Taf. 29 (H . 9,7 cm).
Menzel, Trier 30 Nr. 61 Taf. 28 (H . 8,4 cm).
29 Minerva
Abb. 69-71
lnv. N 4204.- FO: Köln (Kat. Niessen).- H. 10,6 cm. - Vollguß.Schwarzgraue Patina. Es fehlen die Attribute.
Lit.: Köln er Illustrierte Zeitung 1927, 630; Die Aufdekkung der römischen Flottenstation in: Umschau in Wissenschaft und Technik 32, 1928, 15 Abb. 8; Reinach, RSt
VI 67,3; Fremersdorf, Neuerwerbungen Taf. 110.
Standmotiv, Arm- und Kopfhaltung, Attribute und
Gewandung finden sich bei - nur geringfügig kleineren Statuetten aus dem nahegelegenen Zülpich 1 und aus
Avenches 2 wieder; die Kölner Statuette ist nur dahingehend abgewandelt, daß der Mantel links nicht auf der
361
Die Göttin hat das linke Spielbein elegant zur Seite
gesetzt. Sie trägt über einem bodenlangen Chiton einen
Mantel, der von der rechten Schulter aus schräg über den
Leib geführt ist und in fein gefälteter Bahn wieder über
die rechte Schulter nach vom fällt. Die Göttin hielt in der
erhobenen Rechten die Lanze und hat den vom Überschlag des Chitons bedeckten linken Arm lässig an der
Hüfte eingestützt. Aufgrund der Armbewegungen ist die
sorgfältig geschuppte, auf den Rücken reichende Ägis zur
linken Schulter verrutscht und hier - ein besonderes
Motiv- bis zum Gorgoneion umgeschlagen. Am Gorgoneion sind die einzelnen Gesichtsteile punktförmig eingepunzt. Im zur Standbeinseite gedrehten Gesicht der Göttin sitzen ein vollippiger, gerader Mund, eine kleine Nase
Stefan Ritter
Abb. 69-71.
Minerva. RGM Inv. N 4204. Kat. 29.
30 Minerva
und unter flachen Brauenbögen tief eingebettete Augen
mit leicht gebohrter Pupille. Das Haar ist in sorgfältig
geritzten Strähnen nach hinten gekämmt und läuft zu
einer Nackenflechte zusammen. Auf der Kalotte sitzt ein
attischer Helm mit abgesetztem Rand. Unter den fein
gefältelten, eng gespannten Gewändern zeichnen sich die
schlanken Körperformen der graziös stehenden Göttin
deutlich ab .
lnv. Metall 1347.- FO: Köln (Inventar). Ankauf 1904. - H. 16,1 cm. Hohlguß. - Olivgrüne bis schwarze Patina. Oberfläche insbesondere
auf der Vorderseite teilweise stark korrodiert. Es fehlt die rechte Hand.
Die Mantelzipfel neben dem linken Fuß abgebrochen .
Lit.: Kat. Niessen 1 24 Nr. 12 Taf. 13,6 ("Römerin"); Kat.
Niessen 3 218 Nr. 4204 Taf. 124; RI 142 Ab. 275.
Zum Motiv und zur Haltung der linken Hand vgl. Kat. 30.
Ungewöhnlich ist, daß der Mantel auf der rechten Schulter liegt 1 • Eine enge Parallele stellt eine Minerva aus Muttenz dar. Die gelängte Figur, der elegant geschwungene
Stand und der Kontrast zwischen großflächigen und fein
geritzten Gewandpartien legen eine Datierung in das
mittlere 2. Jahrhundert n. Chr. nahe.
1
Zum Mantelmotiv vgl. Marmorstatue der Minerva in der Villa
Albani 1012, Helbig4 IV 220 f. Nr. 3243 [W. Fuchs); LIMC II (1984)
1085 Nr. 147 Taf. 797 (F. Canciani).
2
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 40 ff. Kat. 39 Taf. 34.
Abb. 72-74
Die Göttin stützte sich, das linke Bein leicht entlastet, mit
dem erhobenen rechten Arm auf die Lanze. Sie trägt über
einem dünnen, an den Schultern geknöpften Chiton ein
oben umgeschlagenes Himation, dessen äußere Bahn kürzer als die innere herabfällt; die beiden Enden des schräg
über den Leib geführten Mantels werden vor der linken
Schulter von einer rosettenartigen Fibel zusammengehalten. Da der linke Arm angewinkelt ist und mit der fast
geschlossenen, den Daumen abspreizenden Hand an der
Hüfte anliegt, gibt der so zurückgeschlagene Mantel die
Spielbeinseite frei. Die Ägis, welche auch über den Rükken reicht, ist durch die Hebung des rechten Armes bis
über den linken Oberarm zur Seite herabgerutscht und
wird zur Hälfte vom darüberliegenden Himation verdeckt; sie ist mit fein eingravierten Schuppen überzogen,
während das stark korrodierte Gorgoneion kaum noch zu
erkennen ist. Der Kopf ist zur Standbeinseite gedreht; der
leicht herabgezogene Mund ist eingraviert, die noch
erkennbare Pupille des rechten Auges gepunzt. Die Göttin trägt einen auf das Haupt geschobenen korinthischen
Helm ohne Helmbusch. Die Haarsträhnen laufen hinten
zu einer breiten Flechte zusammen, die im Nacken von
362
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 72.
Abb . 73.
Minerva. RGM Inv. M 1347. Kat. 30.
Wie Abb. 72. Seitenansicht.
einer Spange gebündelt wird und, sich wieder verbreiternd, gerade abschließend bis zu den Schulterblättern
herabreicht. Am Gewand sind die Faltentäler in sorgfältiger Kaltarbeit nachgezogen. Den Gesamteindruck der
Figur bestimmen die fein ausgearbeiteten und die Gestalt
verhüllenden Gewänder, unter denen der Körper nur an
rechter Hüfte und Schulter fühlbar ist.
Lit.: Reinach, RSt N 167,4; Klinkenberg, Köln 338 Nr. 4.
Zu dem verbreiteten Haltungsmotiv vgl. Kat. 28 und 29.
Der Typus ist in mehreren, leicht abgewandelten Statuetten bekannt, die zuletzt A. Kaufmann-Heinimann zusammengestellt hat 1. Eine Minerva mit stark angewinkelter
rechter Hand stammt aus Augsr, weitere Statuetten, ohne
Fundangabe, befinden sich in München3 , Wien4 und London5. Die gerraueste und zudem fast gleich große Parallele
aber befindet sich in Bonn und stammt gleichfalls aus
Köln 6• Die Übereinstimmungen zwischen beiden Stükken lassen sich bis in Einzelheiten nachprüfen. Differenzen zeigen sich lediglich in der Gestaltung der Oberfläche: Bei der Statuette in Bonn ist diese insgesamt flauer,
sind die Faltengrate weniger scharf akzentuiert und die
Faltentäler weniger tief eingeschnitten; die Fibel ist nicht
als Rosette ausgebildet, sondern einfach rund mit erhabenem Rand; die Schuppen der Ägis sind größer. Da zudem,
363
Abb. 74 . Wie Abb. 72. Rückseite.
Stefan Ritter
offenbar beim Guß, die Oberfläche zwischen Schulterblättern und Gesäßansatz fehlerhaft geraten war, wurde
sie hier abgearbeitet, um auf nunmehr vertieftem Niveau
das Ende der Haarflechte und die Ägis modellieren zu
können; die Mantelführung ist in diesem Bereich unterbrochen, so daß das untere Ende der Ägis freiliegt. Die
überaus engen Übereinstimmungen zwischen beiden Statuetten deuten darauf, daß sie unter Verwendung identischer Teilformen hergestellt wurden. Merkwürdig ist die
Haltung der an die Hüfte gelegten Hand. Das kleine Loch
zwischen Handballen und abgespreiztem Daumen läßt es
möglich erscheinen, daß hier einst ein Schild eingehängt
war. Da ein solcher aber gewöhnlich entweder an der
gesenkten flachen Hand 7 oder in der durchbohrten vorgestreckten Faust befestigt ist8 , war der Arm wohl eher, ohne
ein Attribut, einfach eingestützt, auch wenn bei vergleichbaren Minervastatuetten in dieser Pose die Hand entweder geöffnet an der Hüfte anliegt9 oder, geballt, den Mantelstoff faßt 10 . Der Frisurentypus mit der lang in den Nakken fallenden, von einer Spange gehaltenen und fein
gesträhnten Flechte findet sich etwa bei Statuetten aus
Avenches 11 und Volubilis 12 • Die überlängten Körperformen, der kleine Kopf und die auf malerische Oberflächenreize abzielende Gewandbehandlung legen eine Datierung in das mittlere 2. Jahrhundert n. Chr. nahe.
Abb. 75.
Minerva. RGM lnv. M 1341. Kat. 31.
1
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 41 (zu Kat . 39).
ebenda 41 f. Nr. 40 Taf. 35 (H. noch 11 ,2 cm).
3
A. v. Lützow, Münchener Antiken (1869) 21 Taf. 10 (H. 21,5 cm).
4
v. Sacken, Wien 30 f. Taf. 9 (H. 30 cm).
5
Illustrated Catalogue of Ancient Greek Art, Burlington Fine Arts
Club (1904) 36 Nr. 1 Taf. 41 Al.
6 RLM, lnv. 42,71. H . 16,3 cm. Die Statuette wurde, so das Inventar,
1887 beim H ausbau am Cäcilienkloster in Köln gefunden. Menzel,
Bonn 36 Nr. 77 Taf. 42 f.
7
vgl. Leibundgut, Avenches 42 f. Nr. 23 Taf. 26 ff.
8
vgl. Leibundgut, Avenches 40 f. Nr. 22 Taf. 24 ff.
9 vgl. Leibundgut, Westschweiz 51 f. Nr. 45 Taf. 62 ff.- KaufmannHeinimann, Augst 65 Nr. 65 Taf. 66 f.
10
Menzel, Trier 29 Nr. 59 Taf. 28; LIMC II (1984) s. v. Athena/
Minerva 193 Taf. 800 (F. Canciani).
11
vgl. Leibundgut, Avenches 40 f. Nr. 22 Taf. 24 ff.
12
Boube-Piccot, Statuaire 214 Nr. 233 Taf. 161 ff.
2
31 Minerva
Abb. 75.76
lnv. Metall 1341.- FO: Köln (Inventar). Ankauf 1902.- H . 7 cm.Hohlguß. - Schwarzgrüne Patina. Die Lanze ist verloren .
Die Göttin steht mit nur wenig entlastetem linkem Bein.
Über dem bodenlangen Chiton, unter dem die Fußspitzen hervorschauen, trägt sie ein von der linken Schulter
schräg um den Körper geführtes Himation. In der erhobenen Linken hielt sie die Lanze und streckt in der Rechten
eine mit Punktierungen verzierte patera vor. Der Mantel
verdeckt die Ägis nur so weit, daß das große, flache Gorgo-
Abb. 76.
Wie Abb . 75. Rückseite.
neion mit den grob gekerbten Gesichtsteilen sichtbar
bleibt. Der Saum der Ägis und das Stirnhaar der Gorgo
sind mit kurzen Kerben gestaltet. Im geradeaus blickenden, kantigen Gesicht der Göttin sind der breite, vollippige Mund, die kräftige Nase und die Augen mit gepunzter Pupille etwas schematisch angegeben. Das Haar
besteht aus parallel nebeneinandergesetzten Kerben und
fallt als Zopf im Nacken herab, wo es mit der crista des
aufs Haupt geschobenen korinthischen Helmes zusammenläuft. Charakteristisch ist, daß bei der recht plumpen
Figur mit dem überdimensionierten Kopf auf eine sorgsame Wiedergabe der nachträglich ausgearbeiteten
364
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Details, etwa auch der lang durchgezogenen Gewandfalten, Wert gelegt wurde.
Unveröffentlicht.
Minervastituetten in diesem Typus, nur schlanker, und
wohl mit den gleichen Attributen, patera und Lanze,
stammen etwa aus Nijmegen 1 und Gergy/Saone-et-Loire2. Einen ausgezeichneten Vergleich bietet eine annähernd gleich große Minerva in Triest, bei der ebenfalls
Kopf und patera gegenüber dem gedrungenen Körper
überproportional groß gebildet sind3 .
1
Zadoks, Netherlands II 132 f. Nr. 57 (H. 6,7).
Boucher, Chalon-sur-Saone 83 Nr. 60 (H. 8,2 cm).
3
Cassola Guida, Trieste 80 Nr. 64 (H . 6,7 cm).
2
32 Minerva
Abb. 77-79
Inv. 28,57.- FO: Köln, "beim Bau des Diel-Hauses an der Hohen Str."
(Inventar). Ankauf 1928. - H. 10,3 cm. - Vollguß. - Schwarzgraue
Patina. Oberfläche stark gereinigt, dabei wohl einige stärker beschädigte Faltenzüge in der unteren Mantelpartie mit abgetragen. Der eingesetzte rechte Unterarm und das Attribut in der Linken fehlen. Helmbusch im Nacken abgebrochen.
Die Göttin steht mit entlastetem und zur Seite gesetztem
rechtem Bein. Die fast im rechten Winkel auseinandergestellten Füße tragen Sandalen mit abgesetzter Sohle und
stehen auf einer mitgegessenen, winkeiförmigen Standfläche. Über dem langen, noch leicht über die Standfläche
Abb. 77-79.
reichenden Chiton schlingt sich, von der linken Armbeuge gehalten, ein Mantel um die rechte Hüfte. Der
rechte Arm ist gesenkt, der linke nach oben hin angewinkelt und senkrecht durchbohrt, so daß eine Lanze zu
ergänzen ist. In der Mitte der oben und unten eingezogenen Ägis mit ihrem wulstigen Rand sitzt das Gorgoneion
mit schematisch angedeuteten Gesichtszügen und vier
Schlangen; die Ägis hängt in einem Halbbogen auf dem
Rücken. Der Kopf ist zur Spielbeinseite gewandt, Augen
und Mund sind als schmale Kerben eingetragen. Im aus
fülligen Locken bestehenden und in einem langen Zopf
endenden Haar sitzt ein korinthischer Helm mit sorgfaltig
geritzter, aufgefächerter crista, deren unterer Artsatz mit
dem Ende des Zopfes zusammenfallt. Die Körperformen
der schlanken, grazilen Figur treten sowohl unter dem
dünnen Chiton, der am Unterleib wie naß anliegt, als
auch zwischen den tief eingeschnittenen Falten des Mantels hervor.
Lit.: RaR 213 Kat. C 59.
Im Unterschied zu Kat. 31 ist die linke Hand nur bis auf
Schulterhöhe gehoben, so daß der Mantel nicht über die
linke Schulter nach hinten geführt ist, sondern über die
Armbeuge; die Pose läßt also, da das Übergewand herabgeglitten ist und der Bausch die Hüft- und Bauchpartie
umfahrt, die Körperformen betont hervortreten. Der eleganten Pose entspricht bei den meisten Parallelstücken
eine qualitätvolle Detailarbeit. In der rechten Hand hielt
Minerva eine patera, wie sie bei- auch in der Größe- gut
Minerva. RGM Inv. 28,57. Kat. 32.
365
Stefan Ritter
vergleichbaren Statuetten aus Muttenz (in Aarburg) 1 und
aus der Gegend von Autun 2 sowie einer kleineren aus
Podunavlje am moesischen Limes (in Belgrad) 3 erhalten
ist. Ein feiner Unterschied liegt darin, daß bei den genannten Stücken der Mantel über die linke Schulter nach hinten fallt, während er bei der Kölner Minerva in der Armbeuge anliegt und sich damit straffer um den Körper legt.
Dem Kölner Stück lassen sich darin eine exakt gleich
große Statue aus Munzach (in Liestal!Basel) 4 und, als
beste Parallele auch im Detail, ein Stück aus Istrien (in
Triest) 5 zur Seite stellen. Das Mantelmotiv findet sich weiterhin bei einer- bis auf die umgekehrte Armhaltung auch in der Größe gut vergleichbaren Statuette aus Winterthur6. Die graziöse Haltung und der zierliche, langgestreckte Körper mit dem kleinen Kopf deuten in die 2.
Hälfte des 2. Jahrhundert n. Chr.
1
Kaufmann-Heinimann, Augst 63 Nr. 61 Taf. 61 ff. (H. ohne Basis
10,2 cm).
2
Les Dieux de Ia Gaule Romaine. Exposition Luxembourg 1989
(1989) 31 f. Nr. 9 (H. 10,8 cm).
3
M. Velickovic, Petits bronzes figures romains au Musee National,
Beograd (1972) 120 Nr. 12 (H. 7,9 cm).
4
Kaufmann-Heinimann, Augst 63 f. Nr. 62 Taf. 63 (H. 10,3 cm).
5 Cassola Guida, Trieste 79 Nr. 63 (H. 10,7 cm).
6 Kaufmann-Heinimann, Neufunde 37 Nr. 34 Taf. 32.
33 Minerva
Abb. 80-82
stungen. Finger der rechten Hand und Enden des Helmbuschs abgebrochen. Die Attribute fehlen .
Die Göttin trägt, das rechte Bein entlastet zur Seite
gesetzt, einen bis auf die Füße reichenden Chiton und ein
Himation. Der rechte Arm ist angehoben und hielt zwischen den geöffneten Fingern die Lanze; der angewinkelte und außen geglättete linke Arm trug wohl einen
Schild. Der den Körper einhüllende Mantel ist über die
linke Schulter geworfen, wobei seine Oberseite zu einem
Wulst eingerollt ist, der sich über den Rücken zur linken
Hüfte zieht und vorn gürtelartig den Bauch umspannt;
die Falten sind dabei so schematisch eingetragen, daß ihr
natürlicher Verlauf mitunter, etwa an der linken Körperseite, schwer nachvollziehbar ist. Zwischen den kräftigen
Bahnen tritt die Ägis in einem rechteckig ausgesparten
und plastisch gerahmten Feld deutlich hervor. Am Gorgoneion ist der Mund als breite Kerbe angegeben und bestehen die Augen aus großen Höhlen, getrennt durch eine
stegartige schmale Nase. Im flächigen, geradeaus blickenden Gesicht der Minerva sind der leicht lächelnde Mund
und die Teile der eingetieften Augenpartie sorgfaltig gearbeitet. Die Haare enden in einer Nackenflechte . Auf dem
Haupt sitzt ein attischer Helm mit einer zwei geritzte
Federreihen aufweisenden crista.
Lit.: RaR 213 Kat. C 58.
lnv. 29,6.- FO: FO. "Köln ?" (Inventar). Ankauf 1929 von Antiquar
Becker.- H . 8 cm.- Vollguß.- Olivgrüne Patina mit braunroten Verkru-
Abb . 80-82.
Minerva. RGM lnv. 29,6. Kat. 33.
366
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb . 83.
Minerva. RGM Inv. 58,167. Kat. 34.
Abb. 84.
Wie Abb. 83. Linke Seitenansicht.
Eine in Größe, Proportionen, Haltung und Gewandung
ton und einem Mantel; dieser bedeckt die linke Schulter
samt Oberarm und die Rückpartie einschließlich des Sitsehr gut vergleichbare Statuette stammt aus dem Veneto
(in Treviso )1, eine weitere, exakt gleich große und in Hal- : zes und verhüllt schließlich, um die Hüfte nach vorn
tung, Gewandanlage und der harten Oberflächenbearbei- ! geführt, die Beine, wobei er über dem linken Bein so
zurückgeschlagen ist, daß das Ende in dekorativem Faltung vorzügliche Parallele aus Adenbach (in Speyert
tenwurf herabhängt. Der rechte Arm war erhoben und
1
Galliazzo, Treviso 45 ff. Nr. 2 (H. 7,6 cm).
hielt offensichtlich eine Lanze. Der linke Oberarm ist zur
2
Menzel, Speyer 13 f. Nr. 19 Taf. 22 (H. 8 cm).
Seite hin geneigt, der Unterarm mit der locker herabhängenden, geöffneten Hand nach vorn angewinkelt, so daß
34 Minerva
Abb. 83-86 er sich offenbar auf einen Gegenstand stützte; von diesem, wohl einem Schild, sind keine Spuren erhalten. Die
in der Mitte eingezogene, zweigeteilte Ägis ist von einem
lnv. 58,167.- FO: Friesheim/ Erftstadt (Kreis Euslcirchen), "zwischen
Friesheim und Borr an der ehemaligen Kreisbahn in der Nähe des alten
profilierten Saum eingefaßt, geschuppt und zeigt mehBahnhofes ca. 300 m entfernt" (Inventar). Ehemals Besitz H. Cader
rere, sich zum kleinen Gorgoneion hin ringelnde Schlan(Bensberg). Ankauf 1958.- H. 16,8 cm.- Hohlguß. -Hell- bis dunkelgen;
auf dem Rücken wird sie, ebenfalls mit Schuppen
grün wechselnde Patina. Gesondert angesetzter rechter Arm verloren.
Daumen der linken Hand abgebrochen.
und Schlangen verziert, zur Hälfte vom Mantel verdeckt.
Der Kopf ist leicht zur rechten Körperseite gewandt. Im
Die Göttin sitzt auf einem durch die Gewänder ringsum
glatten Gesicht mit dem gerundeten Kinn sitzt ein leicht
verhüllten Block, über den der aufgerichtete Oberkörper geöffneter Mund mit gesondert eingelegten Lippen. Die
hinten vorkragt und somit Platz für einen schmalen Sitz
leicht gewölbte Nase geht in eine flache Brauenpartie
über; unter scharf abgesetzten, schön geschwungenen
läßt. Sie hat das rechte Bein vorgesetzt, das angewinkelte
linke seitlich zurückgezogen. Die Kleidung besteht aus
Oberlidern sitzen schmale Augäpfel mit silbern eingelaseinem bodenlangen, unter der Brust gegürteten Ärmelchi- senen Pupillen. Das Haar ist in fein unterteilten Strähnen
367
Ste f an Ritter
Abb . 86.
Abb . 85 . Wie Abb. 83 . Rechte Seitenansicht.
nach hinten gekämmt und im Nacken hochgenommen.
Auf dem Haupt sitzt ein prächtiger korinthischer Helm:
am Visier zeichnen sich reliefierte Gesichtszüge ab, drei
Laschen sind seitlich und hinten hochgeschlagen; die
Kalotte ist mit profilierten Voluten, deren Mittelpunkte
fein mit Silber eingesetzt sind, geschmückt und wird von
einer Sphinx bekrönt. Diese hält mit Kopf und Flügeln
den gewaltigen Helmbusch, der aus einzelnen, fein geritzten Federbüschen besteht und, im Schwung zweimal den
Helm berührend, erst zwischen den Schulterblättern der
Göttin endet. Auffällig ist der Kontrast zwischen dem von
feinsten Faltenlinien überzogenen Chiton, der wie angegossen am Körper liegt, und den voluminösen Stoffmassen des Mantels mit seinen langgezogenen kräftigen Falten .
Lit.: P. La Baume, Römische Kleinkunst (1962) Abb. 22;
H. Binsfeld, Kölner Jahrb. 6, 1962/ 63, 10 f. Taf. 2. 3; P. La
Baume, Römisches Kunstgewerbe (1964) 193 Abb. 180;
RaR 213 Nr. C 57; RI 125; Ristow, Religionen 27 f. Abb.
11; D. Stutzirrger in: H. Keller (Hrsg.), Kunst Kultur
Köln II (1979) 160 f.; M . Schleiermacher in: Griechische
und römische Statuetten und Großbronzen. Akten der
Wie Abb . 83. Rückseite.
9. Tagung über antike Bronzen, Wien 1986 (1988) 308 ff.
Abb . 1 ff.
Statuetten der sitzenden Minerva sind selten. Der Vergleich mit einer gleich großen Bronzestatuette aus Pompeji, die als Teil einer Kapitolinischen Trias gefunden wurde1, und der sitzenden Minerva auf einer Schale aus dem
Hildesheimer Silberfund2 zeigt in Arm- und Beinhaltung,
Arllage der Gewänder, in der Art und Gestaltung der Attribute große Unterschiede zwischen den einzelnen Darstellungen. Eine einigermaßen gute Parallele zur Minerva aus
Friesheim fehlt. Vergleichen lassen sich indes Einzelhei·ten, so der aufwendige Helm, der in ähnlicher Pracht auch
bei anderen Minervastatuetten größeren Formates anzutreffen ist. Bei einer Minerva aus Avenches etwa wird der
wallende Helmbusch von einer Eule getragen3 , bei einer
anderen, die in Wijnaldum/ Friesland, also im Barbaricum, gefunden wurde, wie bei der Kölner Statuette von
einer Sphinx4 •
1986 wurde an einer Probe der Statuette eine Metallanalyse vorgenommen 5 • Es handelt sich um Blei-ZinnMessing mit einem Zinkgehalt von 9,95 %. In der Forschung ist umstritten, ob ein solch relativ hoher Zinkge-
368
Die antiken Bro n ze n im Römi sch - G erm ani sc h en Mu se um Köln
halt als Indiz für eine nachantike Entstehung zu werten
is{ J. Riederer, der die Minerva aus Friesheim untersuchte, sah indes keinen Grund zur Skepsis und stellte
fest, daß solche Legierungen in römischer Zeit zur Herstellung von Statuetten üblich waren 7 • Solange noch umfassendere systematische Untersuchungen fehlen , ist an der
Echtheit nicht mit hinreichender Begründung zu zwei-
35 Satyrknabe
lnv. Metall 1348. - FO : "Köln, ange blich Ap ostelmarkt" (Inve ntar).
Ankau f 1904 . - H . 7,7 cm. - Vo llguß. - Schwärzlich e Patina . Oberfläch e
teilweise stark korrodiert. Tief gebohrtes Loch im Gesäß offenbar
n achträglich.
Der Knabe ist reitend dargestellt. Breitbeinig sitzend,
muß er mit den vorgestreckten, geschlossenen Händen
einst Zügel gehalten haben. Ober- und Unterschenkel
sind innen zwecks besseren Haltes abgeflacht. Das
schmale Glied ist sorgfältig herausgearbeitet. Das linke
Bein ist angehoben, und die Drehung des Oberkörpers
und des gesenkten Kopfes vervollständigen die Öffnung
der linken Körperseite . Im pausbäckigen Gesicht sind
noch der kleine, volle Mund und die sorgfältig ausgesparten und gebohrten Augen zu erkennen. Die spitzen
Bocksohren und das Schwänzchen sichern die Benennung. Das Haar besteht aus detailliert geritzten Lockenbüscheln, die wild durcheinanderschießen. Die fein bewegte
Körperoberfläche ist stark geglättet. Die Figur ist in dem
ausfahrenden Bewegungsmotiv überzeugend erfaßt.
feln.
Die glatte, großflächige Körperbildung, die Gewandfulle, die auf malerische Effekte bedachte Oberflächengestaltung, der schmale Oberkörper und der kleine Kopf
weisen in die 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr.
1
In Neapel. H . 17 cm . A . Soglian o, NS c 1907, 565 ff. Abb . 14 f.; St.
Adamo-Muscotella in : Toreutik und figürlich e Bronzen röm isch er Zeit.
Akten der 6. Tagung über antike Bro nzen , Berlin 198 0 (1984) 12 ff. Abb .
3f.
2
U. Gehrig, Hildesheimer Silberfund in der Antikenabteilung Berlin (1967) 19 Farbtaf. 1; LIMC II (1984) s. v. Athen a/ M in erva 269 Taf.
805 (F. C an ciani).
3
In Aven ches. Leibundgut, Avench es 40 f. Nr. 22 Taf. 24 ff. (H . Figur
20,4 cm); LIMC II (1984) s. v. Athena/ M in erva 195 Taf. 801 (F. Can ciani).
4
Zadoks, Netherlands I 92 ff. Nr. 41 (H . 22,4 cm).
5
). Riederer in: Griechisch e und römisch e Statuetten un d Großbronzen . Akten der 9. Tagung über antike Bron zen , Wien 1988 (1988)
312: Kupfer 81 ,73 %, Zinn 4,17%, Blei 3,29 %, Zink 9,95 %, Eisen
0,45 %, alle anderen Elemente unter 0,14 %.
6
A. Leibundgut in: Toreutik a.O. 149 ff. (einschränkend : 158 Anm .
34).
7
Riederer a. 0. 3 12. - s. a.: ders. in: Toreutik a. 0 . 220 ff. bes . 223
Tab. 3 (Beispiele von Metallan alysen römisch er Statuetten des Berliner
Antikenmuseums).
Abb. 87.
Abb. 87-89
Unveröffentlicht.
Eine ausgezeichnete Parallele bietet eine gleich große Statuette, die in Wels gefunden wurde, und die nur in der
Kopfwendung zur anderen Seite und im Vorhandensein
eines umgelegten Tierfelles abweicht; die Sitzfläche ist
leicht abgearbeitet und weist Lötspuren von der Befestigung auf dem Reittier auf . Bei dem Tier dürfte es sich
wohl um einen Panther aus dem Gefolge des Bacchus
Satyrknabe. RGM lnv. 1348. Kat. 35 .
Abb . 88.
369
Wie Abb. 87. Seitenan sicht.
Stefan Ritter
Abb. 89.
Abb . 90.
Wie Abb. 87. Rückseite.
gehandelt haben; als Reittier dient der Panther häufiger,
nicht nur dem Bacchusknaben, sondern, wie in einer in
Speyer aufgewahrten Bronzegruppe aus Reinheim, auch
dem Amor.
1
Fleischer, Österreich 132 f. Nr. 176 Taf. 95 (H. 7,8 cm).
Menzel, Speyer 13 Nr. 18 Taf. 22 (hier VeiWeise auf Darstellungen
des Dionysos auf einem Panther).
2
3 6 Satyrherme
Abb. 90
Inv. 28,56.- FO: Köln (Inventar). Ankauf 1928.- H. 8,1 cm .- Vollguß. Schwarzbraune Patina. Stark gereinigte Oberfläche.
Auf eng aneinandergestellten, überproportional großen
Füßen erhebt sich ein nach oben breiter werdender Hermenschaft. Seine Vorderseite ist, von dem vorspringenden Rand gerahmt, eingetieft; hier ist lediglich das kleine
Glied angegeben. Auf Armhöhe stehen seitlich zwei
eckige Stümpfe ab. Auf dem Schaft sitzt der Kopf eines
Satyrn, erkennbar an den spitzen Ohren. Im Gesicht mit
dem auffallend spitzen Kinn sitzen ein voller, lachender
Mund und, zwischen tiefen Nasolabialfalten, eine Stupsnase. Die weit ausschwingenden Augenbrauen sind durch
zwei Falten über der Nasenwurzel betont, die herauspräparierten Augäpfel gebohrt. Von der Stirnmitte aus zu den
Seiten gesträubte Haarbüschel schließen die Stirn diademartig ab; um die fast glatte Kalotte ist eine Binde
gelegt, deren verdickte Enden vorn über den Schaft herabhängen.
Satyrherme. RGM Inv. 28,56. Kat . 36.
Vergleichbare Bronzehermen waren häufig auf Holz, also
an Möbeln befestigt; eine Herme des Bacchus in Nijmegen, von ähnlicher Form und Größe, ist im fußlosen unteren Teil zweifach durchbohrt 1, eine größere in Lyon, auf
der ein sehr gut vergleichbarer Satyrkopf sitzt, weist Aussparungen unter den Armstümpfen auf. Da bei der Kölner Herme entsprechende Ausarbeitungen fehlen und sie
auf den großen Füßen allein stehen kann, wird sie wahrscheinlich eigenständig aufgestellt gewesen sein. Eine größere Zahl von Büsten mit gut vergleichbaren Köpfen
wurde in Pompeji gefunden 3 • Daß es sich nicht um Pan,
sondern um Satyrn handelt, geht sowohl aus dem Fehlen
der Hörner als auch aus dem mehrfachen Vorkommen in
demselben Verwendungszusammenhang hervor, etwa als
Doppelhermen4 oder in der Verwendung als Mobiliarbeine5.
1
Zadoks, Nijmengen 71 Nr. 119 (H . 9,5 cm).
2 Boucher, Lyon 22 Nr. 40 (H. noch 28,4 cm).
3
VSpinazzola, Le arti decorativi in Pompeie nel Museo Nazianale
di Napoli (1928) 252 (obere Reihe).
4
vgl. Collection Auguste Dutuit. Bronzes antiques (1897) Taf. 23 .
5 vgl. E. Pernice, Die hellenistische Kunst in Pompeji IV (1925) 37
Taf. 10.
37 Satyr
Abb. 91-93
Inv. 25,402. - FO: Köln? (Inventar; s. Kat. 14). Ehemals Sammlung
Braubach . Ankauf 1925. - H . 7,3 cm.- Vollguß.- Schwarze Patina. Linker Fuß abgebrochen, angesetzter linker Arm verloren.
Der jugendliche Satyr ist mit vorgesetztem linkem und
seitlich nach hinten weggespreiztem rechtem Bein, das
Lit. : RaR 225 Kat. C 111 ("Pansherme"; G. Ristow).
370
Die antiken Bronzen im Römisch-Germ anischen Museum Köln
Abb. 91-93. Satyr. RGM Inv. 25,402. Kat. 37.
38 venus
nur mit den Fußspitzen den Boden berührt, im Tanz dargestellt. Das Standmotiv setzt sich in der Drehung des
Oberkörpers fort: der Kopf und der verlorene linke Arm
sind ganz zur linken Körperseite gedreht und folgen dem
vorgesetzten Bein, der rechte Arm, angewinkelt zur Seite
gestreckt und zum Hinterkopf fassend, öffnet zusammen
mit dem anderen Bein die rechte Körperseite. Mit zwei
verknoteten Tatzen ist auf der Brust ein mantelartiges,
ungewöhnlich weit zurückgewehtes Fell befestigt, das die
rechte Körperseite bis zur Rückenmitte freigibt. Hier ist
im Relief das Schwänzchen angegeben. Im fülligen
Gesicht sind Mund, Stupsnase und Augenpartie mit
gebohrter Pupille sorgsam ausgearbeitet. Ein Lockenkranz, unterbrochen durch die Bocksohren, umgibt die
abgeflachte Kalotte . Das Inkarnat ist sehr behutsam
modelliert- selbst die Rippen zeichnen sich fein unter der
Haut ab-, mit einer Sorgfalt, die sich auch in der Detailarbeit zu erkennen gibt, von den Zehen über Wadenmuskulatur und Geschlecht bis zu den Lockenbüscheln.
Abb. 94-97
Inv. N 4214.-FO: Köln (Kat.Niessen).-H. ll ,9 cm.- Vollguß .-Oiive,
hellgrün gefleckte Patina. Finger der rechten Hand und vordere Hälfte
des rechten Fußes abgebrochen.
Unveröffentlicht.
Die abgeflachte Kalotte könnte darauf deuten, daß die
Figur ursprünglich oder nachträglich als Zier irgendeines
Gerätes diente ; da dieVorder-und rechte Körperseite, in
denen sich die Drehung entfaltet, samt der aufgewehten
Innenseite des Felles sorgfältiger gearbeitet sind, war die
linke Körperseite möglicherweise verdeckt. Das singuläre
Stück dürfte wegen der weich bewegten Modeliierung des
Inkarnates, der flachen Gewandbildung und der aufgelokkerten, doch präzise gearbeiteten Haare etwa in hadrianischer Zeit entstanden sein.
Die Göttin steht auf dem rechten Bein und hat das linke
mit angehobener Ferse zurückgesetzt. Die Körperachse ist
bei herausgeschobener rechter Hüfte zur Spielbeinseite
verschoben. Der rechte Arm weist mit geöffneter Handfläche nach vorn, der ein wenig höher angewinkelte linke
hält mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger einen Granatapfel nach unten. Der Körper mit den hochsitzenden Brüsten ist sehr schlank gebildet. Im nach vorn gewandten
Gesicht sitzt über einem kleinen, geraden Mund eine
schmale Nase ; die Iris ist gebohrt. Unter einem Diadem
quellen, von der Stirnmitte ausgehend, kräftige, fein voneinander abgesetzte Haarsträhnen hervor, die zur Seite
gestrichen und zu einem Nackenknoten zusammengefaßt sind, von dem zwei Zöpfe über die Schultern nach
vorn fallen . Das Inkarnat ist in weichen Übergängen
modelliert. Charakteristisch für diese Darstellung der Liebesgöttin ist die auf den Betrachter fixierte Präsentation
des Körpers: fast anbietend öffuet die Bewegung der rechten Hand die Standbeinseite mit dem reizvollen Hüftschwung, dessen bewegte Kontur in der des eingeknickten
Spielbeines ihre Entsprechung findet.
371
Lit.: Kat. Niessen3 218 Nr. 4214 Taf. 124; RaR214 Kat. C
66.
Wichtigstes Vergleichsstück ist eine auch in der Größe entsprechende Statuette in Bonn, die in Köln, in der Luxem-
Stefan Ritter
Abb. 94.
Venus . RGM lnv. N 4214. Kat. 38.
Abb. 96.
Abb . 95 .
Wie Abb. 94. Schrägansicht.
Wie Abb. 94. Rechte Seitenansicht.
Abb. 97. Wie Abb . 94. Rückseite .
372
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
burger Str., gefunden worden sein soll und sich lediglich
im weiter zurückgesetzten Spielbein, in der stärker abgeknickten rechten Hand und im leicht zur Standbeinseite
gedrehten Kopf unterscheidet 1. Weitere gute Parallelen
befinden sich in Baltimore 2 und, von vergleichbarer
Größe, allerdings mit einem Parfümfläschchen statt des
Apfels, in Rouen 3 . Etliche Statuetten der Göttin mit dem
Apfel sind aus Syrien bekannt, so ein gut vergleichbares
Stück, bei dem die rechte Hand auf einen Amor weist, der
auf der erhaltenen Basis seitlich vor der Göttin steht4 • Die
gelängten, kapriziösen Körperformen mit den hochsitzenden Brüsten und dem kleinen Kopf sowie der labile
Stand deuten in die 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr.
1
Menzel, Bonn 46 f. Nr. 103 Taf. 58 (H. 11 cm. "Fundort Köln(?).
Gekauft von Becker, aus Kölner Privatbesitz, angeblich in der Luxemburger Str. gefunden").
2
D. K. Hili, C atalogue of classical bronze sculpture in the Walters
Art Gallery (1949) 96 Nr. 211 Taf. 40 (H . 8,7 cm).
3 Esperandieu - Rolland, Seine-Maritime 34 Nr. 36 Taf. 13 (H. 11
cm).
4 LIMC II (1984) s. v. Aphrodite (in peripheria orientali) 124 Taf.
164 (M.-0. Jen tel). Weitere Beispiele ebenda Nr. 122 ff.
39 Venus
Abb . 98.99.
Abb. 98.99
Inv. N 4210. - FO: Köln (Kat. Niesse n) . - H. 12,2 cm. - Vollguß.Schwarzgrüne Patina. Oberfläche korrodiert und stark gereinigt. Die
Finger der rechten H and abgebrochen.
Die schlanke Göttin steht mit seitlich zurückgesetztem
rechtem Spielbein, die Ferse angehoben. Der linke, herabhängende Arm liegt an der herausgeschobenen Hüfte und
am Ansatz des Oberschenkels an, der rechte ist nach vorn
gestreckt und hielt wohl irgendein Attribut. Der Nabel
und die Warzen der hochsitzenden Brüste sind eingepunzt. Am kleinen, leicht zur Spielbeinseite gewandten
Kopf sind Mund und Augen mit Kerben angegeben. Das
wellig nach hinten geführte Haar, in dem ein Diadem
sitzt, endet in einem Nackenknoten. Das geschwungene
Standmotiv bereitete offenbar einige Schwierigkeiten . So
ist, wohl um des festen Standes willen, der linke, ganz aufsitzende Fuß klobig und kantig belassen, derjenige des
Spielbeins indes übermäßig abgeflacht; und der Oberkörper ist zwar auf der Standbeinseite kontrahiert, doch die
starre Wirbelsäule vollzieht diese Bewegung nicht mit.
Die Oberfläche ist nur wenig bewegt, lediglich Venushügel und Brüste wölben sich leicht vor.
Venus . RGM Inv. N 4210. Kat. 39.
gesenkt und hielt in diesem Fall offensichtlich kein Attribut. Da bei der Kölner Statuette der Handteller waagerecht nach vorn weist, könnte sich auf ihm durchaus ein
Attribut befunden haben, etwa ein Apfel, wie bei Stücken
aus Wilten3, Enns 4 und Damerey (Saone-et-Loire) 5 , oder,
wie bei einer Venus aus Xanten, eine Pyxis 6 • Zu entscheiden ist die Frage aber nicht. Die unausgeglichenen Proportionen des überlängten Körpers, dessen Teile nach oben
hin zunehmend kleiner wiedergegeben sind (schlank und
überlang die Beine, niedrig und schmal der Oberkörper
mit den flachen , hochsitzenden Brüsten, ganz klein
schließlich der Kopf), die geringe organische Gliederung
und die strenge Frontalansicht legen eine Entstehung im
ausgehenden 2. oder früher 3. Jahrhundert n. Chr. nahe.
1
2
3
4
5
6
Kaufmann-Heinimann, Augst 69 f.
Fleischer, Österreich 75 Nr. 82 Taf.
Fleischer, Österreich 76 Nr. 84 Taf.
Fleischer, Österreich 77 Nr. 86 Taf.
Boucher, Chalon-sur-Saone 94 Nr.
Zadoks, Nijmegen 26 Nr. 30.
40 Venus
Nr. 69, Taf. 72 f.
48.
48.
49.
68.
Abb. 100-102
Inv. N 4209.- FO: Köln, Neusser Str. (Kat. Niessen).- H . 10,6 cm. Vollguß. - Schwarze Patina. Oberfläche bis zur stellenweise durchschimmernden Bronze gereinigt. Linker Arm abgebrochen. Attribut in
rechter Hand feh lt.
Lit.: Kat. Niessen3 218 Nr. 4210.
Venus erscheint des öfteren mit nach vorn geöffneter rechter Hand (vgl. Kat. 38). Diese ist aber zumeist, wie etwa bei
zwei Statuetten aus Augst 1 und Parndorf, deutlich
373
Die Göttin steht mit leicht zur Seite gesetztem und angehobenem rechtem Spielbein. Oberkörper und Kopf sind
leicht zur Spielbeinseite gedreht. In der durchbohrten
rechten Faust befinden sich die Reste eines leicht nach
Stefan Ritter
Abb. 100-102.
Venus. RGM Inv. N 4209. Kat. 40.
vorn geneigten, stabartigen Attributes. Der Oberkörper
samt den hochsitzenden Brüsten ist sehr flach gebildet,
ebenso das Gesicht. Die Pupillen sind gebohrt. Die in der
Mitte gescheitelten Haare sind unterhalb des Diadems
von der Stirnmitte aus in langen, dünnen Strähnen seit- .
lieh nach hinten gekämmt und vereinigen sich zu einer
Nackenrolle, von der aus zwei Zöpfe auf die Schultern fal. len. Auf der flachen Körperoberfläche sind die einzelnen
Kompartimente durch flache Kerben voneinander
getrennt.
Lit. : Kat. Niessen 1 24 Nr. 3 Taf. 13,7; Kat. Niessen 3 218
Nr. 4209 Taf. 124.
Was in die rechte Hand eingestiftet war, läßt sich angesichts der zahlreichen Möglichkeiten bei Aphrodite/
Venus nicht entscheiden; aufgrund der Handhaltung
scheint am ehesten ein kleineres Tier, etwa ein Täubchen
oder ein Schmetterling, in Frage zu kommen, die die Göttin mitunter in der gesenkten Hand umfaßt häle. Der
gesenkte linke Armstumpf läßt vermuten, daß die Hand
nach vorn geführt war und die Scham bedeckte.
Die Göttin steht auf dem überlängten Fuß des linken
Standbeines und hat das rechte zur Seite gesetzt. Die Körperachse ist bei stark herausgepreßter linker Hüfte zur
Spielbeinseite geneigt. Im Vergleich zu den langen Beinen
und dem üppigen Unterleib ist der Oberkörper sehr
schmal gebildet. Die rechte Hand mit ihren langen Fingern sucht die kleinen Brüste zu bedecken, berührt sie
aber nicht. Der linke Arm war an der Hüfte vorbei nach
vorn geführt. Im nach vorn gewandten Gesicht sitzt ein
leicht geöffneter Mund mit herabgezogenen Mundwinkeln; die gerade Nase geht in hoch gewölbte Brauenbögen über, unter denen, von scharfgratigen Oberlidern
angesetzt, die Augen als schräg sitzende Kerben angegeben sind. Über der Stirn sind die Haare, unter einem
gezackten Diadem hervorquellend, in flachen Strähnen
zur Seite gekämmt und auf Schläfenhöhe zur Kalotte
gekämmt, wo sie zusammen mit den vom Nackenknoten
kommenden Haaren zu volutenartigen Haarrollen aufgebunden sind. Die Oberfläche ist sehr großflächige modelliert; Schamfugen, Wirbelsäule und deren Verlängerung
sind mit fein eingekerbten Linien bezeichnet.
Lit.: Kat. Niessen 3 218 Nr. 4211 Taf. 124; RaR214 Kat. C
1
64.
s. etwa LIMC II (1984) s. v. Aphrodite 997 Taf. 97 (Taube) oder
ebenda s. v. Aphrodite (in peripheria orientali) Nr. 165 Taf. 166
(Schmetterling) .
41 Venus
Die Figur stellt eine Abwandlung des Typus der Venus
vom Kapitol 1 dar. Das Motiv ist von zahlreichen römischen Bronzestatuetten aus den nördlichen Provinzen
bekannt, die bei gleichem Grundschema Unterschiede in
der Haltung des Spielbeines und der Arme, in der Kopfwendung und in der Haargestaltung zeigen; entspreElouges/ Belchende Statuetten wurden etwa in aオァウセL@
4
gien3 und Unterach/Österreich gefunden, wobei die beiden letzteren gleichfalls ein Diadem tragen. Die Statuette
Abb. 103-105
Inv. N 42 11. - FO: Köln (Kat. Niessen).- H. 18,2 cm. - Vollguß.Schwarzgraue Patina. Linker Unterarm abgebrochen, Zehen des rechten Fußes fe hlen .
374
Die antiken Bronzen im Rö misch-Germanis chen Museum Köln
Abb. 104.
Abb . 103 . Venus. RGM Inv. N 4211. Kat. 41.
Wie Abb. 103. Seitenansicht.
ist wegen der großflächigen Modeliierung und der aus
dem Lot ausbrechenden, kapriziösen Haltung wohl in die
2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n . Chr. zu datieren.
1
s. LIMC II (1984) s. v. Aphrodite 409 ff. mit Lit. (A. Delivorrias).
Kaufmann-Heinimann , Augst 68 f. Nr. 68 Taf. 69 (H. der Venus
13 cm).
3 Faider-Feytmans, Belgique 83 Nr. 78 Taf. 49 f. (H. 12,5 cm).
4 Fleischer, Österreich 72 f. Nr. 78 Taf. 45 (H. 14,5 cm).
2
42 venus
Abb. 106-109
Inv. N 4212.-FO: Köln (Kat. Niessen).-H. 13 ,1 cm.- Vollguß.- Grauschwarze Patina. Rechte H and abgebrochen . In der nicht geglätteten
Standfläche rezentes Stiftloch.
Die halbbekleidete Göttin steht locker mit entlastetem
linkem Bein. Das schwere, bis auf die Füße fallende
Gewand ist so weit herabgeglitten, daß der umlaufende
Stoffwulst gerade noch die Scham bedeckt, das Gesäß
aber fast völlig entblößt läßt. Ein weiteres Herabgleiten
wird durch einen vom ausgezogenen Knoten verhindert,
von dem eine breite Stoffbahn zwischen den Beinen herabfallt; mehrere vom und hinten zwischen den Beinen
geraffte Bahnen legen sich abgetreppt um die Oberschenkel. Aus dieser Gewandsmasse wächst der schlanke Oberkörper hervor, der, bedingt durch Arm- und Kopfhaltung,
leicht zur Spielbeinseite gedreht ist: Die Göttin zieht mit
375
Abb. 105.
Wie Abb. 103. Rückseite .
Stefan Ritter
Abb . 106-109.
Venus . RGM Inv. N 4212. Kat. 42.
der Linken vom Nacken eine Haarsträhne hervor und
blickt in den in der Rechten zu ergänzenden Spiegel, um
den Sitz der Frisur zu kontrollieren. Im schmalen Gesicht
ist der kleine Mund weich eingebettet; unter den gewölbten Brauen sind die Lider flach geschichtet von den
Augäpfeln mit den gekerbten Pupillen abgesetzt. Unterhalb des glatten Diadems laufen vom Mittelscheitel kräftige Haarsträhnen zum Nacken und vereinen sich dort zu
einem Knoten, von dem aus eine Haarsträhne sich über
die rechte Schulter legt, während die andere von der Linken gefaßt wird. Die Körperoberfläche ist, wie besonders
an der Gestaltung der Bauchmuskeln, des Rippenbogens
und der kleinen Brüste erkennbar, in weichen Übergängen sensibel modelliert. Am Gewand ist der Kontrast zwischen den kräftig vorspringenden, gegossenen Faltenbahnen und den haarfein geritzten Falten bestimmend. Es ist
bemerkenswert, daß die Figur in den Seitenansichten
nicht nur übermäßig schmal wirkt, sondern bei aufsitzender Standfläche nach hinten zu kippen droht; dieser Störung des Gleichgewichtes sollte wohl durch die gegenüber
den Beinen unverhältnismäßig weit vorgesetzten Füße
entgegengewirkt werden, wobei zwischen dem seitlich
zurückgesetzten Spielbein und dem Fuß eine Verbindung
nicht erkennbar ist. Wegen des labilen Standes entfaltet
die Figur ihren Reiz nur in der Vorder- und der Rückansicht.
Die ihre Frisur in einem Spiegel betrachtende Göttin war
ein überaus beliebtes Motiv, das in Haltung, Bekleidung
und Haargestaltung mannigfaltig abgewandelt wurde.
Halbbekleidet, den Spiegel allerdings in der Linken,
erscheint Venus in Statuetten aus Gorsium 1 und Melk (?f,
mit dem Spiegel in der Rechten, dafür aber nackt, in
einem - sicher einheimischen- Fehlguß aus Unterach 3 ;
und bei einer Venus aus Gunskirchen verbinden sich
Nacktheit und in der Linken gehaltener Spiegel4 . Weitere
Variationsmöglichkeiten boten sich in der Bekleidung
und insbesondere bei der Ansatzhöhe des herabgerutschten Gewandes; bei einer Statuette aus Montreux bedeckt
dieses, wie beim Kölner Stück, die Scham, zugleich aber
auch das Gesäß, während den Oberkörper ein dünner
Chiton einhüllt5 . Das geschwungene Standmotiv, die
gelängte Figur und die glatte Bildung des behutsam
gewölbten Inkarnates weisen in hadrianisch-antoninische
Zeit.
Lit.: Kat. Niessen 1 24 Nr. 1 Taf. 13,3; Kat. Niessen 3 218
Nr. 4212 Taf. 125.
376
1
Zs. Banki, Az Istvan Kiralyi Muzeum gyüjtemenye. R6mai kori
figuralis bronz, ezüst es 6lom targyak (1972) 13 ff. Nr. 6 (H. mit Sockel
20,5 cm).
2
Fleischer, Österreich 70 f. Nr. 74 Taf. 42 f. (H. 17,4 cm).
3 Fleischer, Österreich 71 Nr. 75 Taf. 44 (H. noch 14,4 cm).
4
Fleischer, Österreich 69 f. Nr. 73 Taf. 40 f. (H. 14,5 cm).
5
Leibundgut, Westschweiz 55 f. Nr. 50 Taf. 70 f. (H. 15 cm).
Die antiken Bron zen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 110.
43 Victoria
Abb. 111.
Victoria. RGM Inv. N 4223 a. Kat. 43.
Abb. 110-111
Inv. N 4223a.- FO: Köln (Kat. Niessen).- H . 4,2 cm.- Vollguß .- Dunkelolivgrüne Patina. Rechter Fuß und rechte Hand gebrochen . Attribute fehlen.
Die kleinformatige Göttin hat das rechte der beiden fast
gestreckten Beine vorgesetzt und ist offenbar schwebend
dargestellt. Das glatte Untergewand liegt eng am Körper
an. Das unterhalb der Brust gegürtete Obergewand
bedeckt vom lediglich die linke Schulter und Brust sowie
zur Hälfte den Bauch; von hier an hinterfangt es folienartig die Beinpartie. An der entblößten rechten Brust ist die
Brustwarze eingepunzt. Der rechte Arm ist erhoben, der
linke ist nach vom angewinkelt und hielt ein vertikal eingesetztes Attribut. Der Kopf ist zur rechten Körperseite
gedreht. Mund und Augen sind eingepunzt, die Nase als
Steg stehengelassen. Die Haare enden in einer Nackenrolle. Reste von Flügeln sind nicht zu erkennen.
1
Leibundgut, Westschweiz 60 f. Nr. 53 Taf. 80 (aus Corno!. H. 7 cm).
Nr. 54 Taf. 80 (aus dem Kanton Neuburg, H. 6,7 cm).
2
Kaufmann-Heinimann, Augst 76 Nr. 76 Taf. 83 (H. 7,1 cm).
3 Fleischer, Ö sterreich 100 Nr. 121 Taf. 68 (H. 6,4 cm). Nr. 122 Taf.
68 (H. 7,8 cm).
4 G. Faider-Feytmans, Recueil des bronzes de Bavai, Gallia Suppl. 8
(1957) 62f. Nr. 80 Taf. 19 (H. noch 8 cm). Nr. 81 Taf. 19 (H. 10 cm).
5 Zadoks, Netherlands II 144 f. Nr. 62 (H. 12,7 cm).
6 s. hierzu T. Hölscher, Victoria Romana (1967) 6 ff.
7
Fleischer, Österreich 96 Nr. 11 7 Taf. 61; Guß und Form 89f. Nr.
108 Abb . 174.
HEROEN UND MENSCHEN
44 Jüngling (,,Perseus')
Abb. 112-114
Inv. 69,4 15. - FO : Köln, Dom-Westseite, vor den Haupttürmen (Fundbericht 69,2: Grube 1137; s.o. S. 319). - H . 15,2 cm.- Vollguß . - Grauschwarze Patina, Oberfläche größtenteils stark korrodiert ; an der rechten Hüfte, an der linken Körperseite vom Unterarm abwärts und im
Gesicht originale, goldbronzene Oberfläche erhalten. Beide Füße und
rechter Arm abgebrochen , gebrochener rechter Unterschenkel wieder
angesetzt.
Lit.: Kat. Niessen 3 219 Nr 4223a; RaR 218 Kat. C 87.
In der rechten Hand hielt die Göttin wohl einen Kranz, in
der linken einen Palmzweig. Darstellungen dieses häufigen Typus kommen, in Format und Q!:lalität ähnlich
bescheiden, etwa aus der Westschweiz 1, Augsi, Camuntum (?) 3, Bavai4 und - erheblich größer- den Niederlanden5. Bei mehreren Exemplaren steht die Göttin auf
einem Globus, ein Motiv, das auf die Victoria in der
Curia6 zurückgeht, und eine solche Ergänzung wäre auch
bei der Kölner Statuette denkbar. Daß die Flügel fehlen,
ist selten, kommt aber vor, etwa bei einer Victoria aus Villach/ Kämten7.
Wie Abb. 110. Rückseite.
Der Jüngling steht mit überkreuzten Beinen, indem der
Unterschenkel des zur Seite hin eingeknickten rechten
Beines denjenigen des Standbeines überkreuzt; somit
muß letzteres mit ganzer Sohle aufgesessen haben, während die rechte Ferse angehoben war. Der Rumpf ist zur
Spielbeinseite gedreht, eine Bewegung, die im zur Seite
ausgestreckten, an der Unterseite abgeflachten rechten
Arm und in der KopfWendung ins Profil ihre Vollendung
findet. Der linke Arm ist in einen von der Schulter bis
zum Knie reichenden Mantel gehüllt und nach hinten
377
Stefan Ritter
Abb . 112- 114. Jüngling ("Perseus"). RGM lnv. 69,415. Kat. 44.
geführt, so daß die linke Körperseite entblößt wird; die
eingewickelte Hand liegt an den Glutäen an. Im gerundeten Gesicht sitzt über dem leicht geöffneten, kleinen
Mund eine schmale, lange Nase; gewölbte Brauen überspannen kleine Augen mit scharf abgesetzten Lidern und
gehöhlten, einst eingelegten Pupillen. Das Haar besteht
aus in mehreren Reihen um das Haupt gelegten Löckchen, wobei die einzelnen Kompartimente durch tiefe
Einschnitte voneinander getrennt sind. Eine umlaufende
Rille könnte auf eine Binde deuten. Die - etwa an der
Hüfte -kräftig modellierte Körperoberfläche wurde nach
dem Guß stark geglättet.
Lit.:J. Bracker,AA 1969,427 ff. mitAbb.; ders.,Museen in
Köln, Bulletin 9,1970, 912; P.la Baume in: Rom am Dom
(o.J.) 20 Abb. 3; J. Bracker in: RI 124 Abb. 247.
Die Figur wurde von J. Bracker, der ihr mehrere Abhandlungen widmete, als Perseus gedeutet, der, den rechten
Arm auf einen Pfeiler gelegt, das Medusenhaupt hält und
auf diesem seinen Blick ruhen läßt; die Statuette gehe auf
ein lysippisches Original aus der Zeit um 320/10 zurück
und sei im l.Jahrhundert v. Chr. gefertigt worden",als die
größte Nachfrage nach lysippischen Werken bestand" 1 .
Doch die Entschiedenheit, mit der diese Deutung vertreAbgesehen davon, daß
ten wurde, ist nicht ァ・イ」ィエヲゥセN@
das Fehlen jeglicher weiterer "Repliken" es nicht gerade
nahegelegt, aus der - sich zweifellos an spätklassischen
Formen orientierenden - Statuette ein Werk des Lysipp
zu erschließen, ist keine Darstellung des Perseus in diesem
Motiv bekannt. Der einzige Anhaltspunkt für Perseus an
der Figur selbst, die angeblich vorhandenen Flügel im
Haar, ist offenbar erst aus der Deutung gewonnen, denn
es gibt auf dem Haupt keine Reste, die sich nicht zwanglos als Haarbüschel zu erkennen gäben3 . Richtig ist, daß
die Nacktheit, das Mäntelchen, die Frisur und die Haltung auf einen Heros deuten, weiterhin, daß dieser sich,
wegen des abgeflachten rechten Unterarmes, auf etwas
stützte, und schließlich, daß er seinen Blick dort ruhen
läßt, wo sich die rechte Hand befand. Dies alles ließe aber
nicht nur eine Stütze und ein Attribut als Ergänzung zu,
sondern etwa auch eine zweite Figur, um die der Jüngling
seinen Arm legte und der sein versonnener Blick galt, etwa
nach Art der "pasitelischen" Gruppen, die sich im l.Jahrhundert v. Chr. großer Beliebtheit er&euten4 ; in solchen
Zweiergruppen finden sich auch die überkreuzten Beine
und die eingestützte Hand 5 . Die Kombination dieser Haltungsmotive ist jedoch wenig spezifisch und findet sich in
verschiedenstem Zusammenhang; so steht etwa Apollo
mitunter in der gleichen Pose an einer Säule und hält im
aufgestützten Arm einen Lorbeerzweig6, und auch der
erhobene und auf eine hohe Stütze gelegte Arm kommt
bei ihm vor7 • Wegen des Fehlens eindeutigerer Indizien
und ausreichend deutlicher Parallelen, die eine bestimmte
Deutung zumindest nahelegen würden, wird man die
Interpretation wohl einstweilen offenlassen müssen.
378
1
J. Bracker, AA 1969, 435.
La Baume a. 0. : "Den Schlüssel zum Verständnis der Statuette bildet in der Tat das abgeschlagene Medusenhaupt" (?).
3 Links im Haar gibt es zwar an der Stelle, an der ein Flügel zu erwar2
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
ten wäre, eine Beschädigung, doch finden sich solche flachen Ausbrüche an mehreren Stellen der Frisur- außer an derjenigen, an welcher
der rechte Flügel sitzen müßte.
4
vgl. etwa die Orest-Elektra-Gruppen im Thermenmuseum und in
Neapel.J.J . Pollitt,Art in the Hellenistic Age (1986) 175 Abb . 184. 186,
und die Orest-Pylades(?).- Gruppe in Paris, Pollitt a. 0. Abb. 185.
5 vgl. etwa zwei Reliefs in Neapel: M. Bieber, The Sculpture of the
Hellenistic Age 2 (1961) 153 Abb. 653. 654.
6
s. LIMC II 2 (1984) s. v. Apollon/Apollo 198. 209 Taf. 313.
7
ebenda 522 Taf. 345.
45 "Philoktet"
Abb. 115-118
Inv. 84,416.- FO: Köln, Hohe Straße, um 1850 (nach Auskunft des
ehern . Besitzers). Ehemals Besitz von Gen. Brassart. Geschenk 1984
von dessen Schwiegersohn H errn Dr. phil. Dr. rer. nat. Konrad Bartsch.
- H. 24,5 cm . - Hohlguß.- Bräunliche, giftgrün gefleckte Oberfläche.
Linker Arm abgebrochen. Attribut fehlt. Loch an der rechten Schulter.
Die nackte, bärtige männliche Gestalt steht mit eingeknickten Beinen; das rechte, welches das Körpergewicht
trägt, sitzt mit ganzer Sohle auf, das zur Seite gestellte
Linke hingegen nur mit den Zehen. Das sorgfaltig gearbeitete Glied ist infibuliert. Der Oberkörper ist zur linken
Körperseite hin gedreht, wo beide Hände eine den Bohrspuren zufolge schräg vor den Füßen aufsitzende stabartige Stütze umklammerten; der rechte Arm faßte dieselbe
auf Schulterhöhe, der linke wohl über Kopfhöhe. Der
Kopf vervollständigt die Drehung, der Blick schweift über
den linken Oberarm hinweg in die Ferne. Im breiten
Abb . 115.
Gesicht sitzen ein schmallippiger, geschlossener Mund
und, unter kantig geschnittenen Brauen, tiefliegende
Augen. Der Bart ist aus flockigen Löckchen gebildet, das
Haupthaar läuft in länglichen, wild durcheinanderliegenden Strähnen, die scharf voneinander getrennt sind, nach
hinten. Die Oberfläche des muskulösen Körpers ist sorgfaltig modelliert, Muskeln und Inskriptionen treten deutlich hervor.
Lit.: G. Libertini, RIA 4, 1932/ 33, 74 ff. Abb. 1 f.; A.
Andren, OpAreh 7, 1952, 1 ff. Taf. VI. VIIAbb.19; R. Thomas,Museen derStadtKöln,Bulletin 6,1985,71 ff.Abb.1;
dies. in: Griechische und römische Statuetten und Großbronzen. Akten der 9. Tagung über antike Bronzen, Wien
1986 (1988) 302 ff.; dies. in: Akten des XIII. Internationalen Kongresses für Klassische Archäologie, Berlin 1988
(1990) 303 f.; dies., Griechische Bronzestatuetten (1992)
114 ff. Abb. 8. 109 ff.
G. Libertini, der die Statuette 1932/33 zusammen mit
einem überaus ähnlichen und auch in der Größe entsprechenden Stück in Catania 1 besprach, zog die Deutung als
Philoktet in Erwägung, verwarf sie jedoch, da Spuren einer
Wunde am Fuß fehlten und Philoktet zudem sitzend zu
erwarten se?. A. Andren sah in den beiden Statuetten
graeco-römische Kopien einer Darstellung des sitzenden
Philoktet aus dem späten 2.Jahrhundert v. Chr. 3 . R. Thomas wandte dagegen ein, daß die Kölner Statuette anders
Abb . 116.
"Philoktet". RGM Inv. 84,416. Kat. 45 .
379
Wie Abb . 115. Linke Dreiviertel-Rückansicht.
Stefan Ritter
Abb. 11 7. Wie Abb. 115. Rechte Dreiviertelansicht.
Abb. 11 8.
als das Stück in Catania keine Ansatzspuren einer Sitzfläche aufweist. Sie rekonstruierte erstere in einer sich an
einem Stab aufrichtenden Bewegung, wobei der nur mit
den Zehen aufsitzende linke Fuß für eine Fußverletzung
sprechen könnte 4 • Sie stellte weiterhin fest, daß sowohl
Kopf- und Haargestaltung, aber auch das Haltungsmotiv
in das ausgehende 4.Jahrhundert v. Chr. deuteten 5 ; dabei
zeigen die stilistischen Details und der geringe Bleigehalt
(0,42 %), der weit niedriger ist als bei römischen Bronzestatuetten, daß es sich nicht um eine römische Kopie, sondern ein griechisches Original handelt6 • Aufgrund des
Bewegungsrhythmus der Figur, ihrer Raumkomposition
sowie der stilistischen Ausführung im D etail neigt R. Thomas zu der Ansicht, daß es vorstellbar sei, "daß es sich bei
den Philoktetstatuetten in Catania und in Köln um originale Werke des ausgehenden 4. Jahrhunderts v. Chr. handelt, die in der Nachfolge Lysipps entstanden sind" 7 .
Der schlechte Erhaltungszustand und die geringe
Größe der Statuetten, aber auch die Wiederaufnahme
klassischer Formelemente in hellenistischer Zeit warnen
vor einer allzu gerrauen zeitlichen Eingrenzung. Was das
dargestellte Sujet anbetrifft, so handelt es sich offenbar,
vor allem wegen des Fehlens jeglicher Bekleidung, weder
um eine reale Gestalt noch, wegen des Habitus, um eine
göttliche Figur, sondern um eine Gestalt aus dem
Mythos 8. Die vorgeschlagene Deutung der auf einen Stab
gestützten und in ihrer Gebrechlichkeit und elenden Verfassung isolierten Figur als Philoktet könnte zutreffen,
wenn sie auch nicht völlig zu sichern ist.
Wie Abb. 115. Rechte Dreiviertel-Rückansicht.
1
G. Libertini, RIA 4, 1923/ 33,73 ff. Taf. 1 (H . 25 cm). Thomas in :
Griechische und römische Statuetten 302 ff.
2 Libertini a. 0 . 75 ff. Vgl. zu Darstellungen des sitzenden Philoktet
etwa T. Dohrn, RM 84, 1977,213 ff. mit Taf. 111 f. Thomas, in: Griechische und römische Statuetten 302.
3
A. Andren, OpAreh 7, 1952, 42ff.
4 R. Thomas in : Griechische und römische Statuetten 303 ff.
5 Thomas a. 0 . 304 ff.; dies., Griechische Bronzestatuetten 116 ff.
6 R. Thomas, Griechische Bronzestatuetten 114 f.
7
Thomas a. 0 . 11 7.
8 Thomas in : Griechische und römische Statuetten 306 f.; dies. in:
Akten XIII. Kongreß a. 0. 303.
4 6 Opfernder
Abb. 119-121
Inv. l104.- FO: Köln (Inventar). Ankauf aus der Slg. Forst 1899.- H .13
cm. - Hohlguß. - Schwarz-olivgrüne Patina. Rechte H and abgebrochen. Attribut in linker H and verloren .
Die bärtige männliche Gestalt hat das linke Bein seitlich
zurückgesetzt; beide Füße stehen mit ganzer Sohle auf.
Die Figur trägt spitz zulaufende Schuhe mit flacher Sohle
und ist über einem Untergewand mit einer bis zum Hals
geschlossenen- und hier rautenförmig ausgeschnittenenTunika bekleidet, die mit Überfall gegürtet ist und die
Arme bis zu den Ellenbogen bedeckt. Der rechte Arm
weist seitlich nach vorn; die Hand des herabhängenden
linken Armes ist durchbohrt und hielt ein horizontal eingesetztes Attribut. Im nach vorn gewandten, kantigen
Gesicht sitzen ein gerader, schmallippiger Mund, eine
kräftige Nase mit leicht gewölbtem Nasenrücken und tief-
380
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb . 119-121. Opfernder. RGM lnv. 1104. Kat. 46.
lene - Statuette aus Arles wurde in einer Aschenurne
gefunden, was einen willkommenen Hinweis auf die letztliehe Verwendung solcher Darstellungen gibt. Frisur- und
Bartgestaltung weisen in das 3. Jahrhundert n. Chr.
liegende Augen mit gebohrter Pupille. Das Haar besteht
aus vom Wirbel ausgehenden kräftigen Strähnen und bildet, da -wie auch beim kurzgeschnittenen Bart - auf tiefere Eingriffe in die Substanz verzichtet wurde, eine
geschlossene Kappe.
1
Cristofani, 270 Nr. 54 Abb. S. 163.
W. Altmann, Die römischen Grabaltäre der Kaiserzeit (1905) 235
Abb. 189; Helbig4 I Nr. 391 (E. Simon).
3 Oggiano-Bitar, Bouches-du-Rhöne 117 f. N r. 251. Das Stück ist
verschollen.
2
Lit.: H. Schaaffhausen, Banner Jahrb. 89, 1890, 60 ff. Taf.
1,1; Katalog des reichhaltigen Antiken-Cabinets aus dem
Nachlasse des Herrn Regierungsbaumeisters W. Forst. Versteigerung 1899 (1899) Nr. 180. Reinach, RSt III 178,12;
Klinkenberg, Köln 339 Nr. 17; RI 35 Abb. 75 .
In den bisherigen Publikationen wurde der Dargestellte
als ein den Pflug führender Landmann gedeutet. Dies hat
nicht nur wegen des für römische Bronzestatuetten ungewöhnlichen Themas wenig Wahrscheinlichkeit für sich,
sondern auch deshalb, weil ein Pflügender, wie etwa eine
etruskische Gruppe aus Arezzo zeigt 1, mit parallel nach
vorn greifenden Händen zu erwarten wäre. Eher ist an
einen Opfernden zu denken, der in der Rechten eine
patera hält. In dieser Weise erscheint auf einem severischen Grabaltar im Vatikan ein Centurio, der über einem
Altar spendet und in der Linken als Rangzeichen einen
Knopfstab (vitis) hält; bekleidet ist er gleichfalls mit einer
Tunika und Stiefeln, dazu mit einer Paenuli. Auch ein in
Arles gefundenes Bronzefigürchen, welches einen tunicatus mit einer Schriftrolle in der erhobenen Rechten vorstellt3, zeigt, daß wohl ein repräsentativerer Rang als der
eines Landmannes zu erwarten ist. Die - jetzt verschal-
FRAGMENTE UND ATTRIBUTE
VON STATUETTEN
47 R.hyton in Hand
Abb. 122-124
lnv. N 8931.- FO: Köln, Neusser Str. (Kat. Niessen). - H . noch 4,0 cm. Vollguß. - Hellgrüne Patina.
381
Das Rhyton wird von einer Hand gehalten, die wegen des
Stiftloches und des geglätteten Randes an die verlorene
Statuette gesondert angesetzt war. Das Gefäß verbreitert
sich nach oben hin und wird, oben ausgehöhlt, von
einem zurückspringenden ringartigen Rand abgeschlossen. Das untere Ende schwingt nach vorn aus und ist in
Form eines Delphins gebildet, auf dessen Rücken ein
geflügelter Amor hockt. Dieser hält sich mit beiden Händen am Kopf des Delphins fest; die aufgestellten Flügel
schmiegen sich schwungvoll an den Gefäßkörper an. Die
Stefan Ritter
Abb. 122-124.
Rhyton in Hand. RGM Inv. N 8931. Kat. 47.
Augen und das Maul des Delphins sowie die Augen des
Amor sind durch Kerben markiert. Die einzelnen
Bestandteile des im Ganzen gegossenen Stückes sind
durch scharfe Kerbungen betont voneinander abgesetzt.
den Grabungen in Augsi und auf dem Magdalensberg3 .
Einzeln gefundene caducei werden wohl größtenteils zu
Mercurstatuetten gehört haben, da sie bei diesen getrennt
gegossen wurden; doch deuten einige Funde darauf, daß
sie auch einzeln als Votivgaben gestiftet werden konnten4 .
Unveröffentlicht.
1
Das Stück gehörte zu der Statuette eines Laren. Ein ausgezeichnet erhaltenes Beispiel stellt die in Augst gefundene
Statuette eines Laren compitalis dar, welcher in der Linken ein in Motiv und auch Größe dem Kölner Exemplar
sehr gut vergleichbares Rhyton emporhält1• Der Augster
Lar ist 25 cm hoch, und ähnlich stattlich wird man sich
auch die verlorene Kölner Statuette vorzustellen haben.
1
Zadoks , Netherlands II 184 f. Nr. 80.
Kaufmann-Heinimann, Augst 103 Nr. 148 Taf. 102.- KaufmannHeinimann, Neufunde 74 f. Nr. 97, 98 Taf. 60.
3
Fleischer, Österreich 192 Nr. 278b Taf.130 .
4
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 75 (zu Nr. 97-102).
2
Kaufmann-Heinimann, Augst 56 f. Nr. 52 Taf. 52 ff.
48 Caduceus
Abb. 125
Inv. 28,68. - FO: Köln (Inventar). Ehemals Sammlung Reimbold ?
Ankauf 1928. - H. 12,9 cm. - Hellgrüne Patina.
Der dünne, unten in einem Knauf endende Schaft besitzt
über dem spiralförmig umwickelten Mittelteil kleine,
geschwungene Flügel mit durch leichte Ritzungen voneinander abgesetzten Federn. Das 8-förmige Oberteil aus
Bronzedraht besteht aus zwei Schlangen, deren Leiber in
der Mitte miteinanderverschlungen sind und deren scheibenförmig stilisierte Köpfe sich oben berühren.
Unveröffentlicht.
Ein fast ebenso langer caduceus, allerdings weniger
kunstvoll gearbeitet, wurde bei Grabungen in Nijmegen
gefunden 1 ; wesentlich kleinere Stücke stammen etwa aus
Abb . 125.
382
Caduceus. RGM Inv. 28,68. Kat. 48.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
cm.- Vollguß.- Olivgrüne Patina. Linkes Vorderbein und hintere Hufe
abgebrochen . Der Nackenaufsatz fehlt.
Abb. 126. Thron. RGM Inv. M 800. Kat. 49.
49 Thron
Abb. 126
Inv. Metall800.- FO : Köln, Agrippa-Str. (Inventar). Ankauf 1893 .- H .
9,0 cm, Br. 7,4 cm, T. 2,4 cm. - Olivgrüne Patina.
Die schmale rechteckige Sitzfläche wird von vier flachen
Beinen getragen. Diese sind mit vier jeweils paarweise
gegeneinandergesetzten kapitellartigen Volutenpaaren
verziert. Die vorderen Beine überragen im lediglich waagerecht geteilten oberen Abschluß den Sitz. Die hinteren
Beine sind merklich nach innen versetzt, so daß man ihre
Innenseiten von vorn sehen kann. Die senkrecht abschließende, quadratische Rückenlehne wird von sechs
Löchern durchbrachen, die in zwei Reihen angeordnet
sind. Ihren oberen Abschluß bildet, über einer mit einer
Reihe aus Punkten und Strichen verzierten Leiste, ein
schmaler Rand . Die Ecken werden von kapitellartigen,
abgetreppt seitlich vorspringenden Aufsätzen bekrönt.
Der Stier ist mit angehobenem rechtem Vorderbein schreitend dargestellt. Der am bulligen Nacken ansetzende
Kopf ist leicht gesenkt nach rechts gewandt. In der flachen
Kuhle am Nackenansatz, hinter Ohren und Hörnern,
sitzt ein Stiftloch. Der geschwungene Schwanz läuft am
linken Hinterbein aus und ist am Ende zweigeteilt. Die
Einzelformen sind über aus sorgfaltig modelliert: Details
wie etwa die krause Stirnbeharrung oder die silbern eingelegten Augen sind fein ziseliert, und sehr gekonnt ist auch
der Kontrast zwischen sich straff über dem Knochenge- ·
rüst spannenden und- an der Wamme- durchhängenden
Hautpartien erfaßt. Von Kat. 51 unterscheidet sich der
Stier in der stärker nach vorn drängenden Bewegung, der
gestreckten Körperhaltung, den weniger geschwungenen
Einzelformen (Nacken, Hinterbeine), der straff durchgezogenen Wamme, im höher ansetzenden Schwanz, in den
weiter auseinandergestellten Hinterbeinen, im steiler
gestellten linken und im angewinkelten rechten Vorderbein, in der Anordnung der- feiner unterteilten -Stirnhaare und in Details wie der Ausarbeitung der Ohren,
Augen und Hoden.
Lit.: H. Schaaffhausen, Bonner Jahrb. 85, 1888, 56; Katalog des reichhaltigen Antiken-Cabinets aus dem Nachlasse des Herrn Regierungsbaumeisters W. Forst. Versteigerung 1899 (1899) Nr. 194. A. Furtwängler, Bonner Jahrb.
108/109, 1902, 240 Taf. 7,1 (= ders., Kleine Schriften 2
(1913) 373 Taf. 39,1); Reinach, RSt III 214,6; Klinkenberg,
Köln 293; Grimm, Zeugnisse 161 Nr. 48 Taf. 42,1;
G. Ristow, Kölner Jahrb. 10, 1969, 73 Nr. 47 Taf. 12,1.
Die Deutung als Apisstier ist durch das Stiftloch im Nakken gesichert, denn dies ist die charakteristische Zurüstung fur das Aufsetzen einer Mondsichel. DerTypus entstand, wie G. Grimm wahrscheinlich machte, in Italien im
1. Jahrhundert v. Chr. oder in der frühen Kaiserzeit 1.
Unveröffentlicht.
1
DerThron diente wohl der Statuette einer sitzenden Gottheit, die etwas kleiner als die Matrone Kat. 22 gewesen
sein muß.
51 Apisstier
Abb. 129.130
Inv. 25,483 . - FO: Köln? (Inventar; s. Kat. 14). Ehemals Sammlung
Braubach . Ankauf 1925. - L. 7,5 cm . - Vollguß. - Olivgrüne Patina. Linkes Vorderbein, beide Hinterbeine und unterer Teil des (verbogenen)
Schwanzes abgebrochen . Rechtes Bein unterhalb des Knies gebrochen
und wieder angesetzt. Oberfläche stellenweise stärker korrodiert. Gleicher Typus wie Kat. 50, s. dort.
TIERE
50 Apisstier
Grimm a. O. 214f.
Abb. 127.128
Inv. Metall1089.- FO: Köln , "Sommer 1885 vor dem Hahnenthor an
der Aachener Straße ... beim Fundamentieren eines neuen Hauses .. ."
(Schaaffhausen S. 56).- Ehemals Sammlung Forst. Ankauf 1899.- L. 7,7
Lit.: Grimm, Zeugnisse 162 Nr. 49 Taf. 41,2; G. Ristow,
Kölner Jahrb. 10, 1969, 73 f. Nr. 48 Taf. 12,2.
383
Stefan Ritter
Abb . 127.128. Apisstier. RGM Inv. M 1089. Kat. 50.
Abb. 129.130.
Apisstier. RGM Inv. 25,483 . Kat. 51.
G. Ristow postulierte, daß die beiden Statuetten Kat. 50
und 51 wegen der "Gleichheit in Haltung, Proportion und
Größe" und der ganz ähnlichen Modeliierung und Gestaltung der Einzelteile aus derselben Form stammen müßten 1• Dagegen sprechen aber die zahlreichen Unterschiede, die nicht nur (wie in der Modeliierung und in der
Ausarbeitung der Details) auf unterschiedliche Bearbeitung nach dem Guß zurückgeführt werden können, sondern zum Teil grundsätzlicher Art sind und auf den Guß
zurückgehen.
1
Ristow a. 0 . 74.
52 Stier
Abb. 131
Inv. N 4237.-FO : Köln (Kat. Niessen).-L.4,8 cm.- Vollguß.-Hell- bis
dunkelgrüne Patina. Oberfläche stark korrodiert. Rechtes Horn abgebrochen.
384
Das plumpe Tier mit dem kurzen Körper steht ruhig auf
allen Vieren. Die massigen Beine enden in ausladenden,
gespaltenen Hufen. Der Bauch hängt in der Mitte durch;
die Hoden sind deutlich angegeben. Am erhöhten Hinterteil sitzt ein flacher Schwanz. Auffällig ist die vertikal abgeflachte Vorderseite des Kopfes. Die Ohren sind seitlich
abgestellt, die Hörner ragen auf.
Lit.: Kat. Niessen3 220 Nr. 4237.
Gut vergleichbar ist ein ebenso vierschrötig gebauter Stier
aus den Niederlanden 1. Ein weiterer Stier aus Köln, allerdings doppelt so groß, qualitätvoller und schreitend dargestellt, befindet sich in Bonn2 . Solche Stierstatuetten
waren vielleicht Votivgaben 3 •
1
2
3
Zadoks, Netherlands I 112 f. Nr. 46.
Menzel, Bonn 63 Nr. 130 Taf. 80.
s. Menzel, Bonn 62 zu Nr. 125.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 131.
53 Hengst
gestrecktem Körper auf den Hinterbeinen und greift mit
den Vorderbeinen, deren Hufe sich berühren, weit nach
vorn aus. Der Sattel mir den vier Buckeln ist, wie zahlreiche Reitergrabsteine zeigen, der charakteristische Hörnchensattel der römischen Reiterei. Er liegt auf einer
ringsum von geritzten Fransen gesäumten Satteldecke
und ist mit aus Kupfer eingelegten Gurten befestigt, die
sich um Bug und Hinterteil sowie, sich unten überkreuzend, um den Bauch des Tieres schlingen und deren
Enden vorn und hinten herabhängen. Kupfern eingelegt
ist auch das Zaumzeug am nach rechts gedrehten Kopf.
Das Maul ist geöffnet und zeigt die gebleckten Zähne; die
Nüstern sind gebläht, die Augen aufgerissen. In die kurz
geschnittene Mähne sind fein die Härchen eingeritzt. Die
Hoden sind angegeben. Der Körper ist sorgfältigst modelliert. Die einzelnen Muskelstränge treten in leichten, aber
deutlichen Schwellungen hervor und entsprechen genau
der kraftvollen Spannung des Körpers.
Stier. RGM lnv. N 4237. Kat. 52.
Lit.: R. Thomas,Archäologie in Köln 1,1992,61 f.Abb. 7;
dies., Ein Bronzepferdchen aus Köln, in: Acta of the 12th
Bronze Congress in Nijmegen 2, 1992, 81 ff. Abb. 1-2.
Abb. 132-135
o. lnv. - FO: Köln, Barbarossaplatz (Fundbericht 90,4; s. o. S. 318).L.: 12,1 cm.- Vollguß.- Dunkelolivgrüne, rotbraun-gefleckte Patina.
Hinterbeine am Knie und der Schwanz abgebrochen.
Die überaus qualitätvolle und vorzüglich erhaltene Statuette zeigt ein springendes gesatteltes Pferd. Es steht mit
Abb. 132.
Zwei in Avenches 1 undJupille (Liege) 2 gefundene Pferde
zeigen die gleiche Sprunghaltung und sind von vergleichbarem Format. Sie sind jedoch ungesattelt. Ob das Kölner
Pferd einen Reiter trug, muß offenbleiben; das Fehlen
Hengst. RGM o. lnv. Kat. 53.
385
Stefan Ritter
Abb. 133.
Abb . 134.
Wie Abb . 132. Linke Seitenansicht.
Wie Abb. 132. Schrägansicht von links.
Abb. 135.
386
Wie Abb. 132. Schrägansicht von rechts.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
von Befestigungsspuren am Sattel muß nicht unbedingt
dagegen sprechen3 •
1
2
3
Leibundgut, Avenches 62 Nr. 43 Taf. 46.
Faider-Feytmans, Belgique 92 Nr. 97 Taf. 58 f.
anders Thomas a. 0. 62.
54 Hengst
Abb. 136
lnv. Metall1353.- FO: Köln (Inventar). Ankauf 1904.- L. 7 cm. - Vollguß. - Grauschwarze Patina. Alle Beine abgebrochen .
Das kräftige Pferd ist im Schreiten dargestellt, den Kopf
leicht nach rechts gewandt. Hinterbacken und Bug treten
weich gewölbt hervor, die Hoden und der Schwanz sind
deutlich herausgearbeitet. Die langen Strähnen der
Mähne sind durch Rillen voneinander abgesetzt. Die
Augen sind silbern eingelegt; das geschlossene, durch eine
Kerbe angedeutete Maul ist unsymmetrisch schräg abgeflacht.
Abb. 137.
Panther. RGM lnv. M 958. Kat. 55.
Abb. 138.
Wie Abb. 137. Linke Seitenansicht.
Unveröffentlicht.
Zwei- allerdings wesentlich kleinere -schreitende Pferde
wurden wohl in Carnuntum gefunden\ zwei weitere
stammen aus den Niederlanden2 .
1
Fleischer, Österreich 181, Nr. 253. 254 Taf. 126.
Zadoks, Netherlands I 122 f. Nr. 50; Zadoks, Netherlands II 170
Nr. 74.
2
Patina. Rechtes Hinterbein abgebrochen. Stiftloch zwischen den Vorderbeinen offenbar rezent.
Abb. 136.
55 Panther
Hengst. RGM lnv. M 1353. Kat. 54.
Der Panther schreitet mit vorgesetztem rechtem Vorderbein, den Kopf leicht nach rechts gewandt. Das Maul ist
geöffnet, der Kopf mit den kleinen Ohren und geritzten
Augen fein modelliert. Ein kräftiger Nacken leitet zu dem
geschwungenen Körper über. Der Schwanz endet am linken Hinterbein. Unter der straffen Haut zeichnen sich
Knochen und Muskelstränge ab. Die Flecken des Felles
sind kreisrund eingepunzt. Ursprünglich saßen die beiden linken Beine und das- abgebrochene- rechte Hinterbein am Boden auf, so daß das rechte Vorderbein leicht
angehoben war. Der geduckte Gang und das geöffnete
Maul bringen das gefährlich Lauernde des kräftigen Raubtieres überzeugend zum Ausdruck.
Unveröffentlicht.
Abb. 137.138
In Modeliierung und Haltung sind etwa Panther aus Yverdon (Schweiz) 1 und wohl Carnuntum2 gut vergleichbar.
lnv. Metall 958. - FO: Köln, Richard-Wagner-Str., 1895 (Inventar).
Ankauf 1895. - L. 5,7 cm.- Vollguß.- Dunkel- bis hellgrün gefleckte
387
Stefan Ritter
Zwei andere Panther aus Carnuntum sind hockend bzw.
mit erhobenem Haupt schreitend dargestellt3 • Bronzestatuetten von Panthern waren wohl entweder mit Statuetten des Bacchus verbunden oder wurden, so wie etwa Ziegen dem Mercurius4 , dem Gott als Votivgaben geweiht.
1
Leibundgut, Westschweiz 76 f. Nr. 66 Taf. 104.
Fleischer, Österreich 180 Nr. 251 Taf. 126.
3
Fleischer, Österreich 179 Nr. 248 Taf. 123 und 180 Nr. 250 Taf. 126.
4
s. Bemerkungen zu Kat. 57.
2
56 Panther
Abb. 139
Inv. 25,484. - FO: Köln? (Inventar; s. Kat. 14). Ehemals Sammlung
Braubach. Ankauf 1925.- L. 8 cm.- Vollguß.- Hellgrüne Patina. Alle
Unterschenkel und der Schwanz abgebrochen.
Abb.140.
Der Panther schreitet mit angehobenem rechtem Vorderbein. Der schlanke, kräftige Körper mit dem starken Nakken ist gestreckt, der kleine Kopf leicht nach rechts
gewandt. Die Augen sind in Silber eingelegt, während das
bunte Fell durch Einlagen von runden Silber- und länglichen Kupferstücken angedeutet ist.
Lit.: Fremersdorf, Neuerwerbungen 29 Taf. 117.
Vgl. Kat. 55.
Ziegenbock neben einem Baum. RGM Inv. 27,125 . Kat. 57.
ein Ziegenbock. Das Tier hat die Beine am Boden von
sich gestreckt und wendet den erhobenen Kopf zurück.
Das zottige Fell ist ringsum mit länglichen, leicht
geschwungenen Kerben angegeben, ebenso der spitze
Bart. Daneben steht ein knorriger Baum, dessen unten
ausgehöhlter Stamm sich aufHöhe des Tierkopfes in zwei
kräftige Astgabeln verzweigt.
Lit.: Fremersdorf, Neuerwerbungen 29 Taf. 113.
57 Ziegenbock neben einem Baum
Abb. 140
Die Gruppe muß wegen der abgebrochenen Standplatte
ursprünglich noch mehr Figuren umfaßt haben. Da viele
der mit der Basis erhaltenen Statuetten einen Ziegenbock
als Begleiter des Mercurius zeigen 1, könnte die ungewöhnlich lange Platte durchaus eine Statuette des Gotte getragen haben. Ein vergleichbares Arrangement mit Gottheit,
ihrem speziellen Tier und Baum zeigt die samt Basis
erhaltene Gruppe der Dea Artio mit ihrer Bärin aus Muri
bei Bern2 • Daß Bronzedarstellungen von Ziegenböcken
auch allein dem Mercurius geweiht wurden, ist durch eine
Inschrift auf der Basis eines in der Schweiz gefundenen
Ziegenbockes belegt3 •
Inv. 27,125.- FO: Köln, "An der Luxemburger Straße bei den Grabungen des Konsuls Niessen, der das Stück aber aufLoeschckes Ansicht hin
-es sei nicht antik- weggab" (Inventar). Geschenk von Antiquar Becker
1927. -H. 8,4 cm, L.10,2 cm. - Vollguß.- Olivgrüne Patina. LinkerTeil
der Standplatte abgebrochen, ebenso die Enden der Hörnerdes Ziegenbockes.
Auf einer unregelmäßig rechteckigen Standplatte, deren
linke Seite abgebrochen ist, lagert neben der Bruchstelle
1
s. etwa Kaufmann-Heinimann, Augst 36 Nr. 31 Taf. 21 f. 37 Nr. 32
Taf. 23 ff.; Kaufinann-Heinimann, Neufunde 7 ff. Nr. 4 Taf. 7 ff. 19 ff.
Nr. 15 Taf. 20 ff. 57 f. Anm. 2 (Liste).
2
Leibundgut, Westschweiz 66 ff. Nr. 60 Taf. 88 ff.
3
Leibundgut, Westschweiz 74 f. Nr. 63 Taf. 98 ff.
58 Ziegenbock
Abb. 139.
Abb. 141
Inv. 27,133.- FO: Köln, "bei einem Skelett auf der Baustelle Maastrichter Str. 38 am 18. 2. 27, zus. mit den folgenden Stücken . . ." (Keramik,
Glas .. .). "Es handelt sich um eine völkerwanderungszeitliche Beisetzung" (Inventar). - H. 2,9 cm. - Vollguß. - Hell-olivgrüne Patina.
Panther. RGM Inv. 25,484. Kat. 56.
388
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 141.
Ziegenbock. RGM lnv. 27,133 . Kat. 58.
Abb. 142.
Ziegenbock. RGM lnv. N 4241. Kat. 59.
Der kleine Ziegenbock steht auf den kurzen, kräftigen Beinen ruhig da, den Kopf leicht nach links gewandt. Maul,
Augen und Ohren sind deutlich herausgearbeitet, die
Hörner stehen, leicht geschwungen, nach hinten, das
kurze Schwänzchen ist aufgerichtet. Die langen, zottigen
Haare des Felles sind durch flache Grate voneinander
geschieden.
Gut vergleichbar sind etwa zwei ebenso winzige Ziegenböcke aus Carnuntum 1 und Augsr, deren Beine beim
Guß gleichfalls nicht getrennt wurden.
Unveröffentlicht.
60 Widder
Drei ebenso kleine Ziegenböcke aus Köln befinden sich
im Museum in Bonn 1, andere wurden in größerer Zahl
etwa in Augsr und an verschiedenen Orten in Belgien 3
gefunden. Auf einer einst eine Statuette des Mercurius tragenden Basis aus Augst erscheint neben einer Schildkröte
ein ebenso kleiner, in Haltung und Modeliierung sehr
ähnlicher Bock, so daß das Köln er Tier wohl in derselben
Weise Verwendung fand 4 •
lnv. Metall 1060.- FO: Köln, Neusser Str., 1899 (Inventar). Ankauf
1899.- L. 4,0 cm. - Vollguß.- Dunkelgrüne Patina. Rechtes Vorderbein
abgebrochen; rechtes Hinterbein gebrochen und zu schräg wieder
angesetzt.
1
2
3
4
1
Fleischer, Österreich 186 Nr. 265 Taf. 128.
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 60 Nr. 57Taf. 54 (mit weiteren
Beispielen).
2
Der kleine Widder steht mit zur Mitte eingezogenen Beinen. Am erhobenen Kopf mit den nach vorn eingedrehten Hörnern sind Maul, Augen und Ohren durch kleine
Erhebungen angedeutet. Das Tier trägt an beiden Seiten
je einen unten dreizipflig ausladenden Sack.
Menzel, Bonn 67f. Nr. 144. 146. 147 Taf. 82.
Kaufmann-Heinimann, Augst 89 Nr. 94--97 Taf. 94.
Faider-Feytmans, Belgique 95 f. Nr. 108--112 Taf. 60.
Kaufmann-Heinimann, Augst 105 Nr. 155 Taf. 103 f.
59 Ziegenbock
Abb. 143
Unveröffentlicht.
Abb. 142
lnv. N. 4241.- FO: Köln (Kat. Niessen). - L. 2,1 cm.- Vollguß.- Grauschwarze Patina. Oberseite des linken Ohres abgebrochen.
Das winzige Böckchen steht auf einem die Beine verbindenden schmalen Steg. Der langrechteckige Körper ist seitlich abgeflacht. Der Hals ist kurz, das Maul durch eine
kleine Kerbe bezeichnet. Zwei spitze Hörner sind nach
hinten gestreckt; hinten sitzt ein kleines Schwänzchen.
Zwei weitere Widder aus Köln, allerdings mit deutlicher
angegebenem Fell, befinden sich jetzt in Bonn 1• Widder
und Ziegenböcke mit Säcken kommen häufiger vor. Die
Säcke weisen die seitlichen und den unteren Zipfel des zu
Mercurius gehörenden Geldbeutels auf. Ein lasttragender
Widder in Zürich, der mit einer Statuette des Gottes
zusammengegossen ist, zeigt, daß auch die isoliert gefundenen Tiere wohl als Beifiguren von Statuetten des Mercurius dienten 3 •
Lit.: Kat. Niessen 3 221 Nr. 4241.
389
1
Menzel, Bann 67 Nr. 143. 145 Taf. 82.
s. Kaufmann-Heinimann, Neufunde 58 f. Nr. 54 Taf. 54 (Anm.
1:Liste).
3 R. Ulrich-A. Heizmann, Catalog der Sammlungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich 2 (1890) 16 Nr. 2857 Taf. neben S. 12;
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 59 Anm. 2 (zu Nr. 54).
2
S tefan Ritter
Abb. 143. Widder. RGM lnv. M 1060. Kat. 60.
61 Widder
Abb. 144
Inv. N 8925.- FO: Köln (Kat. Niessen).- L. 4,6 cm.- Vollguß.- Grauschwarze Patina. Unterer Teil des linken Vorderbeins abgebrochen,
Hinterbeine verbogen.
Abb . 145.
Eber. RGM lnv. 26,149. Kat. 62.
62 Eber
Abb. 145
Inv. 26,149.-FO: Köln (Inventar).- L. 5 cm.- Vollguß.- Grauschwarze
Patina . Hinterbeine abgebrochen.
Unveröffentlicht.
Der Eber steht auf seinen gespaltenen Hufen ruhig da.
Am massigen Körper hängt der Bauch leicht durch. Das
Maul, die kleinen Hauer und die Augen sind sorgfaltig
gearbeitet. Zwischen den nach hinten angelegten Ohren
setzt der Kamm an, der als geschwungener Grat über den
Rücken läuft und an dem eingeringelten Schwänzchen
endet. Wie die Abflachung der Vorderhufe zeigt, stand das
Tier ursprünglich leicht nach vorn geneigt.
Vgl. zu Kat. 60.
Unveröffentlicht.
Der Widder steht mit gestrecktenVorder-und eingeknickten Hinterbeinen. Der Kopf mit den eingedrehten Hörnern ist aufgerichtet; aufKaltarbeit wurde hier verzichtet.
Der buschige Schwanz hängt herab. Das Fell ist mit flachen buckeligen Zotteln angegeben.
Zwei etwas kleinere Eber aus Köln befinden sich in Bonn 1•
Weitere wurden an verschiedenen Orten Belgiens gefunden2. Die Bronzen von Ebern und Schweinen dienten
vielleicht als Votivgaben3 •
1
2
3
Menzel, Bonn 68 f. Nr. 150. 152 Taf. 82.
Faider-Feytmans, Belgique 93 Nr. 101-103 Taf. 58.
s. Fleischer, Österreich 184 zu Nr. 258.
63 Schwein
Abb. 146
Inv. N 4238. - FO: Köln (Kat. Niessen). - L. 4,0 cm. - Vollguß. Schwarzgraue Patina. Rechtes Hinterbein abgebrochen . Unten rezentes Stiftloch.
Abb. 144. Widder. RGM lnv. N 8925. Kat. 61.
Das kräftige Schweinchen steht ruhig da; die Fußflächen
liegen in einer Ebene. Am leicht erhobenen Kopf sitzen
kleine, zurückgestellte Ohren; diese sind ebenso wie die
Schnauze und die Augen durch Kerbungen strukturiert.
Über dem gekerbten Hintern sitzt das eingeringelte
Schwänzchen.
390
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 146.
Schwein. RGM Inv. N 4238. Kat. 63.
Lit.: Kat. Niessen 2 58 Nr. Ü29; Kat. Niessen 3 220
Nr. 4238.
Zwei ähnlich kleine Schweine aus Köln befinden sich in
Bonn 1•
1
Abb . 147.
Hund . RGM Inv. 25,926. Kat. 64.
Menzel, Bonn 68 f. Nr. 149. 151 Taf. 82.
64 Hund
dem stehend gezeigt sind, wurden in Carnuntum 1 und
Tri er gefunden2 • Ein hockender Hund, wie der aus Tri er
ebenfalls mit Halsband, stammt vom Großen St. Bernhard3. Von gleichem Typus und ähnlicher Größe wie das
Kölner Stück ist ein Hund aus Vomburg unweit der Rheinmündung, der mit zurückgewandtem Kopf am Boden
lagert4 . In der Haltung gut vergleichbar ist ein kleinerer
Hund, der in Augst gefunden wurde 5 .
Abb. 147
Inv. 25,926. - FO: Köln, bei Grabungen 1925/26 in einem Brandgrab
in 2,45 m Tiefe unter dem Kreuzgang von St. Severin, in einer Knochenschicht zusammen mit dem zugehörigen Sockel und Münzen des
Hadrian, der Faustina Maior und des Commodus (Päffgen s. u.).- H.
7,2 cm.- Vollguß.- Olivgrüne Patina. Der mitgefundene Sockel wurde
zu einem nicht bekannten Zeitpunkt entfernt.
1
Fleischer, Österreich 185 Nr. 261 Taf. 128.
Menzel, Trier 45 f. Nr. 95 Taf. 45 .
3
Leibundgut, Westschweiz 78 Nr. 71 Taf. 106.
4
Zadoks, Netherlands II 166 Nr. 72.
5 Kaufmann-Heinimann, Neufunde 57 Nr. 52 Taf. 52 (H. 4,3 cm).
Auf einer schmalen Stand platte, die auf der Basis befestigt
war, sitzt der Hund mit aufgestellten Vorderbeinen, den
Kopf mit der spitzen Schnauze senkrecht in die Höhe
gestellt. Der Schwanz liegt zwischen den Hinterbeinen
amBoden und ist über das linke zur Seite gelegt. Die Pfoten sind detailliert ausgearbeitet. Der sehnige Körper ist in
weichen Übergängen modelliert. Um den Hals liegt ein
doppeltes Halsband mit einer kleinen Bommel. Am kleinen Kopf sind die langen Ohren nach unten zurückgelegt,
die Augen aus Silber eingelegt.
2
65 Hund
Abb. 148
Inv. N 4242.- FO : Köln,Aachener Str. (Kat. Niessen).-L. 7,5 cm.- Vollguß.- Olivgrüne Patina .
Lit.: F. Fremersdorf, Banner Jahrb. 131, 1926, 301 f. Taf.
116; ders ., Wallraf-Richartz-Jahrbuch 3/4, 1926/ 27, 20
Abb. 21; Fremersdorf, Neuerwerbungen 29 Taf. 116; P. La
Baume, Römisches Kunstgewerbe (1964) 258 Abb. 244; B.
Päffgen, Die Ausgrabungen in St. Severin zu Köln (1992),
1,256; 2,44 (Grab I 40 Nr. 2) Taf. 12,1.
Bronzestatuetten ebenso steil aufblickender Hunde kommen häufiger vor; in der Größe gut vergleichbare Beispiele, bei denen die Tiere allerdings nicht hockend, son-
Auf einer flachen Standplatte steht der Hund mit nach
vorn gestemmtenVorder-und nach hinten ausgreifenden
Hinterbeinen gespannt da, die sorgfältig unterteilten,
mächtigen Pfoten flach aufgesetzt. Der Schwanz hängt
zwischen den Hinterbeinen bis zum Boden. Der schlanke,
sehnige Körper ist gestreckt, ebenso der lange Hals mit
dem nach vorn ragenden Maul. Dieses ist ebenso sorgfältig im Detail gearbeitet wie die Augen und die nach hinten gestellten Ohren. Um den Hals zieht sich ein doppeltes Halsband. Der Hund ist in seiner gespannten Wachsamkeit trefflich getroffen.
391
Stefan Ritter
Der schlanke Hund steht mit zurückgestellten Hinterbeinen, gestrecktem Körper und zurückgelegten Ohren
gespannt da. Der Kopf ist leicht nach rechts gewandt, der
kurze Schwanz nach hinten gestreckt. Der Körper und
seine Teile sind schwungvoll modelliert.
Lit. : Kat. Niessen 1 25 Nr. 34 Taf. 13,3a; Kat. Niessen2 57
Nr. 1121; Kat. Niessen 3 221 Nr. 4243.
67 Hund
Abb. 148.
Abb. 150
lnv. N 4243a.- FO: Köln (Kat. Niessen). - L. 3 cm. - Vollguß.- Olivgrüne Patina. Vorder- und rechte Hinterpfote abgebrochen.
Hund. RGM Inv. N 4242. Kat. 65.
Das winzige Hündchen ist mit erhobener rechter Vorderpfote schreitend dargestellt. Der Schwanz ringelt sich zum
Rücken hin ein. Am erhobenen Kopf sind die Ohren
angelegt, das Maul angedeutet und die Augen kreisrund
angegeben.
Lit.: Kat. Niessen 1 25 Nr. 33 Taf.13,1; Kat. Niessen 2 58 Nr.
1124 Taf. 20,18; Kat. Niessen 3 221 Nr. 4243a.
68
Abb. 149.
Abb. 150.
Abb. 151-153
Inv. N 4234.- FO : Köln, Luxemburger Str. (Kat. Niessen). - H . 6,6 cm.Vollguß . - Schwarze bis hellgrüne Patina. Oberfläche stark korrodiert
und brüchig. Das Äffchen abgebrochen und wieder angesetzt. Linker
Arm und Schwanz des Affen abgebrochen.
Hund. RGM Inv. N 4243. Kat. 66.
Auf einer zweischichtigen Standplatte steht frontal ein
Affe mit einem Jungen auf dem Rücken . Der Affe hat den
Kopfleicht nach links gedreht. Seine linke Hand liegt am
Oberschenkel und hält ein Weintraubenbündel; der
rechte Arm faßte wohl zur Schulter, wo ein erhaltener
kugeliger Rest mit einigen parallel gesetzten kurzen Graten vielleicht eine Frucht darstellt, die er mit der Hand
nach hinten reicht. Das Junge hält sich, mit den Händen
die Schultern des erwachsenen Tieres fassend, in Schrittstellung auf dessen Rücken. Bei beiden Tieren ist das Fell
mit fein geritzten Härchen überzogen und sind Details
wie die unter kräftig vorspringenden Brauen liegenden
Augen, das Maul und die durch jeweils drei Wulste
geteilte Stirn hart und deutlich gearbeitet.
Hund. RGM Inv. N 4243 a. Kat. 67.
Lit.: Kat. Niessen 2 57 Nr. 1122 Taf. 19,8; Kat. Niessen 3 221
Nr. 4242 Taf. 127.
Lit.: Kat. Niessen 1 25 Nr. 32 Taf. 13,14; Kat. Niessen 2 57
Nr. 1120 Taf. 18,10; Kat. Niessen 3 220 Nr. 4234 Taf. 127.
Vgl. Kat. 64.
66 Hund
Affe mit Affchen
Abb. 149
lnv. N 4243.- FO: Köln, Aachener Str. (Kat. Niessen).- L. 5 cm.- Vollguß . - Olivgrüne Patina. Vorderbeine abgebrochen.
392
Sehr viel schlichtere Darstellungen einzelner Affen wurden in Avenches 1 und bei Innsbruck gefunden2 .
1
2
Leibundgut, Avenches 63 Nr. 46 Taf. 47.
Fleischer, Österreich 187 Nr. 267 Taf. 128.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 151-153.
69 Bär
Affe mit Äffchen. RGM Inv. N 4234. Kat. 68.
Abb. 154
Inv. N 4236.- FO: Köln, Luxemburger Str., bei Grabungen 1902 und
1903 auf dem Grundstück von Niessen; gefunden in einem Grab,
zusammen mit dem H ahn Kat. 73 und einer- verschollenen- Schildkröte (L. 2,5 cm) (Klinkenberg, Köln 307 f.; Kat Niessen 3 zu Nr. 4253).H. 3,0 cm.- Vollguß.- Schwarzgraue Patina.
Der kleine Bär hockt, auf den Hinterbeinen sitzend und
mit gestreckten Vorderbeinen, am Boden. Am weit nach
links gedrehten Kopfist das Maul geöffnet. Unter den vortretenden Brauen sind die Augen eingekerbt. Die kleinen
spitzen Ohren sind leicht gehöhlt. Der Schwanz ist deutlich von den Hinterbeinen abgesetzt. Die Pranken sind
scharf geritzt, die Beinknochen treten hervor. Feine Ritzungen überziehen das Fell. Die Pranken sind zu einer
Standfläche miteinander verbunden.
70 Adler
Abs. 155.156
Inv. N 4251.- FO : Köln (Kat. Niessen).-L. 7,7 cm.-Vollguß.-Schwarzgraue Patina.
Der Vogel ist mit den nach vorn angelegten Klauen, dem
gestreckten Körper und den gehobenen Flügeln offenbar
im Flug dargestellt. Die Klauen sind durch feine Kerben
unterteilt. Der kräftige, voluminös schwellende Körper
streckt sich in S-förmigem Schwung vom leicht nach
rechts gewandten Schnabel bis zum Schwanz mit den aufgefacherten Federn. In den runden, aufgerissenen Augen-
Lit.: Kat. Niessen 3 220 Nr. 4236 Taf. 127.
Wegen der geringen Größe des Bären und der zwei anderen Tiere aus demselben Fundkontext vermuteten Klinkenberg und Niessen, daß es sich um die Beigaben eines
Kindergrabes handelte und die Stücke einst als Spielzeug
dienten 1. Ein- allerdings weit stattlicherer- Bär erscheint
in einer Gruppe aus Muri bei Bern als Tier der keltischen
Göttin Dea Artio 2 • Für A. Leibundgut handelte es sich bei
den Statuetten von Bären um Votive 3 .
1
2
3
Angaben s.o.
Leibundgut, Westschweiz 66 ff. Nr. 60 Taf. 88 ff.
ebenda 69.
Abb. 154.
393
Bär. RGM Inv. N 4236. Kat. 69.
Stefan Ritter
Abb. 155.156.
Adler. RGM lnv. N 4251. Kat . 70.
höhlen springen die Augäpfel mit den eingetieften Pupillen vor. Der Schnabel ist sorgfältig gekerbt. Die Flügel
sind so weit aufgestellt, daß sie einander berühren, und
dergestalt geschwungen, daß ihre parallelen Oberkanten
dem Körperschwung folgen . Das Gefieder ist in feinen
Ritzungen gearbeitet: die halbrunden, einander überlappenden Federn des Körpers sind längs unterteilt, die des
Schwanzes lang durchgezogen und dabei jeweils Mittelund Seitenrippen bis ins Detail angegeben. Die Klauen
sind so gearbeitet, daß der Vogel genau amBoden sitzen
kann; in dieser Stellung befindet sich der Schnabel etwa 1
cm über dem Boden. Die Arbeit ist sowohl in der Erfassung der dreidimensional entfalteten Bewegung als auch
in der präzisen Detailarbeit überaus qualitätvoll und
lebendig.
Abb. 157.
Lit.: Kat. Niessen3 221 Nr. 4251 Taf. 127.
Adler. RGM lnv. N 4245 . Kat. 71.
Das Stück ist in Motiv und Gestaltung von einzigartiger
O!:Ialität. Vielleicht dienten kleinformatige Adlerstatuetten als Votivgaben 1•
1
Leibundgut, Westschweiz 79 zu Nr. 75.
71 Adler
Abb. 157.158
lnv. N 4245. - FO: Köln (Kat. Niessen). - L. 4,3 cm. - Vollguß. Schwarzgrüne Patina.
Der Vogel kann, gestützt durch die abgeflachten Klauen
und den gesenkten Schwanz, aufgerichtet am Boden stehen. Vom flachen Schwanz aus erhebt sich der Körper in
weichem Schwung, der in dem umbiegenden, kurzen
Schnabel endet. Das Gefieder ist sowohl auf der Oberseite
als auch am Unterkörper mit kurzen Kerben angegeben,
während die Schwanz- und Flügelfedern lang durchlaufen. Die Augen sind durch je eine tiefe Kerbe bezeichnet.
394
Abb . 158.
Wie Abb. 157. Rückseite.
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Lit.: Kat. Niessen 1 25 Nr. 37 Taf. 13,8; Kat. Niessen2 57
Nr. 1115 Taf. 20,12; Kat. Niessen3 221 Nr. 4245 Taf. 127.
Solche aufgerichteten Adler sitzen sonst häufig auf einer
Kugel 1, halten ein BlitzbündeF oder sind mit Blitzbündel
auf einer Kugel sitzend wiedergegeben 3 • Beim Kölner
Adler ist, da er allein stehen kann, eine solche Ergänzung
unwahrscheinlich.
1
2
3
Kaufmann-Heinimann, Augst 91 Nr. 102 Taf. 97 (aus Munzach).
Fleischer, Österreich 188 Nr. 269 Taf. 129 (wohl aus Carnuntum).
Fleischer, Österreich 188 Nr. 268 Taf. 129 (aus Carnuntum).
72 Kranich
Abb. 159
Inv. Metall 957. - FO: Köln, an der Severinskirche, aus zerstörten
Bestattungen, 1895 (Inventar). Ankauf 1895.- H . 7 cm. - Vollguß.Olivgrüne Patina.
Abb. 159.
Kranich. RGM Inv. M 957. Kat . 72.
Der Vogel steht auf jeweils dreigeteilten Füßen, die unten
zu einer Standfläche abgeflacht sind. Die kräftigen Beine,
deren linkes leicht vorgesetzt ist, tragen einen steil aufgerichteten Körper mit angelegten Flügeln. Der schlanke
Hals ist so weit zurückgebogen, daß er den Körper berührt
und der lange, spitze Schnabel senkrecht nach oben ragt.
Die runden Augen springen knopfartig vor, das Gefieder
ist mit kurzen, geschwungenen Kerben bezeichnet.
Lit.: B. Päffgen, Die Ausgrabungen in St. Severin zu Köln.
Kölner Forschungen Bd. 5 (1992) Teil 1,256 f. Abb. 70.
Kraniche finden sich gelegentlich aufWeihreliefs an Mercurius dargestellt oder erwähnt 1.
1
Päffgen a. 0 . 257.
73 Hahn
Abb . 160.
Hahn. RGM Inv. N 4247. Kat. 73 .
Abb. 161.
Hahn. RGM Inv. 24,365 . Kat. 74.
Abb. 160
Inv. N 4247.- FO: Köln, Luxemburger Str. (zusammen mit Kat. 69, s.
dort). - H . 3,1 cm.- Vollguß. - Dunkel-olivgrüne Patina.
Der kleine Hahn steht mit gespreizten Füßen auf einer
mit dem Hinterteil verbundenen Standplatte. Die Flügel
hängen herab, der Hals mit dem kleinen Kopf ist aufgerichtet. Der Schnabel und die Augen sind durch Kerben
markiert, und ebenso sind Kamm und Kropf verziert. Der
Schwanz ist nach unten gebogen; lange Kerben zieren
ihn, die Flügel und den Hals.
Lit.: Kat. Niessen3 221 Nr. 4247 Taf. 127.
Zwei weitere Hähne aus Köln werden in Bonn aufbewahrt1. Andere stammen etwa aus Camuntum2 , Augst3
395
Stefan Ritter
odervon Fundorten in Belgien4 . Dieserund die folgenden
Hähne waren wohl mit Statuetten des Mercurius kombiniert, so wie es etwa mit Basis erhaltene Gruppen aus
Bavai 5 , Augst6 und Winterthur7 zeigen.
1
2
3
Menzel, Bonn 70 f. Nr. 159. 160 Taf. 83.
Fleischer, Österreich 189 f. Nr. 271 -- 273 Taf. 129.
Kaufma nn-Heinimann, Neufunde 60 ff. Nr. 58 -- 61. 63 . 64 Taf.
54 f.
4
Faider-Feytmans, Belgique 97 f. Nr. 121 -- 124 Taf. 61.
G. Faider Feytmans, Recueil des bronzes de Bavai, Gallia Suppl. 8
(1957) 46 Nr. 22 Taf. 4.
6 Kaufmann-H einimann, Neufunde 7 ff. Nr. 4 Taf. 7 ff.
7
ebenda 19 ff. Nr. 15 Taf. 20 ff.
5
Abb. 162.
74 Hahn
Abb. 161
Lit.: Kat. Niessen 2 57 Nr. 1119 Taf. 20,17; Kat. Niessen 3
221 Nr. 4249 Taf. 127.
Inv. 24,365.- FO: Köln? "Aus dem Besitze des Rentners Heider, Sachsenring 95, der in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts
eifrig sammelte, neben Kölner M aterial aber auch viel ausländisches
sowie Fälschungen besitzt" (Inventar). Ankauf 1924. - H. 3,4 cm.- Vollguß.- Olivgrüne Patina.
Der sicheiförmige Schwanz findet sich etwa bei einem
Hahn aus Augst 1 .
Der Hahn steht mit ausgreifenden Klauen auf einer kleinen Stand platte. Kräftige Beine tragen den aufgerichteten
Körper mit den angelegten Flügeln. Auf dem steilen Hals
sitzt ein kleiner Kopf mit kurzem Schnabel, der Kamm ist
wie die Augen leicht geritzt, der Kropf hängend angegeben. Die vier breiten Federn des Schwanzes und auch das
übrige Gefieder sind mit Qyerkerben verziert.
1
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 62 f. Nr. 63 Taf. 55.
ETRUSKISCH / ITALISCHE
STATUETTEN (FUNDANGABEN
"KÖLN" ZWEIFELHAFT)
76 Diana
Unveröffentlicht.
Abb. 163.164
Inv. 24,363.- FO: angeblich Köln (Inventar; s. zu Kat. 74). ehern. Besitz
Heider. Ankauf 1924. - H. 11 cm.- Vollguß.- Olivgrüne Patina . Attribut in der linken Hand fe hlt. Unter den Füßen Gußkanäle stehengelassen, als Zapfe n für Einlassung in einen Sockel.
In den Proportionen und in der Größe gut vergleichbar ist
ein Hahn aus Augst 1.
1
Hahn . RGM Inv. N 4249. Kat. 75.
Kaufmann-Heinimann, Neufunde 61 Nr. 59 Taf. 55 (H . 3,2 cm).
75 Hahn
Abb. 162
Inv.N 4249.- FO: Köln (Kat. Niessen).-L. 6,5 cm.- Vollguß .-Dunkelolivgrüne Patina. Füße abgebrochen.
Auf langen Beinen sitzt der durchhängende, oben flache
Körper mit den schmalen, angelegten Flügeln. Der
gestreckte Hals geht in einen kleinen Kopf mit spitzem
langem Schnabel, kreisrunden, knopfartigen Augen und
kleinem Kamm über. Der Kropf ist als runde Scheibe
, gebildet. Während der Körper samt Beinen mit langen
Ritzungen verziert ist, schmücken den flachen, sicheiförmigen Schwanz eingeritzte konzentrische Doppelkreise.
Charakteristisch für die Figur ist die stark schematisierte,
zu geometrischen Formen tendierende Gestaltung der
voneinander isolierten Einzelteile.
Die Göttin ist mit einem kurzen ärmellosen, bis zur Mitte
der Oberschenkel reichenden und unter der Brust gegürteten Chiton bekleidet. Das linke Bein leicht angewinkelt
zurückgesetzt, trägt sie Stiefel mit je drei überfallenden
Laschen, die oben mit einem geriefelten Band umschnürt
sind. In der seitlich weggestreckten Hand hält sie eine
Omphalosschale, deren Boden mit umlaufenden Punkten verziert ist; in der erhobenen und senkrecht ausgehöhlten Linken ist ein Attribut zu ergänzen. Auf dem
Rücken hängt, die rechte Schulter überragend, ein Köcher,
dessen Schnürung durch sich diagonal überkreuzende
Kerben angegeben ist. Der Kopf ist leicht zur Standbeinseite hin erhoben. Im flächigen Gesicht sitzt unter der
Stupsnase ein schmallippiger Mund, die vorspringenden,
gelängten Augäpfel sind leicht gebohrt. Die Mittelscheitelfrisur bekrönen zwei aufspringende kurze Haarbüschel
über der Stirn; von hier aus laufen lang durchgezogene
Haarsträhnen zu einem Nackenknoten zusammen und
396
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 163.
Diana . RGM Inv. 24,363 . Kat. 76.
Abb. 164.
77 Hercules?
fallen in Wellen bis zum Köcher herab. Die Kaltarbeit ist
sehr hart, wie vor allem die scharfkantigen, lang und
gerade durchgezogenen Gewandfalten zeigen.
Lit.: Fremersdorf, Neuerwerbungen 28 Taf. 111 ("einheimische Diana"); RaR 217 Kat. C 80 Taf. 66; Ristow, Religionen 32 Abb . 18.
Die Statuette findet in Kleidung, Attributen und Haltung,
im Stil und in der technischen Eigenart des für die Einlassung stehengelassenen Gußzapfens ihre Parallelen in italischen Bronzestatuetten der Diana. Ein Großteil der Vergleichsstücke stammt aus dem Heiligtum am Nemisee 1,
darunter eine bis ins Detail übereinstimmende Bronze2 •
In der Linken ist, analog zu einigen Statuetten vom Nemisee, wohl eine Fackel zu ergänzen. Die Statuette kommt
somit mit Sicherheit nicht aus Köln, sondern wohl aus
einem Fund im latinischen Gebiet und entstand wie die
Bronzen vom Nemisee zwischen dem 3. und 1. Jahrhundert v. Chr. Wie stilistisch deutlich spätere Stücke, beispielsweise eine Statuette in Neapel, zeigen, wurde derselbe Typus bis in die frühe Kaiserzeit beibehalten3 •
Wie Abb. 163. Rückseite.
Abb. 165.166
Inv. N 8901.-FO: angeblich Köln (Kat. Niessen).-H. 9 cm.- Vollguß.
-Schwarzgrüne Patina. Beide Füße und linker Arm ab Ellenbogen abgebrochen.
Der nackte Jüngling steht mit zur Seite gesetztem linkem
Spielbein und bei herausgeschobener Standbeinhüfte
stark geneigtem Oberkörper. Der linke Oberarm ist nach
hinten geführt, der Unterarm führte offenbar leicht angewinkelt nach vorn; der leicht gesenkt zur Seite gestreckte
rechte Arm hält ein Rhyton. Auf dem massigen Hals ist
der Kopf zur Standbeinseite gedreht. Im breiten, flächigen
Gesicht sind der Mund und die Augen mit den knopfartig
vorspringenden Augäpfeln kantig herausgehoben. Das
Haar besteht aus einem umlaufenden, mit kurzen Vertikalkerben verzierten Haarkranz und, auf der Kalotte, vom
Wirbel aus nach allen Richtungen laufenden feinen Strähnen. Das Inkarnat ist kräftig modelliert; auffällig ist die
tief eingekerbte, bis zum Hals durchlaufende Linea alba.
1
L. Morpurgo, MonAnt 13, 1903,323 f. Abb. 26-29. Taf. 16; Comstock- Vermeule, Boston 137f. Nr. 157- 159; Mysteries ofDiana. The
Antiquities from Nemi in Nottingham Museums (1983) 54 ff. Nr. 614.
618. 619. s. a. Bentz, Votivbronzen 186 f
2 Morpurgo a. 0 . Abb . 27.
.
3
LIMC II (1984) s. v. Artemis/ Diana 71a Taf. 601 (E. Simon).
397
Unveröffentlicht.
Das Rhyton ergibt zwar keinen eindeutigen Hinweis auf
die Deutung der Figur, doch könnte es sich, wie der Vergleich mit typologisch ähnlichen Stücken zeigt, um Hercules handeln. Zwei Statuetten unbekannter Provenienz
in Verona 1 und eine in Rouen2 zeigen einen das Trinkhorn haltenden Jüngling mit über dem linken Unterarm
hängendem Löwenfell, eine etruskische Statuette in Flo-
Stefan Ritter
Abb. 165.
Hercules (?). RGM lnv. N 8901. Kat. 77.
Abb . 166.
renz mit über das Haupt gezogenem Löwenskalp 3 . Die
Statuette in Florenz wurde in Norditalien gefunden; eine
weitere, allerdings ohne Löwenfell, stammt aus der Nähe
von Triest, wo sie zusammen mit einer stattlichen Zahl
weiterer Hercules-Figürchen zutage kam, so daß ihre
Benennung gesichert ist4 • Da alle Vergleichsstücke mit
gesichertem Fundort aus Norditalien stammen und solche italischen Stücke in vorrömischer Zeit höchstwahrscheinlich nicht über die Alpen exportiert wurden 5,
gelangte die Statuette offenbar erst über den neuzeitlichen Kunsthandel nach Köln.
1
Wie Abb. 165. Rückseite.
tigen Falten und darüber einen Muskelpanzer, der die
Körperformen in flachen Hebungen und Senkungen
nachvollzieht. Die Augen bestehen aus tropfenförmig eingetieften Flächen. Der herabgezogene Mund ist mit zwei
gegeneinandergesetzten Kerben angegeben. Über einem
durch wenige Kerben gegliederten Haarkranz sitzt ein
kugeliger Helm mit flach auslaufendem Rand und gezacktem Helmbusch.
Unveröffentlicht.
Das steife Haltungsmotiv, die überschlanken Extremitäten und der flache Körper weisen die Statuette dem etruskisch-italischen Bereich zu 1• Damit trifft der Fundort
Köln mit einiger Sicherheit nicht zu 2 •
Franzoni, Verona (1973) 121 Nr. 100 und 122 f. Nr. 101 ("periodo
aursteo").
Esperandieu Rolland, Seine-Maritime 39 Nr. 50 Taf. 18; Colonna,
Bronzi 176 Nr. 565.
3
Cristofani, Bronzi 283 Nr. 98 (aus Poggio Castiglione ; "300 a. C.
ca.").
4
Colonna, Bronzi 176 Nr. 564 ; Cassola Guida, Trieste 19 Nr. 4
(stipe di Gretta).
5 Leibundgut, Avenches 135 ff., Kaufmann-Heinimann, Augst 11 f.
SOff.
1 vgl. zu Körperauffassung, Haltung und Stil die in die Zeit vom
4. bis zum 2.Jahrhundert v. Chr. zu datierenden Herculesstatuetten in
Triest : Cassola Guida, Trieste 33 ff. Nr. 20-28.
2
vgl. zu einer angeblich aus Moudon stammenden Marsstatuette
Leibundgut, Westschweiz 184 zu Kat. 283 Taf. 207.
78 Mars
79 Selvans
Abb. 167-169
Abb. 170-172
lnv. 25, 388.- FO: angeblich Köln (Inventar). Ankauf von Antiquar
Becker 1925.- H. 7,5 cm.- Vollguß.- Grauschwarze Patina. Linkes Bein
ab Knie und Helmbusch-Enden abgebrochen. Linker Oberarmansatz
eingekerbt, verlorener Arm wohl einst angesetzt.
lnv. 25,400. - FO: angeblich Köln (Inventar; s. Kat. 14). Ehemals
Sammlung Braubach. Ankauf 1925. - H. noch 9,3 cm.- Vollguß.Schwarzgraue Patina. Beide Füße und Vorderteil des Attributes in der
Rechten abgebrochen.
Mars steht mit einst zurückgesetztem linkem Bein und
hält in der Rechten eine patera vorgestreckt. Er trägt eine
kurze, das Geschlecht gerade bedeckende Tunika mit kräf-
Die nackte männliche Figur steht mit stark zur entlasteten
linken Körperseite geneigtem Oberkörper. Sie trägt in der
ausgestreckten Rechten ein stabartiges Attribut, dessen
398
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb . 167-169.
Mars . RGM lnv. 25,388. Kat. 78 .
rechtwinklig nach vorn umbiegende Fortsetzung abgebrochen ist. Auf der linken Schulter liegt der Zipfel eines
Mäntelchens, welches über den linken Unterarm herabhängt. Am bartlosen, leicht erhobenen Haupt sind Lippen, Nase und Augäpfel mitgegossen und nicht mehr
nachträglich bearbeitet worden. Die nur mit wenigen Strichen verzierte Kalotte ist von einem Haarkranz umgeben.
Am Oberkörper sind die einzelnen Kompartimente gratartig voneinander abgesetzt.
Abb. 170-172.
Unveröffentlicht.
Das Attribut in der Rechten läßt sich zu einer Sichel ergänzen, wie sie für den etruskischen Selvans - und später den
römischen Silvanus - charakteristisch ist. Den besten Vergleich bietet, was Typus, Stil, Mantel und Sichel sowie das
Mäntelchen betrifft, eine Statuette in der Villa Giulia, die
aus dem Diana-Heiligtum am Nemi-See stammt1 • Wie M .
Bentz herausgearbeitet hat, konzentrieren sich die Fund-
Selvans. RGM lnv. 25,400. Kat. 79.
399
St efa n Ritt er
Abb. 173-175 . Jüngling. RGM Inv. 25,399. Kat. 80.
net, die Nase schmal und gerade, die schmalen Augen
sind unter den flachen Brauenbögen durch Kerbungen
herausgehoben. Die Haare laufen vom Wirbel aus in kleinen Lockensicheln in alle Richtungen. Die gliedernden
Ritzungen greifen nur flach in die Oberfläche des Körpers
sowie des eng anliegenden Gewandes ein.
orte der entsprechenden Stücke in Nordetrurien, so daß
der fur das Kölner Stück im Zugangsinventar des RGM
vermutete Fundort Köln mit Sicherheit falsch ist. Die Statuette wird, da Haltung und Körperbildung spätklassische
Vorbilder voraussetzen, ebenso wie diejenige in Rom 2
nicht vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein.
Unveröffentlicht.
1
Bentz, Votivbronzen 203 Abb. 279 Taf. 50 (H. 7, 1 cm); hierweitere
Exemplare aufgelis tet.
2
zur Datieru ng: ebenda 204.
80 Jüngling
Abb. 173-175
Inv. 25,399. - FO : angeblich Köln (Inventar; s. Kat. 14). Ehemals
Sammlung Braubach . Ankauf 1925.- H . 16,8 cm.- Vollguß. - Schwarze
Patina. Rechte H and und rechtes Bein ab Knie abgebrochen, eingesetzte linke H and verloren . Linker Fuß wieder angesetzt.
Der Jüngling steht mit leicht vorgesetztem linkem Spielbein und stark herausgedrehter rechter Hüfte. Am erhaltenen nackten Fuß sind die Zehenzwischenräume sorgsam
eingeritzt. Die Wadenmuskulatur ist in kräftigem Relief
angegeben. Die Kleidung besteht aus einer hüftlangen
Tunika und einem um die rechte Hüfte geschlungenen
und über die linke Schulter geworfenen Mantel. Die
Hüfte umschließt eng ein Gürtel, der vorn mit zwei parallel liegenden Graten verziert ist. Der rechte Arm zeigt
nach vorn, der linke ist erhoben. Der schmale Kopf weist
zur Standbeinseite. Der Mund ist klein und leicht geöff-
Die Benennung des Dargestellten ist schwierig. Wegen der
kurzen Tunika und der Armhaltung könnte man an einen
Laren denken, der ein Rhyton in der Linken emporhält
und als Auffanggefäß in der Rechten eine situla oder eine
patera trägt 1 ; dagegen sprechen weniger die fehlenden
Schuhe - Laren kommen gelegentlich auch barfußig
vor -, als die Kurzhaarfrisur, die fehlende Bekränzung
und die Art der Umlegung des Mantels. Ein antiquarisches Detail weist nach Mittelitalien : der mit zwei kurzen
Graten verzierte Gürtel 3 , der in derselben Weise bei der
Statuette eines samnitischen Kriegers in Paris, wohl aus
dem 3. Jahrhundert v. Chr. 4 , erscheint; gemeint sind
offenbar Gürtel, wie sie in Samnium auch gefunden wurden, die mittels zweier paralleler, gelängter Haken
geschlossen wurden5• Die Konzentration auf die Vorderansicht, die geringe Plastizität der Einzelformen und ihre
klare Abgrenzung voneinander, die überlängten Glieder
und der kleine Kopf weisen in spätrepublikanische Zeit6 .
Die ohnehin hypothetische Herkunft aus Köln ist dadurch noch zweifelhafter.
400
Die antiken Bronzen im Römisch-Germanischen Museum Köln
Abb. 176-178.
Venus. RGM Inv. M 1101. Kat. 81.
1
zur Ikonographie der Laren: Th. Fröhlich, Lararien- und Fassadenbilder in den Vesuvstädten, 32. Ergh. RM (1991) 120ff. ; LIMC VI
(1992) 205 ff. s. v. Lar, Lares (Tran Tarn Tinh).
2
Fröhlich a. 0 . 121 . 260 Nr. L 27 Taf. 4,1. 301 Nr. L 116 Taf. 49,1.
3
Hinweis N. Franken.
4
R. Bianchi Bandinelli- A. Guiliano, Etrusker und Italiker vor der
römischen Herrschaft (1974) 251 Abb. 287 f.; M. Pallottino, Italien vor
der Römerzeit (1987) Abb. 22.
5
E. Galasso, Tra i Sanniti in terra beneventana (1983) 34 f. Abb. 29.
6
vgl. die Bronzestatuette eines Opfernden aus Orvieto: I! Museo
Nazianale Etrusco di Villa Giulia (1980) 170 Abb . 222 (H. 27 cm).
WOHL NICHT ANTIKE STATUETTE
81 Venus
Abb. 176-178
Inv. Metall1101.- FO: "Köln?" (Inventar). Ankauf 1900. - H. 14 cm.Vollguß.- Oberfläche braun, grün und rötlich zerlaufend, mit giftgrünen Ausblühungen. Die Arme fehlen, ihre Unterkanten sind glatt.
Venus steht mit eng aneinandergepreßten Oberschenkeln,
das rechte Bein mit angehobener Ferse zurückgesetzt.
Über dem frontal präsentierten, fülligen Unterleib ist der
Oberkörper gedreht, so daß die linke Schulter leicht
gesenkt nach vom geführt, die rechte hingegen zurückgenommen ist. Entgegen dieser Bewegung ist der Kopf zur
Standbeinseite hin mit versonnenem Ausdruck gesenkt.
Die Haare laufen seitlich des Diadems nach hinten und
fallen leicht in den Nacken herab, während die Haarmasse auf dem Haupt zu zwei voluminösen Rollen aufgetürmt ist.
Nacktheit, linkes Standbein, die gesenkten Arme und
auch die Frisur mit den zwei Haarschleifen verweisen auf
den Typus derVenus vom Kapitol; zum Typus vgl.Kat.41 .
Ungewöhnlich ist das Haltungsmotiv. Die Armansätze
ließen eine Ergänzung mit zur Brust und zur Scham
geführten Händen zu, doch wären dann die starke Drehung des Oberkörpers und die Senkung des Kopfes, die
sich sonst - etwa bei einer fast gleich großen Venus aus
Unterach 1 - allenfalls angedeutet finden, befremdlich.
Kopfhaltung und Körperdrehung könnten dadurch motiviert sein, daß die Göttin in der Linken einen Spiegel hielt
(vgl. Kat. 42); in diesem Falle aber wäre nach Ausweis der
zahlreichen Darstellungen des Motivs zu erwarten, daß
sie mit der Rechten eine Haarsträhne faßt, eine Ergänzung, die der gesenkte Oberarm jedoch nicht zuläßt. Bei
einer Statuette der nackten Venus aus Vaison 2 und einer
weiteren in New York3 gilt der Blick einem in der Hand
gehaltenen Apfel, während die andere Hand die Scham
verdeckt, doch bei einer solchen Rekonstruktion befremdet wiederum der gedrehte Oberkörper. Das seltsame
Motiv, vor allem aber die flaue Oberfläche, das Fehlen
von Kaltarbeit - insbesondere an der Frisur - und die
unten glatten Armstümpfe mit den fehlenden Bruchspuren wecken Zweifel an der Echtheit der Statuette.
Lit.: Reinach, RSt III 109,7.
401
1
Fleischer, Österreich 72 f. Nr. 78 Taf. 45 (H.14,5 cm).- In der Kopfhaltung vergleichbar ist eine Statuette in Boston, wohl aus Beirut :
LIMC II (1984) s. v. Aphrodite 414 Taf. 39 (A. Delivorrias).
2
St. Boucher- S. Tassinari, Bronzes antiques du Musee de Ia Civilisation Gallo-Romaine a Lyon I (1976) 74 Nr. 65 (H. 25 cm).
3
LIMC a. 0. s. v. Aphrodite 742 Taf. 73.
Stefan Ritter
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- A. M. Witteveen, The Figural Bronzes. Description of the
Collections in the Rijksmuseum G. M. Kam at Nijmegen (1973).
Konkordanz der katalogisierten Bronzestatuetten
lnv.Nr.
Kat.Nr.
lnv.Nr.
Kat.Nr.
lnv.Nr.
24,171
24,363
24,365
25,74
25,388
25 ,399
25,400
25,401
25 ,402
25,405
25,483
25,484
25 ,649
25,926
26,149
27,133
28,56
28,57
28,68
29,6
34,419
25
76
74
7
78
80
79
21
37
14
51
56
9
64
62
58
36
32
48
33
27
58,167
69,415
69,417
77,397
78,59
84,416
34
44
Lü 555
Lü 598
18
3
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
Metall
4
28
45
so
87
635
795
799
800
957
958
1060
1089
1099
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
13
23
10
8
24
49
72
55
60
so
26
1101
1104
1341
1346
1347
1348
1353
1413
4189
4204
4209
4210
4211
4212
4214
4221
4223
4223 a
4224
4226
Kat.Nr.
lnv.Nr.
Kat .Nr.
81
46
31
22
30
35
54
6
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
N
4227
4234
4236
4237
4238
4241
4242
4243
4243 a
4245
4247
4249
4251
8897
8899
8901
8925
8931
20
68
69
52
63
59
65
66
67
71
73
75
70
15
5
77
61
47
ohne lnv.Nr.
ohne Inv.Nr.
12
53
17
29
40
39
41
42
38
2
16
19
43
11
Verzeichnis der Vorbesitzer (Finder, Privatsammler, Kunsthändler, Stifter)
Bartsch 84, 416.
Becker (Kh.) 25,388; 27,125; 29,6.
Brassart 84,416.
Braubach 25 ,399 ; 25,400; 25,401; 25 ,402; 25,405 ; 25,483; 25,484.
Cader 58,167.
Forst Metall 1089.
Gibony Metall 1099.
Heider 24,363 ; 24,365 .
Lückger s. Verzeichnis nach Inventarnummern (Lü).
Niessen s. Verzeichnis nach Inventarnummern (N).
Reimhold (?) 28,68.
Schoras (Kh .) 25,74.
Springensgut (Kh.) 24,171; 25,649.
Wolff Metall 799.
Abbildungsnachweis
Mit Ausnahme der nachstehend genannten Abb. stammen alle Aufnahmen von 0. Pilko, Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz.
Abb . 20 f. 28. 50-56. 60-66. 87 f. 104f. 115-119. 126. 132- 135. 137.
142-144. Römisch-Germanisches Museum Köln.
Anschrift: Dr. Stifan Ritter, Archäologisches Institut der Universität, Werthmannplatz, KG, D-79085 Freiburg i. Br.
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