Academia.eduAcademia.edu
“Die Synthesis ist unmöglich ohne die Zeit und folglich ohne das Schema, ohne das Bild, das immer mehr ist als eine bloße Projektion, nämlich etwas Neues oder, so würde ich sagen, etwas Entwerfendes, das stets offen ist in Richtung auf die Zukunft, auf das Mögliche.” Enzo Paci, Relazionismo e schematismo trascendentale (1957) M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) 1. Periode 1 (70–100) (Taf. 2–23) 1.1 Fundstreuungen/Fundzahlen in den Befunden der Periode 1 Aus den 159 Befundobjekten der Periode 1 liegen insgesamt 1674 archäologische Funde vor, davon 1252 signifikante Gefäßkeramikteile. Kleine Komponenten prähistorischer Keramik, insbesondere UK-Gefäße (O462, O470, O472, O549, O579, O635, O578, O733, O830, O858, O865, O947, O1028, O4, O398, O164, O165, O528), liegen aus 18 Befunden vor (Abb. 201–202). Der Erhaltungsgrad und die geringe Repräsentanz dieser Funde zeigt an, daß im Rahmen der römischen Flächenerschließung mit dem Anlegen der ältesten Parzellen- und Fundamentgräben zwar keine massiven Eingriffe in ältere Strukturen, jedoch zweifellos nicht näher lokalisierbare Störungen von UK-Befunden bzw. wahrscheinlicher von Sedimenten mit sekundär verlagertem, vorrömischem Material erfolgten1310. Die Streuung der zwar nur in geringen Mengen vorhandenen, kleinteiligen UK-Gefäßfragmente konzentriert sich in der Mehrzahl der Fälle signifikanterweise auf die Hohlformen der Gräben (O462, O470, O733, O858, O865, O947, O1028, O398). Betrachtet man die Verteilung der frührömischen Funde innerhalb der Parzellen, ohne die jeweiligen sich überlappenden Grenzbereiche einzubeziehen, ist festzustellen, daß die Parzellen 1–3 eine entsprechend der Dichte der Befundungen ausgewogene Verteilung der Fundzahlen aufweisen: Parzelle 1 (NMI 145: 101 Gefäße), Parzelle 2 (NMI 170: 115 Gefäße), Parzelle 3 (NMI 253: 152 Gefäße). In Parzelle 4 liegt trotz der geringeren Befunddichte aufgrund der großen Volumina der verfüllten Hohlformen ein höherer Fundanteil vor (NMI 258: 212 Gefäße). Eine Nutzung der Parzelle 5 ist für Periode 1 nicht nachzuweisen, der Fundanfall in Parzelle 6 beschränkt sich auf wenige Strukturen (NMI 46: 32 Gefäße). Die Parzellen 9–10 sind ähnlich Parzelle 4 durch eine hohe Zahl von voluminös verfüllten Strukturen gekennzeichnet (NMI 307: 318 Gefäße). Die in Periode 1 angelegten Strukturen der Parzelle 12 werden nur partiell bereits in dieser Periode aufgegeben, wodurch die Zahl der Funde gering ausfällt (NMI 77: 59 Gefäße). Unter den 159 Befundobjekten liegen 24 vor, die innerhalb der Verfüllungen 20 oder mehr Funde aufweisen. Ein Fundanteil von 20 bis 40 archäologischen Artefakten ist unter diesen am häufigsten zu beobachten (Parzelle 1: Grube O473; Parzelle 2: O635, O705; Parzellen 2/3: Graben O708; Parzelle 3: Grubenhütte O24, Gruben O732, O778, O785; Parzellen 3/4: Graben O72; Parzelle 4: Latrine O154; Parzellengrenze 5/6: Graben O865; Parzelle 6: Brandgrube O946; Parzelle 9: Brandgrube O50; Parzelle 10: Grubenhütte O164). 47 bis 85 verfüllte Fundobjekte liegen aus sieben Befunden vor (Parzelle 1: Latrine O466; Parzellengrenze 1/2: Graben O558; Parzelle 2: Grube O578; Parzelle 3: Haus/Fundamentgraben O733; Parzelle 4: Grubenhütte O13; Parzelle 7: Grubenhütte O4; Parzelle 12: Brunnen in O41). Sehr hohe Fundvorkommen weisen die Verfüllungen dreier Objekte auf (Parzelle 4: Grubenhütte O14; Parzelle 10: Grubenhütte O165, Grube O308). Geht man von einem kleinen Aktionsradius bei der Abfallentsorgung aus und betrachtet man die Verteilung der Objekte mit hohen Funddichten, läßt sich eine Definition der intensiv bewirtschafteten Räume erstellen. So ist beispielsweise durch die annähernd auf einer Linie befindlichen Grubenbefunde O466 (Latrine), O578, O154 (Latrine) und O946 in vier Parzellen eine in Hinblick auf die Lage und die Intensität der Abfallentsorgung gleichförmige Strukturierung der Nutzungsräume indiziert. 1310 Kap. I.A.6 (GROH). 444 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) Kategorie gefilterte Befunde mit geringem Anteil von Residuals Gesamt TS Rätische Ware Rheinische (Trierer) Ware Rheinische/pannonische (?) Feinware Italische Feinware Pompeianisch rote Platten Dickwandige Reibschüssel Reibschüssel ohne Innenabsatz 1 und 2 Reibschüssel mit Innenabsatz 1.1 Germanische Importgefäße Amphoren Glas NMI 225 (Rheinzabern 82) NMI 35 NMI 3 NMI 6 NMI 4 NMI 2 NMI 1 NMI 6 NMI 1 NMI 4 NMI 22 NMI 17 NMI 315 (Rheinzabern 96). NMI 45. NMI 3. NMI 9. NMI 12. NMI 4. NMI 1. NMI 10. NMI 1. NMI 9. NMI 47. NMI 25. An Importen, die während der Periode 4 nach Mautern gelangten, sind in erster Linie die Rheinzaberner Sigillaten (NMI 96) zu erwähnen, weitere zwei Sigillata-Produkte stammen aus Westerndorf, eines aus Schwabmünchen. Charakteristisch für das Fundrepertoire der ersten Hälfte des 3. Jhs. sind zudem die späten rätischen Becher, wobei allerdings nur fünf Belege tatsächlich späte Ausformungen dieser Feinware repräsentieren. Rheinische (Trierer) Ware ist mit drei Exemplaren gleichfalls sehr selten belegt. Außer in einem Fall (Inv. 1847/67) liegen die 22 Amphorenfragmente aus den gefilterten Befundobjekten jeweils als einzelne, verlagerte Wandfragmente vor, mediterraner Lebensmittelimport ist anhand dieser Funde für Periode 4 nicht zu belegen. Unter den sekundär umgelagerten Gefäßteilen finden sich zudem italische Feinwarefragmente. Sekundäre Lage dürfte auch für die germanischen Gefäßfragmente aus Befunden der Periode 4 anzunehmen sein, zumal es auffällt, daß germanische Gefäßteile zum einen in größerer Zahl (6) in den Komplexen mit Altmaterial vorliegen, zum anderen in den gefilterten Kontexten nur in vier Fällen nachzuweisen sind und zwar ausschließlich durch drei kleine Wandfragmente und einen Boden (Taf. 241,2600/2; 261,2285/6; Inv. 2391/18; 2388/23). Anhand der für Periode 4 typischen Importformen, Sigillata sowie rätische und rheinische (Trierer) Feinware, ist demzufolge zusammenfassend ein Warenzustrom vorrangig aus den Westprovinzen zu belegen. 4.9 Transport Ein Nachweis für die Verwendung von Schlittenkufen in Periode 4 ist möglicherweise in zwei Fällen (O33, O431) gesichert, der überwiegende Teil der Funde stammt aus Kontexten mit Altmaterial (O632, SE 3847). Der Fund eines Zügelringfragments (Taf. 242,2470/4) in O522 könnte entweder die Gebrauchszeit in Periode 4 oder aber gleichfalls wie für so viele andere Belege aus Befunden der Periode 4 ein Residual indizieren, zumal sich diese Zügelführung im Areal der Parzelle 1 fand, also in jenem Bereich, der während der Periode 3 von einem Transportunternehmen oder ähnlichem bewirtschaftet wurde. Konkrete Hinweise auf ein Überlandfuhrwerk liefern die Beschlagteile aus dem gegen Ende der Periode 4 angelegten Depot (s. Kap. II.M.4.10). 4.10 Der Metalldepotfund des 3. Jhs. 4.10.1 Das Fundspektrum des Metalldepots in Grube O1165 (Taf. 262–270,1699) Der Depotfund wurde in der flachen Grube O1165 (Abb. 75) am Südrand der Siedlung verborgen, aufgrund der relativchronologischen Abfolge der Grubenkomplexe O1169 und O1165 ist die Vergrabungszeit frühestens um die Mitte des 3. Jhs. anzunehmen. Der Metallsammelfund setzt sich aus drei großen Fundgruppen zusammen. Der größte Anteil dabei fällt auf die Baubeschläge, für die aufgrund der verbogenen Beschlagstifte in jedem Fall anzunehmen ist, daß sie aus Holzkonstruktionen nachträglich entfernt wurden. Insgesamt liegen 52 Baubeschläge mit einem Gewicht von 4910 g vor, darunter auch massive Angeln und Plattenscharniere von beweglichen Konstruktionsteilen wie Türen. Die Demontage einer Tür wird zudem durch einen Riegel und ein großes Schloßblech indiziert. Die vier Schloßund Schlüsselelemente (455 g) sind seltener als die Angeln vorhanden, demnach könnte eine geringere Häufigkeit von komplexen Schloßbeschlägen im demontierten Baubestand möglich erscheinen. Die zweite wesentlich kleinere Fundgruppe im Metalldepot nehmen die neun Werkzeuge und Geräte ein, 512 4. Periode 4 (170/180–250/260) deren Gesamtgewicht 3550 g ausmacht. Der Gerätebestand deutet nicht auf den Fundus eines Handwerkszweigs hin, sondern setzt sich aus dem Werkzeug heterogener Arbeitsbereiche zusammen: Steinbearbeitung (Spitzmeißel), Holzbearbeitung (Breitmeißel, Löffelbohrer, Flachdechsel), Landwirtschaft (Heugabel, Sense) und Handel (Waage). Die dritte Gruppe repräsentiert ein offenbar geschlossenes Ensemble von sechs Joch- und Schirrungsteilen mit einem Hufschuh (1510 g), das aufgrund des Erhaltungsgrads zweier Elemente auf eine gewaltsame Entfernung aus dem ursprünglichen Träger, dem Joch, schließen läßt: Sowohl der eiserne Beschlagstift, der Kopf des Büstenbeschlags (Taf. 263,1699/1) als auch der Montagering einer Zügelführung (Taf. 263,1699/2) sind abgebrochen bzw. abgeschlagen. Das Gewicht des Metalldepots verteilt sich wie folgt: Gesamtgewicht Gesamtgewicht Bronze Gesamtgewicht Blei Gesamtgewicht Eisen 10620 g. 1370 g. 760 g. 8490 g. Spitzmeißel PIETSCH 216: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 264,1699/76). Nachweise in Noricum: Depot Tittmoning1400, zu Variante PIETSCH 213 (Taf. 68,2561/3) s. Kap. II.L.4. Griffplatten: Gesamtzahl 3. – Bein (Taf. 265,1699/83). Breitmeißel PIETSCH 199: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 264,1699/77). Nachweise in Noricum: Linz1401, zu Variante PIETSCH 195/196 (Taf. 257,1211/3) s. Kap. II.L.4. Löffelbohrer PIETSCH 330: Gesamtzahl 3. – Fe (Taf. 265,1699/73–75). Nachweise in Noricum: Linz (Vicus, bis 150), Engelhof, Lauriacum, Gurina1402. Vergleichsfund in Metalldepots/-hortfunden: Mengen, Weißenburg1403. Flachdechsel PIETSCH 115: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 264,1699/72). Nachweise in Noricum: Waging, Wels1404. Vergleichsfunde in Metalldepots: Irlbach, Bad Cannstatt1405. Dreizinkige Heugabel: Gesamtzahl 1. – Fe (nicht vorhanden). Nachweise in Noricum: Lauriacum1406. Vergleichsfunde in Metalldepots: Holzgerlingen, Mengen, Bad Cannstatt, Waldmössingen, Welzheim, Heilbronn-Böckingen1407. Sense und Schäftungsringe1408: Gesamtzahl 8. – Fe (Taf. 267,1699/10.12.13.14–16; 268,1699/11.31). Schnellwaage, Laufgewicht1409, Kette mit achterförmigen Gliedern: Gesamtzahl 4. – Fe und Fe/Pb, Überfangguß (Taf. 262,1699/41.79.80.81). 1400 1401 1402 1403 1404 1405 1406 1407 1408 1409 KELLER 1980, 128 Nr. 77 Abb. 21,13 (Tittmoning). KARNITSCH 1972, 204 Taf. 99,4 (Linz). KARNITSCH 1962, 25 Taf. 31,2 (Linz); H. JANDAUREK, Ein römisches Bauwerk bei Engelhof, OÖHbl 11.3–4, 1957, 209 Abb. 93 (Engelhof); VON GROLLER 1924, 35 Abb. 17,4 (Lauriacum); JABLONKA 2001, 140 Taf. 99,4 (Gurina). SPITZING 1984, 21 Abb. 5,2 (Mengen); KELLNER – ZAHLHAAS 1993, 123 Taf. 108,88 (Weißenburg). KELLNER 1959, 162 Abb. 5,17 (Waging); POHANKA 1986, 348 Taf. 14,63 (Wels). MOOSBAUER 1997, 383 Taf. 89,A,3 (Irlbach); BARTHEL 1914, 30 Taf. 9,8 (Bad Cannstatt). POHANKA 1986, 371 Taf. 41,172 (Lauriacum). Führer durch die Staats-Sammlung vaterländischer Altertümer in Stuttgart (1908) 45 (Holzgerlingen); SPITZING 1984, 21 Abb. 1; 5,1 (Mengen); BARTHEL 1914, 30 Nr. 19 (Bad Cannstatt); RABOLD 1984, 397 Abb. 4,7 (Waldmössingen); MÖSSLE 1983, 375 Taf. 209,8 (Welzheim); SCHÖNBERGER 1967, 142 Abb. 8,5 (Heilbronn-Böckingen). A. SANDER, Katalog der Kleinfunde, in: J.-S. KÜHLBORN – S. VON SCHNURBEIN, Das Römerlager in Oberaden III, Bodenaltertümer Westfalens 27 (1992) 154 Taf. 39,116 (Oberaden). FuBerÖ 34, 1995, 703 Abb. 518 (Mautern). 513 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) Vergleichsfunde in Metall- und Verwahrdepots: Pforzheim, Irlbach, Weißenburg, Mauer bei Amstetten, Virunum (?)1410. Das kleinere Laufgewicht mit den ankorrodierten Kettengliedern (Taf. 262,1699/80) wiegt 260 g, also etwas mehr als neun Unzen (dodrans: 245,5875 g), das größere Laufgewicht ohne ankorrodierte Teile wiegt 500 g, also etwas mehr als 1,5 Pfund (491,175 bzw. 489,24 g)1411. Schubschlüssel: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 265,1699/86). Hebeschlüssel: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 264,1699/37), zu weiteren Vorkommen im Vicus Ost von Mautern und im übrigen Noricum s. Kap. II.L.4. Vergleichsfunde in Metalldepots: Zugmantel, Pforzheim, Straubing1412. Schloßblech: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 264,1699/35). Vergleichsfunde in Metalldepots: Oberndorf am Lech, Mauern-Niederndorf (mit Drag. 32, Niederbieber 33a)1413. Riegel: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 265,1699/36). Vergleichsfunde in Metalldepots: Mauern-Niederndorf (mit Drag. 32, Niederbieber 33a), Waldmössingen1414. Angel mit und ohne Splint, Splint: Gesamtzahl 15. – Fe (Taf. 266,1699/17.18.21.22.23.24.25.30.38.39. 52; 267,1699/19.27–29). Vergleichsfunde in Metalldepots: Mauern-Niederndorf (mit Drag. 32, Niederbieber 33a), Waldmössingen, Affecking (mit Imitation Niederbieber 33a)1415. Plattenscharnier1416: Gesamtzahl 2. – Fe (Taf. 267,1699/32–33). Vergleichsfunde in Metalldepots: Pforzheim, Waldmössingen, Heilbronn-Böckingen, Böbingen an der Rems1417. Zwinge: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 265,1699/34). Vergleichsfunde in Metalldepots: Straubing1418. Kette, Ringe, bandförmige Beschläge, Haken, Rundkopfnägel: Gesamtzahl 32. – Fe (Taf. 268–270). Joch-/Deichselbeschlag: Gesamtzahl 1. – Fe/Ae, Überfangguß (Taf. 263,1699/1). Vergleichsfunde: Hochdorf, Viminacium, Djakovo, Olympia. Die figurale Büste trug entsprechend den Vergleichsfunden einen Jünglingskopf: Jünglingsbüsten, mit und ohne Torques und Bulla, jeweils auf massiver, von Kolonnetten flankierter Basis liegen aus Olympia (max. H. 11,3), Djakovo, Viminacium (H. 17,5), Trnava bei Zagreb (H. 14,5) und 1410 1411 1412 1413 1414 1415 1416 1417 1418 KORTÜM 1995, 189 Taf. 23,12 (Pforzheim); MOOSBAUER 1997, 383 Taf. 88,6 (Irlbach); KELLNER – ZAHLHAAS 1993, 128 ff. Nr. 114 Abb. 34 (Weißenburg); NOLL 1980, 98 ff. Taf. 39,59 (Mauer bei Amstetten); G. PICCOTTINI – H. DOLENZ, Die Ausgrabungen in Virunum (Zollfeld) im Jahre 1992, Car. I. 183, 1993, 249 f. Abb. 6; ZABEHLICKY-SCHEFFENEGGER 1993, 275 f. Abb. 10,107– 114, Depot (?) auf Boden in Raumecke mit Schnellwaageteilen, Eimerattaschen, Eimerhenkel, Kästchengriff (Virunum). GARBSCH 1993, 273 f. mit Anm. 12. JACOBI 1932, 160 Abb. 5 (Zugmantel); KORTÜM 1995, 192 Taf. 37,141 (Pforzheim); KEIM – KLUMBACH 1951, 38 Taf. 45,65 (Straubing). CZYSZ 1991, Abb. 90,10 (Oberndorf am Lech); FASOLD 1993/94, 176 Abb. 7,18 (Mauern-Niederndorf). FASOLD 1993/94, 176 Abb. 7,14 (Mauern-Niederndorf); RABOLD 1984, 403 Abb. 6,17–18 (Waldmössingen). FASOLD 1993/94, 176 f. Abb. 8,19.24 (Mauern-Niederndorf); RABOLD 1984, 410 Abb. 11,14 (Waldmössingen); FISCHER 1995, 343 Abb. 1,9 (Affecking). Baubeschlag bzw. auch Wagenbeschlag: T. BOTOUCHAROVA, Enterrement thrace tumulaire avec un char, Annuaire du Musée National Archéologique Plovdiv 2, 1950, 120 Abb. 38 (Brésovo). KORTÜM 1995, 192 Taf. 37,145–38,163 (Pforzheim); RABOLD 1984, 403 Abb. 7,10.12–13 (Waldmössingen); SCHÖNBERGER 1967, 142 Abb. 7,1–8.10–13 (Heilbronn-Böckingen); NUBER – NUBER 1967, 83 Taf. 106,9–12.22 (Böbingen an der Rems). KEIM – KLUMBACH 1951, 41 Taf. 45,113 (Straubing). 514 4. Periode 4 (170/180–250/260) Hochdorf (H. 14,5) vor1419. Der Topos des Jünglings mit Bulla und Torques wiederholt sich auf einem Gurthalter aus Pautalia und kehrt auch auf dem Wagenbeschlag von Telec wieder1420. Neben der Jünglingsbüste können Jochbeschläge mit Kolonnetten auch eine Herkulesbüste (Poljanec und Pannonien ohne Fundort) oder eine Minervabüste (Wardartal) tragen1421. Eine vom Typ der Herkulesbüste aus Pannonien (ohne Fundort) abgeleitete Variante mit dekorativen Ranken statt der Kolonnetten stammt aus dem rätischen Rott, Ldkr. Landsberg1422 und markiert gemeinsam mit der dem Fund aus Mautern entsprechenden Büste aus Hochdorf 1423 die westlichsten Punkte der Verbreitung dieser anthropomorphen Jochbeschläge. Die vegetabilen Ranken der Funde von Rott und aus Pannonien (ohne Fundort) lassen eine gewisse Affinität zu der in der Belgica (Vorselaar) gefundenen Säule mit Eros-/Bacchusbüste („Eros bachique“) erkennen1424. Eine bronzene Applik aus Plovdiv legt auch für die mit Torques und Bulla versehene Jünglingsbüste von Mautern eine Interpretation als jugendlicher Bacchus nahe, trägt doch die durch Korymben als Bacchus, zugleich aber auch durch Flügel als Eros charakterisierte Kleinplastik aus Plovdiv einen entsprechenden Halsschmuck1425. In der Rekonstruktion des Doppeljochs von Inota wird zur Stabilisierung der Joch-DeichselVerbindung ein mit langem Eisenstift versehener Beschlag angenommen, der in das Holz von Joch und Deichsel getrieben und zusätzlich durch ein mehrfaches Gurtsystem fixiert ist1426. Für den anthropomorphen Beschlag mit langem Eisenstift ist in den geschlossenen Wagenkomplexen jeweils ein singuläres Vorkommen zu konstatieren, was für eine prominente Montage ohne Pendant spricht. Bereits in Zusammenhang mit der Joch-/Deichselrekonstruktion des Wagens von Poljanec wurde für die strukturell entsprechende Herkulesbüste mit Kolonnetten eine allerdings rein dekorative Montage am Endabschnitt der Deichsel vorgeschlagen1427. Da im Fall des Fundes aus Mautern an der durchbrochenen Stützplatte deutliche Abnützungsspuren durch Gurtführungen zu erkennen sind, ist anzunehmen, daß ähnlich wie bei der Mittelpartie des Doppeljochs von Inota, mittels des langen Eisenstifts eine Verbindung von Joch und Deichsel hergestellt wurde, die aufgrund des von oben wirkenden Gewichts des Beschlagteils und aufgrund der Möglichkeit des Festzurrens die notwendige Stabilität gewährleistete. Die durch Postament und Säulen gegliederte Partie des figuralen Aufsatzes könnte, zentral auf dem Joch montiert, als Zügelführung für die vorgespannten Zugtiere eines Viergespanns gedient haben (Abb. 226)1428. Für den Wagen aus dem Wardartal ist ein Viergespann durch die entsprechende Präsenz von Kappzäumen belegt1429. Mindestens drei Zugpferde sind durch die Seitenscheibentrensen für den Wagen von Poljanec anzunehmen, wobei zwei davon eiserne Kummetbügel trugen1430. Eine Montage als rein dekorativer Beschlag auf dem hölzernen Aufbau des Wagens, wie dies der Nachbau des im Wardartal gefundenen Wagens im Römisch-Germanischen Museum in Köln suggeriert1431, scheint nicht plausibel. Die nicht auf Rundansicht, sondern nur auf eine Schauseite gearbeitete Büste ist in dieser Rekonstruktion vor 1419 1420 1421 1422 1423 1424 1425 1426 1427 1428 1429 1430 1431 ROUSSÉVA-SLOKOSKA 1994, 392 Abb. 9 (Djakovo); SCHLEIERMACHER 2000, 526 f. Nr. 5 Abb. 10–12 (Hochdorf); 528 Nr. 9 Abb. 16 (Olympia); Nr. 11 Abb. 18 (Trnava bei Zagreb); GSCHWANTLER 1997, 76 f. Abb. 133 (Viminacium). R. NERNOVA-MERDJANOVA, Tradition and inventiveness on the local production of bronze vessels in the Roman province of Thracia, in: A. GIUMLIA-MAIR (Hrsg.), I Bronzi Antichi: Produzione e technologia, Atti del XV Congresso Internazionale sui Bronzi Antichi 2001, Monographies instrumentum 21 (2002) 596 Abb. 12, mit massiver mittiger Basis und ausladenden in Vogelköpfen endenden Armen (Pautalia); VENEDIKOV 1960, 244 Taf. 24,76 (Telec). ŠEPER 1962, 349 f. Taf. 14,52 (Poljanec); GSCHWANTLER 1997, 76 Abb. 130 (Pannonien); SCHLEIERMACHER 1996, 240 f. Nr. 17 Abb. 30 (Wardartal). GARBSCH 1986, 51 Abb. 32 (Rott). SCHLEIERMACHER 2000, 526 f. Abb. 10–12 (Hochdorf). FAIDER-FEYTMANS 1979, 149 Taf. 105–107,281 (Vorselaar). I. MANFRINI-ARAGNO, Bacchus dans les bronzes hellénistiques et romains, Cahiers d´Archéologie Romande 34 (1987) 148 Nr. 3 Abb. 316; ALFÖLDI 1939, 348 Taf. 27 (Plovdiv); weiters A. ALFÖLDI, Zoomorphe Bronzeaufsätze als Radabweiser auf keltisch-römischen Wagen, AErt 48, 1935, Abb. 149; bei SCHLEIERMACHER 2000, 526 ff. als „Kelten“ angesprochen. S. PALÁGYI, Die römischen Hügelgräber von Inota, Alba Regia 19, 1981, 32 Taf. 19,1; 25,1–2 (Inota). ŠEPER 1962, 349 f. Taf. 14,52; Abb. 10,D (Poljanec). Vgl. letzthin SCHLEIERMACHER 2000, 532 f. Abb. 19. SCHLEIERMACHER 1996, 214. ŠEPER 1962, Taf. 5,5,A–B; 20,61,A.E; 21,61,B–D.F (Poljanec). WINKLER 1985, 131 Abb. 10 (Wardartal). 515 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) einem Pfosten im Bereich des Kutschbocks „als Zügelhalter“ montiert, neuerdings wird allerdings auch für den Wardartal-Fund eine wie oben beschriebene Montage auf dem Joch bzw. auf einem Sielengeschirr vorgeschlagen1432. Die Abnutzung im Bereich der Ösen indiziert für den Fund aus Mautern ein oftmaliges Anlegen von Gurten und eine über das Dekorative hinausgehende Funktion. Die deutlichen Gebrauchsspuren und schließlich die Deponierung in einem Metallhort lassen zudem für die Eros-/Bacchusbüste aus dem fernab des eigentlichen Verbreitungsschwerpunkts gelegenen Mautern einen längerfristigen, alltäglichen Gebrauch im Fernverkehr annehmen und widersprechen der These einer ausschließlich auf die Funeralzeremonie beschränkten Funktion1433. Zügelführungen: Gesamtzahl 2. – Ae (Taf. 263,1699/2–3). Vergleichsfunde: Lauriacum, Pöttsching, Brigetio, Baláczapuszta, Intercisa. Generell ist für die Zügelführungen aus den norischen Metallhorten (Mautern, Bernau am Chiemsee) zu konstatieren, daß diese von den frühkaiserzeitlichen Belegen divergieren1434. Die durch antithetische Voluten bzw. Pelten gegliederten Typen der Zügelführungen aus Mautern sind in Noricum und Pannonien gängig, eine Gußform aus Baláczpuszta, die einen Negativabdruck der Variante (Taf. 263,1699/2) wiedergibt, belegt die Produktion in dem Intercisa vorgelagerten sarmatischen Gebiet1435. Verwandte Formen stammen zudem vom Zubehör des Wagens von Telec, der auch eine Jünglingsbüste ähnlich dem Fund aus Mautern als dekorativen Beschlag aufweist1436. Aus den Westprovinzen sind vergleichbare Formen nur vereinzelt beizubringen, so aus dem in antoninische Zeit datierten Wagengrab von Frenz, aus dem Kastell Zugmantel und bereits in stark abgewandelter Form mit peltaförmigem opus interrasile aus dem Depot von Essenbach1437. In der Germania magna nördlich des rätischen Limes liegt ein Parallele der Funde von Frenz und Zugmantel aus Frankenwinheim vor1438. Im norischen Fundspektrum fehlen demgegenüber jene Zügelführungstypen, deren Zügelring auf einem ausladenden, mehrteilig dekorativ gegliederten Unterteil angebracht sind. Ein reiches Spektrum dieser in den Westprovinzen verbreiteten Zügelführungen vermitteln die Depotfunde von VervozClavier und Mundolsheim1439 sowie die im Hypokaustum des Gutshofs von Nendeln deponierte Garnitur von Zügelführungen und Jochbeschlägen1440, neben den Funden von Ergolding und Fürstenfeldbruck (Rätien) sind die östlichsten Belege dieser für die Westprovinzen typischen Zügelführungen aus Pannonien beizubringen1441. 1432 1433 1434 1435 1436 1437 1438 1439 1440 1441 SCHLEIERMACHER 1996, 216 Abb. 5, Wagenkastenbeschlag; SCHLEIERMACHER 2000, 532 f. Abb. 19, Jochbeschlag (Wardartal). ALFÖLDI 1939, 352 f. HELL 1936, 137 Abb. 5,5 (Salzburg); DEIMEL 1987, 327 Taf. 87,3 (Virunum). M. VON GROLLER, Die Grabungen im Lager Lauriacum im Jahre 1914 und 1915, RLÖ 14 (1924) 16 Abb. 8,1; GAHEIS 1930, Abb. 121,a–b,g–h (Lauriacum); FuBerÖ 30, 1991, 275 Abb. 566 (Pöttsching); ALFÖLDI – RADNÓTI 1940, 317 Taf. 29,2–3.7 (Brigetio); 29,4 (Baláczapuszta); E. B. VÁGÓ, Ausgrabungen in Intercisa (1957–1969), Alba Regia 11, 1970, 109 ff. Taf. 49,2 (Intercisa). VENEDIKOV 1960, 244 Nr. 2–4 Taf. 24,75 (Telec). H. LEHNER, Ein gallorömischer Wagen aus Frenz an der Inde im Kreis Düren, BJb 128, 1923, 39 Taf. 2,b,3; 4,20 (Frenz, t.p.q. Münze des Antoninus Pius); G. JACOBI, Kastell Saalburg bei Homburg, Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 25, 1906, 444 Taf. 11,34; M. SCHLEIERMACHER, Römisches Pferdegeschirr aus den Kastellen Saalburg, Zugmantel und Feldberg, SaalbJb 50, 2000, 178 Taf. 4,17 (Zugmantel); BENDER – DANNHORN 1994, 110 Abb. 67,1 (Essenbach); Ch. BOUBE-PICCOT, Les bronzes antiques du Maroc III, Études et travaux d´archéologie Marocaine 8 (1980) 222 Taf. 76,356 (Banasa); westliche Variante auf langer Tülle, H. U. NUBER, Antike Bronzen aus Baden-Württemberg, Schriften des Limesmuseums Aalen 40 (1988) 109 Abb. 75 (Friesenheim). BayVgBl Beih. 12, 1999, 139 Abb. 79,11 (Frankenwinheim). FAIDER-FEYTMANS 1979, 150 Taf. 108,282 (Vervoz-Clavier); HENNING 1912, 40 f. Taf. 38,1–12 (Mundolsheim). S. JENNY, Römische Villa bei Nendeln im Fürstenthum Lichtenstein, Mitteilungen der Zentralkommission NF 23 (1897) 122 f. Abb. 1–5 (Nendeln). BayVgBl Beih. 7, 1994, 157 Abb. 122,4 (Ergolding); GARBSCH 1986, 68 Abb. 57 (Fürstenfeldbruck); M. VON GROLLER, Die Grabungen in Carnuntum, RLÖ 10 (1909) 54 Abb. 14,2 (Carnuntum); ALFÖLDI – RADNÓTI 1940, 315 Taf. 27,3 (Pusztasomodor). 516 4. Periode 4 (170/180–250/260) Kummetbügelhalter oder Waagschalenattaschen (?): Gesamtzahl 2. – Ae (Taf. 263,1600/5–6). Für die beiden blattförmigen Attaschen mit kräftigem, umgebogenem Bügel wird als erster Diskussionsbeitrag eine Montage im Bereich des Kummets vorgeschlagen, welches sich aus dem starren mit dem Joch verbundenen und aus dem frei beweglichen, um den Hals des Zugtiers gelegten Teil zusammensetzt. Die Attaschen könnten als Aufhängung des beweglichen Teils, also des Kummetbügels, gedient haben; jedenfalls lassen die Funde von Le Rondet eine entsprechende Montage für möglich erscheinen, zumal ebenda die Doppelbügel in die auf die beiden hölzernen Halsscheiben des Kummets montierten Haken eingehängt sind1442. Morphologisch verwandte, herzblattförmige Beschläge mit breiterem umgebogenem Bügel, wie sie beispielsweise aus Lauriacum, Pforzheim und aus einem Komplex des ersten Drittels des 3. Jhs. in Langenhain bekannt sind, könnten eine dem vorliegenden Attaschenpaar entsprechende Funktion gehabt haben1443. Dieser Kategorie von Kummetbeschlägen sind möglicherweise die gleichfalls mit drei Beschlaglöchern versehenen, annähernd lunulaförmig ausgehämmerten Bleche mit umgebogenem Haken zuzuordnen1444. Der erwähnte Fund von Pforzheim stammt aus einem Metalldepot. Gleichfalls um Kummetbügelhalter („Riemenhaken vom Ledergeschirr“) könnte es sich bei Funden aus dem Depot von Oberndorf am Lech handeln1445. Zumal im Depot von Mautern eine Schnellwaage gefunden wurde, ist für die beiden Attaschen mit Haken eine gänzlich andere Funktion ebensowenig auszuschließen: Entsprechend einem Fund aus Augst könnten die beiden Attaschen auf einer Waagschale montiert gewesen sein, wobei die Haken in die achterförmigen Kettenglieder der Aufhängung eingehängt worden wären1446. Für beide, hier vorgeschlagenen Funktionen spricht eventuell auch die nachträgliche mit Überfangguß bewerkstelligte Reparatur eines der beiden Haken, der bei zu großem Zug abgebrochen und auf relativ krude Weise wiederhergestellt worden ist. Seitenscheiben: Gesamtzahl 1. – Ae (Taf. 263,1699/4). Die als Einzelfund vorliegende mit sparsamen opus interrasile-Dekor versehene Scheibe mit eckiger Öse und mittiger Lochung diente als Scheibenknebel1447, wurde somit vor dem Zügelring auf dem Mundstück montiert. Für die mit wenigen ornamentalen Aussparungen versehene Scheibe aus Mautern ist Vergleichbares aus Novae, Lauriacum, einer t.p.q.-datierten Kellerverfüllung im rätischen Großprüfening (242/243) und aus dem Metallhort des mittleren 3. Jhs. von Affecking beizubringen, eine exakte Parallele, zudem noch auf der Trense montiert, stammt aus Vega Baja (Toledo)1448. Mit dem Fund aus Mautern verwandt ist der einfache Typ der Seitenscheibe ohne ornamentale Gliederung1449, der in Noricum durch einen Einzelfund in Lauriacum belegt ist1450. Hufschuh DERINGER 3: Gesamtzahl 1. – Fe (Taf. 264,1699/42). Nachweise in Noricum: Obing, Fridolfing, Wels, Lauriacum, Windischgarsten, Koppental1451. 1442 1443 1444 1445 1446 1447 1448 1449 1450 1451 SCHWAB 1973, 338 Taf. 67,2 (Le Rondet). GROLLER 1925, 28 Abb. 13,2 (Lauriacum); KORTÜM 1995, 191 Taf. 32,95 (Pforzheim); SIMON – KÖHLER 1992, Taf. 2,B13 (Langenhain). KELLNER 1959, 162 Abb. 5,15 (Waging). CZYSZ 1991, 123 (Oberndorf am Lech). MUTZ 1983, 40 Waage 6 Abb. 28,a–b (Augst). FERNÁNDEZ 1996, 100 Taf. 2 (Vega Baja). E. GENČEVA, Metalowe części wyposażenia żołnierskiego z Novae, Novensia 12 (2000) 81 Taf. 12,1.3 (Novae); V. BOJANOWSKY, Kat. Nr. I/F-12, in: UBL 1997, 69 Abb. I/F-12 (Lauriacum); FISCHER 1990, 168 Taf. 28,B,3 (Großprüfening, t.p.q. 242/243); FISCHER 1995, 340 f. Abb. 1,2 (Affecking); FERNÁNDEZ 1996, 100 Taf. 2 (Vega Baja). G. ALEXANDROV, Outils de travail et objets de la vie de Montana, Archeologia 30.4, 1988, 38 Abb. 5 (Montana); VELKOV 1940/1942, Abb. 275 (Dimitrievo); 281 (Svilengrad); CZYSZ 1991, 123 Abb. 90,6 (Oberndorf am Lech); HILD 1952, 51 Abb. 13 (Bregenz); L. VANDENE BERGHE, Some Roman military equipment of the first three centuries AD in Belgian museums, Journal of Roman Military Equipment Studies 7 (1996) 90 Abb. 18,1 (Hamme in der Scheldt). FuBerÖ 13, 1974, 124 f. Abb. 284 (Lauriacum). GARBSCH 1986, 79 (Obing, Fridolfing); DERINGER 1961, 26 ff. Nr. 7–9.11.14 Abb. 10–12; 13,11.14 (Lauriacum); Nr. 17 (Wels); E. M. RUPRECHTSBERGER, Hipposandalen aus Enns/Lorch und Wels, Mitteilungen Museumverein Lauriacum 20, 1982, 24 Abb. 1–4 (Lauriacum; Wels); SCHWANZAR 2000, 62 Taf. 12,82–87 (Windischgarsten); WINDHOLZ-KONRAD 2003, 63 Taf. 28,387 (Koppental). 517 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) Abb. 226: Hypothetische Rekonstruktion der Schirrung aus Mautern. Hufschuhe mit seitlich hochgezogenen Stegen, die einen umgebogenen Haken bzw. eine Öse aufweisen1452 sind in Metalldepots häufig anzutreffen, so beispielsweise in Welzheim, Neftenbach, Weißenburg, Oberndorf am Lech und Straubing1453. In das erste Drittel des 3. Jhs. datiert der Fund aus dem Keller 2 von Langenhain1454. Die Langlebigkeit des Typs 3 belegen die spätantiken Funde vom Moosberg bei Murnau1455. 4.10.2 Hypothetische Rekonstruktion der Schirrung aus Mautern (Abb. 226) Die in den bekannten Fundkomplexen mit Wagen (Poljanec, Djakovo, Wardartal1456) jeweils singulär auftretende Büste mit Kolonnetten und Ösen (Taf. 263,1699/1) wird als Verbindungselement zwischen der Deichsel und dem Dopppeljoch angesehen. Die Zügelführungen (Taf. 263,1699/2–3) sitzen auf dem Jochbogen. Die halbrunde Befestigungsöse an der Unterseite (Taf. 263,1699/3) läßt auf ein gespaltenes Joch schließen, in welches man die Ringe einstecken und dann festzurren konnte. Die paarigen blatt- 1452 1453 1454 1455 1456 A. K. LAWSON, Studien zum römischen Pferdegeschirr, JbRGZM 25, 1978, 136 Abb. 1,Typ 3. MÖSSLE 1983, 374 Taf. 208,1–3 (Welzheim); M. SENN-LUDER, Eisenfunde, in: J. RYCHENER, Der römische Gutshof in Neftenbach, Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 31.1 (1999) 317 Abb. 538 (Neftenbach); KELLNER – ZAHLHAAS 1993, 124 Taf. 107,94 (Weißenburg); CZYSZ 1991, 123 Abb. 92,2 (Oberndorf am Lech); KEIM – KLUMBACH 1951, 38 Taf. 43,56–62 (Straubing). SIMON – KÖHLER 1992, Taf. 61,B II 15 (Langenhain). J. GARBSCH, Der Moosberg bei Murnau, Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 12 (1966) 67; 93 Taf. 37,38 (Moosberg bei Murnau). ROUSSÉVA-SLOKOSKA 1994, 392 Abb. 9 (Djakovo); ŠEPER 1962, 349 f. Taf. 14,52 (Poljanec); SCHLEIERMACHER 1996, 240 f. Nr. 17 Abb. 30 (Wardartal). 518 4. Periode 4 (170/180–250/260) förmigen Attaschen (Taf. 263,1699/5–6) könnten entsprechend dem geringen Raum zwischen Nietkopf und Beschlag entweder auf dünnem Holz oder Leder befestigt gewesen sein. Eine Funktion als verbindendes Element im Bereich der zweiteiligen, beweglichen Kummetschirrung als Trägerelemente eines Metallbügels ähnlich dem Fund aus Zwentendorf erscheint möglich, eine gänzlich andere Funktion dieser Attaschen und zwar als Aufhängevorrichtungen für eine Waagschale ist im Kontext des Depots von Mautern jedoch gleichfalls nicht auszuschließen1457. Eine klare Zuweisung ergibt sich für die singuläre Scheibe mit mittiger Lochung und rechteckiger Öse (Taf. 263,1699/4). Diese wurde vor dem Trensenring gemeinsam mit dem fehlenden Pendant auf dem Mundstück aufgesteckt1458. Eine vergleichbare Kombination von Scheibentrensen mit entsprechend strukturiertem Joch-/Deichselbeschlag und einer Schirrung mit Kummetbügeln ist für das (Dreier-)Gespann des Wagens von Poljanec gegeben1459. 4.10.3 Die Ausrüstung von Zugtieren in den norischen Metalldepots von Mautern, Tittmoning und Bernau am Chiemsee im Vergleich Tab. 109: Inventar der westnorischen Depotfunde von Bernau am Chiemsee und Tittmoning. &UNDORTDATIERENDE &UNDE "ERNAU AM #HIEMSEE 'UTSHOF 4ITTMONING 'UTSHOF 6ERWAHRFUND EINES -ETALLHANDWERKERS 0FERD7AGEN :àGELFàHRUNGEN  7ERKZEUG'ERÊT *OCHBESCHLAG +UMMETBàGEL 4RENSE 3EITENSCHEIBE -ETALLZAUM 'LOCKEN  !CHSBUCHSE !XT .AGELEISEN  :IEHEISEN  -EI”EL  &EILEN  ,ÚFFELBOHRER  3TICHEL $URCHSCHLAG  -ESSER3CHEIDENBESCHLÊGE n 3CHIEBESCHLàSSEL  6ORHÊNGESCHLO” &U”FESSEL "AUBESCHLÊGE6ARIA PROFILIERTER 3TAB %ISENGEGENSTÊNDE "AUBESCHLÊGE "ALKENWAAGE +ELLE3IEB -ÚBELBESCHLÊGE  (ALBFABRIKATE  "LEIMODELLE  2OHMETALL -ETALLABFALL (ALLSTATTZEITLICHE "RONZEN  Depot Mautern: Joch-/Deichselbeschlag (1), Zügelführungen (2), Kummetbügelhalter (?) (2), Trensenteil (1), Hufschuh (1). Wie oben ausgeführt wurde, lassen die Vergleichsfunde der Jochbeschläge aus dem Metalldepot von Mautern auf eine östliche Komponente schließen, wobei die ursprüngliche Herkunft des zugehörigen Wagens aufgrund der Vergleichsfunde der Zügelführungsringe in Pannonien und des mittleren Joch-/ Deichselbeschlags in Thrakien, Moesien und Pannonien im unteren Donauraum, möglicherweise im südpannonischen oder moesischen Bereich zu lokalisieren ist (Abb. 227). Die Abnützungsspuren der ösenförmig erweiterten Platte des mittleren Joch-/Deichselbeschlags und die Reparatur eines der Kummetbügelträger (?) läßt auf intensiven Gebrauch schließen. Depot Bernau am Chiemsee (Tab. 109): Zügelführungen (8). Zügelführungen: Gesamtzahl 8. – Ae/Fe, Überfangguß1462. Aus dem Umfeld eines Gutshofs stammt das Depot mit acht Zügelführungen von Bernau am Chiemsee. Die beiden aufwendiger gestalteten Beschläge mit mehrfachen Riemendurchzügen hatten ursprünglich einen Befestigungsstift, der jedoch möglicherweise bei der gewaltsamen Entfernung von der Unterlage 1457 1458 1459 1460 1461 1462 STIGLITZ 1975, 76 Abb. 96 (Zwentendorf); SCHWAB 1973, 338 Taf. 67,2 (Le Rondet). FERNÁNDEZ 1996, 100 Taf. 2 (Vega Baja). ŠEPER 1962, 349 f. Taf. 14,52; 20,61,A.E; 21,61,C–D.F (Poljanec). KELLNER 1959, 154 f. Taf. 20–21 (Bernau am Chiemsee). KELLER 1980 (Tittmoning). KELLNER 1959, 155 Taf. 20,1–2; 21,2–6 (Bernau am Chiemsee). 519 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) abgebrochen ist. Neben den mit Protomen plastisch dekorierten Doppelzügelführungen repräsentiert die Mehrzahl der Zügelführungen aus Bernau am Chiemsee einfache Bronzeringe, die in Überfangguß auf Eisenstiften angebracht sind; hierfür sind norische Vergleichsfunde aus Bad Reichenhall, Lauriacum, Windischgarsten, Donawitz und Virunum beizubringen1463. Die Variante mit Quersteg aus Bernau läßt sich mit Funden aus Sárszentmiklós vergleichen1464. Der in den Metallverwahrfunden von Immendorf und Widen angetroffene Typ mit zwar gleichfalls einfachem Ring, jedoch mehrfach profilierter Bekrönung und ausladender, gewölbter, fallweise profilierter Scheibe über dem teils gelängten Stift bzw. über der Öse ist in den norischen Verwahrfunden nicht präsent1465. Depot Tittmoning (Tab. 109): Jochbeschlag (1), Kummetbügel (1), Trensenteil (2). Jochendbeschlag: Gesamtzahl 1. – Ae1466. Der in opus interrasile gefertigte Jochendbeschlag von Tittmoning läßt sich mit Funden aus dem pannonischen Orešac bei Vitrovitica vergleichen1467. Aus Noricum und den benachbarten westlichen Provinzen sind keine weiteren Entsprechungen bekannt. Den Unterschied zu den im Umfeld ansonsten gängigen überregionalen glatten Jochendbeschlägen verdeutlicht der Vergleich beispielsweise mit Funden aus Lauriacum und dem rätischen Mintraching, letztere sind als komplette Garnitur möglicherweise Teil eines Depots (?)1468. Kummetbügel: Gesamtzahl 1. – Fe1469. Aus dem norischen Bereich liegen eiserne Kummetbügel aus Tittmoning, Lauriacum und Zwentendorf vor. Die Kummetschirrung1470 mit einfachem Bügel gleich Lauriacum1471 und Tittmoning (Typ ALFÖLDYTHOMAS NG 1) läßt das wohlbekannte Relief der carruca von Maria Saal erkennen. Die Kummetschirrung mit Doppelbügel gleich Lauriacum und Zwentendorf 1472 (Typ ALFÖLDY-THOMAS NG 2) gibt die Darstellung zweier Zugpferde aus Südnoricum (Thon) wider1473. Seitenscheibe und Metallzaum: Gesamtzahl 2. – Ae und Ae/Fe, Überfangguß1474. Der westnorische Metalldepotfund von Tittmoning beinhaltet eine in Durchbruchstechnik gearbeitete Seitenscheibe, die zwar eine ähnliche Struktur mit mittiger Lochung und eckigem Riemendurchzug wie der Fund aus dem Depot von Mautern aufweist, jedoch reicher profiliert und ornamentiert ist. 1463 1464 1465 1466 1467 1468 1469 1470 1471 1472 1473 1474 GARBSCH 1986, 66 Abb. 55 (Bad Reichenhall); GAHEIS 1930, Abb. 121,c.i.k (Lauriacum); SCHWANZAR 2000, 52 Taf. 7,50 (Windischgarsten); W. MODRIJAN, Vor- und frühgeschichtliche Funde aus dem Bezirk Leoben, SchSt 7 (1957) 7 Abb. 1 (Donawitz); PRASCHNIKER – KENNER 1947, 138 Abb. 123,7092 (Virunum). KELLNER 1959, 155 Taf. 21,2 (Bernau am Chiemsee); ALFÖLDI – RADNÓTI 1940, 313 Taf. 25,4–5 (Sárszentmiklós). K. SCHWARZ, Die archäologische Denkmalpflege in Bayern in den Jahren 1973 bis 1975, JberBayDenkmPfl 15/16, 1974/75, 226 Abb. 45,1–3.6–8 (Immendorf); MARTIN-KILCHER 1980, 17 Abb. 2,2–4 (Widen); vgl. auch Verwandtes im Depot von Schwarzenacker, Katalog „Die Römer an Mosel und Saar“, 117 Abb. 46b (Schwarzenacker). KELLER 1980, 124 Nr. 33 Abb. 24,8 (Tittmoning). ALFÖLDI – RADNÓTI 1940, 312 Taf. 24,1–2 (Orešac). GROLLER 1925, 28 Abb. 13,3 (Lauriacum); BayVgBl Beih. 6, 1993, 128 Abb. 73,21–22 (Mintraching). KELLER 1980, 124 Nr. 34 Abb. 24,14 (Tittmoning). Die von ALFÖLDY-THOMAS 1993, 336 publizierte Fundliste läßt sich ergänzen durch: HILD 1952, 51 Abb. 13 (Bregenz); Wien/Rennweg 44, unpubliziert; Z. BANKI, Eisen, in: J. FITZ, Forschungen in Gorsium in 1977/78, Alba Regia 18, 1980, 181 Abb. 12,171 (Gorsium); R. MÜLLER, Die neue Datierung der Eisengerätfunde von Rákoscsaba und Balatonalmádi, AErt 103, 1976, 278 Abb. 5,3–4.6–7 (Balatonalmádi, Keszthely-Fenékpuszta, Ravaszd); A. KISS, Das römerzeitliche Wagengrab von Kozármisleny (Ungarn, Kom. Baranya), Régészeti Füzetek III.25, 1989, 33 Abb. 20,73 (Kózarmisleny); S. K. PALÁGYI, Joche in Pannonien, KölnerJb 33, 2000, 540 ff. Abb. 3 (Nagylók); 5 (Sárszentmiklós); VELKOV 1940/1942, 194 Abb. 272– 273 (Brestovica); 205 Abb. 285 (Malka Verea); VENEDIKOV 1960, 243 Taf. 7,22–23; 17,57 (Šiškovci); 52,177 (Devetak); weiters Funde aus Lauriacum (s. unten). V. BOJANOWSKY, Pferd und Wagen, in: UBL 1997, 263 Kat. Nr. V/K-8 (Lauriacum). L. ECKHART, Ausgewählte Kleinfunde der Grabung 1952 ohne Keramik und Münzen, FiL 2 (1954) 81 P149 und P405 Abb. 44,P149 (Lauriacum); STIGLITZ 1975, 76 Abb. 96 (Zwentendorf). G. PICCOTTINI, Die kultischen und mythologischen Reliefs des Stadtgebiets von Virunum, CSIR II.4 (1984) 75 f. Taf. 36,400 (Thon); vgl. RAEPSAET 1982, 240 ff. Taf. C und G. KELLER 1980, 120 Nr. 29–30 Abb. 16,9; 24,1; BOJANOWSKY 1996, 304 Typ A, Variante 1c (Tittmoning). 520 4. Periode 4 (170/180–250/260) Abb. 227: Die Jochbeschläge von Mautern mit Vergleichsfunden. Eine Parallele aus Köln-Müngersdorf datiert nach der Mitte des 3. Jhs.1475. Im Depot von Tittmoning findet sich zudem ein gebrochenes Mundstück mit in Überfangguß gefertigtem, ringförmigem Ende. Dieses läßt sich bestens mit jenem der ins 3. Jh. datierten Trense von Eichstätt vergleichen, die gleichfalls Scheibenknebel in opus interrasile aufweist1476. Seitenscheiben mit komplexen Durchbruchsarbeiten sind von Pannonien bis in den Westprovinzen verbreitet, ein Fund aus Salzburg stammt aus einer Schicht des ausgehenden 3. Jhs.1477. Der Depotfund aus Mautern liefert ein homogenes Ensemble von Schirrungsteilen, die wie oben bereits ausgeführt wurde, zu einem aus den unteren Donauprovinzen stammenden Fuhrwerk gehören (Abb. 227). Vergleicht man die Gestaltung der Zügelführungen von Mautern mit jenen von Bernau am Chiemsee läßt sich der Unterschied zwischen den am norischen Limes und im Hinterland verwendeten Gebrauchsgegenständen mit dekorativem Beiwerk aufzeigen. Die opus interrasile-Peltaverzierung der Funde aus Mautern verdeutlicht den Bezug zum pannonisch-thrakischen Formenkreis, dessen Dekorformen sich vereinzelt in Produkten der obergermanischen Limesregion widerspiegeln (Frenz, Zugman- 1475 1476 1477 F. FREMERSDORF, Der römische Gutshof von Köln-Müngersdorf, RGF 6 (1933) 134 Taf. 32,A3,44 (Köln-Müngersdorf). J. GARBSCH, Eine Trense des 3. Jahrhunderts n. Chr., BayVgBl 51, 1986, 337 ff. Taf. 16 (Eichstätt). W. K. KOVACSOVICS, Schmuck und Magie, Salzburger Museumshefte 3 (2003) 27 Abb. 42 (Salzburg-Kapitelhaus, Ende 3. Jh.); PRASCHNIKER – KENNER 1947, 145 Abb. 124,g (Virunum); RUPRECHTSBERGER 1982, 74 f. Abb. 89–90, davon Nr. 89 Bleimodell (Linz); BOJANOWSKY 1996, 299 ff. Abb. 2 (Lauriacum); L. SELLYE-IBOLYA, Vue d´ensemble des objets de bronze ajourés de Pannonie II, AErt III.2, 1941, 82 Taf. 11,8 (Celles-les-Waremmes); 89 Taf. 17,1 (Bulgarien); 17,4–5 (Aquincum); S. K. PALÁGYI, Varianten von durchbrochenen Trensenspannern aus Pannonien, AErt 116, 1989, 83 Abb. 6–7 (Brigetio, Ságvár). 521 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) tel, Essenbach). Die Belege der einfachen Zügelführungen von Bernau sind demgegenüber mit glattem rundem Ring ohne jegliches dekoratives Beiwerk rein funktional. Die Doppel- und Mehrfachführungen von Bernau folgen mit ihren Pferde- und Vogelprotomen einem einfachen Dekorprogramm wie es von Gurthaltern aus dem gesamten römischen Reich bekannt ist1478. Der Gegensatz zwischen dem mittleren Joch-/Deichselbeschlag von Mautern und den gleichfalls bei der Führung von Viergespannen auf dem mittleren Jochabschnitt montierten Beschlägen von Bernau am Chiemsee könnte jedenfalls nicht größer sein. Die Funde aus Bernau am Chiemsee stammen aus dem Umfeld eines Gutshofs, ohne daß der konkrete Kontext des Depots innerhalb des Wirtschaftsareals geklärt ist. Vermutet wird die Lage des Depots in der Nähe von Nebengebäuden. Die auf mehrere Fuhrwerke, insbesondere auch Viergespanne verweisenden Zügelführungen und die Dominanz dieser Fundgattung zumindest im erhaltenen Teil der Deponierung legen die Verortung im Umkreis der Stallungen nahe. Deponierungen mit einer ähnlichen auf die Ausrüstung der Zugpferde abgestimmten Fundauswahl liegen in den zum Schutz des Eigentums angelegten Verwahrfunden von Vervoz-Clavier, Mundolsheim, Widen und Immendorf vor1479. Im Depot von Tittmoning könnten die Schirrungsteile aufgrund ähnlicher Dekors zwar gleichfalls von einem Ensemble stammen, dessen Herkunft aus dem unteren Donauraum möglich erscheint, die heterogene Zusammensetzung des ausschließlich durch den Metallwert bestimmten Gesamtbestands dieses Handwerkerdepots und die geringe Repräsentanz der Pferdegeschirrteile im Gesamtspektrum läßt allerdings keinen definitiven Schluß auf eine gemeinsame Nutzung zu. 4.10.4 Charakterisierung des Depotfunds aus dem Vicus Ost von Mautern Aufgrund des Überwiegens von Baubeschlägen, die zum Zweck der Deponierung aus Holzkonstruktionen entfernt wurden und aufgrund der deutlichen Hinweise, daß die Jochbeschläge gewaltsam abgetrennt wurden, ist das Depot im Vicus Ost von Mautern in erster Linie als Hort von Altmetall zu interpretieren. Die relativchronologische Stellung im Siedlungsgefüge und die Datierung einiger weniger signifikanter Funde läßt auf einen Plünderungshort1480 schließen, der in Zusammenhang mit dem innerhalb des Kastells dokumentierten Brandhorizont der Mitte des 3. Jhs. zu sehen ist. Zwar liegen aus dem Grabungsgelände keine Befunde einer gewaltsamen Zerstörung vor, der Brandhorizont im dem gleichfalls im Vicus Ost befindlichen Keller (Kap. II.B.1.4.4) sowie die für die zweite Hälfte des 3. Jhs. erfaßbare Neustrukturierung der Bebauungsflächen des Vicus gemeinsam mit der Ansiedlung neuer Bevölkerungsgruppen sind gleichwohl hinreichend Indizien für eine Zäsur in der Siedlungsentwicklung. Zeitgleich mit den Ereignissen, die diese Zäsur bedingten, ist die Anlage des Metallhorts zu sehen. Die Zusammensetzung des Depots von Mautern läßt sich mit einer Reihe von gleichfalls als Plünderungshorte anzusprechenden Fundkomplexen vergleichen: Jene Depotfunde im obergermanisch-rätischen Raum1481 der mittleren Jahrzehnte des 3. Jhs., die in ihrem Formenspektrum jeweils Ausrüstung von Zugtieren beinhalten, weisen in der Mehrzahl eine Kombination mit Baubeschlägen auf (s. Kap. II.M.4.10.5 Tab. 110). Aus Kastellvici sind entsprechende Fundvergesellschaftungen in Zugmantel, Welzheim, Böbingen an der Rems, Künzing1482 und Michelsbuch-Uttenkofen bekannt. Die mit Mautern ebenfalls vergleichbare Kombination von Kummetteilen und Hufschuhen mit einem heterogenen Geräte- und Werkzeugspektrum liegt aus dem Areal des Vicus von Bad Cannstatt vor. Sicherlich 1478 1479 1480 1481 1482 Ch. W. RÖRING, Untersuchungen zu römischen Reisewagen (1983) 132 ff. II.2–5 (Long Pont bei Thorembais-Saint-Trond); VI.1–2 (Somodorpuszta); VII.1–4 (Budapest); X.14 (Pastuscha); XII.1 Taf. 17,3 (Athen); 146 ff. II.5 (Saône bei Lyon); XI.2–4 (Poljanec); XI.5 (Siscia); XIV.1 (Isbul); XIV.2 (Zilintzi); XVII.2–3 (Sidi-Ali-Bou-Djenoun); XVIII.1 Taf. 14,2 (Cherchel); XVIIII.2–3 (El-Méridj); XIX.1 (Kasserine); XX.1 Taf. 15,2 (Memphis), jeweils Enten-/Schwanenkopfdekor auf zweiarmigen Gurthaltern mit einfach strukturierter Tüllenbekrönung; 167 V.1 (Pastuscha), offener Gurthalter mit Pferdeprotomen. FAIDER-FEYTMANS 1979, 150 Taf. 108,282 (Vervoz-Clavier); HENNING 1912, 40 f. Taf. 38,1–14 (Mundolsheim); MARTINKILCHER 1980, 17 ff. Abb. 2 (Widen). FISCHER 1999, 27. Zu den Vorkommen von Hortfunden und ihren Inventaren: FISCHER 1999, 25 ff. mit Fundlisten. Vgl. hierzu auch den Neufund mit Baubeschlägen, die gemeinsam mit Waffen, Gerät und Werkzeug in einer Kiste deponiert waren: Katalog „Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer“, Schriftenreihe der Archäologischen Staatssammlung 1 (2000) 349 f. Nr. 68 mit Abb. (Künzing). 522 4. Periode 4 (170/180–250/260) das breiteste Spektrum an Funden aus dem Handwerksmilieu liefert das Metalldepot aus dem Vicus von Pforzheim. Diesen Funden aus den Vici stehen die in ihrem Werkzeug- und Gerätespektrum in erster Linie durch den Bedarf der Gutshöfe geprägten Plünderungshorte von Mengen, Affecking, Oberndorf am Lech und Essenbach gegenüber. Eine heterogene Vermischung von militärischen und zivilen Komponenten, wie sie aus dem Plündererhort von Straubing bekannt ist, liegt in Mautern nicht vor. Die Möglichkeit eines weiteren, zeitgleich mit dem Fund in der Grube O1165 im Vicus Ost angelegten Metalldepots könnte aufgrund der Funde aus der großen flachen Grube O953 angedacht werden. Die Verfüllung dieser Grube ist als Niveauausgleich vor der Errichtung des Hauses O57 zu Beginn der Periode 5 eingebracht worden. Das Fundspektrum ist heterogen und beinhaltet sowohl einige typische Gefäßformen der Periode 5 wie auch signifikante Typen der Periode 4. Innerhalb des Gesamtspektrums findet sich eine kleine Fundgruppe, die sich aus vier vollständigen Geräteteilen zusammensetzt, deren Funktion auf unterschiedliche Arbeitsbereiche schließen läßt: Landbau bzw. Holzbearbeitung (Tüllenschaber (Taf. 284,3014/2), Spaten (Taf. 284,3014/3)), Haushalt (Hebeschlüssel (Taf. 284,3014/1) und Lederverarbeitung oder ähnliches (Ledermesser bzw. Spachtel (Taf. 284,3014/42)). Die in Relation zu anderen Grubenverfüllungen dieses Ausmaßes relativ hohe Zahl an gut erhaltenen Werkzeugfunden könnte darauf schließen lassen, daß sich unter dem in O953 eingefüllten Material auch verlagerte Teile eines Metallhorts befinden. 4.10.5 Auswahl von Plünderungsdepots mit Pferdegeschirr, Jochbeschlägen und Hufschuhen Kastellvici und Vici: Zugmantel, Welzheim, Böbingen an der Rems, Bad Cannstatt, Pforzheim, Eining1483, Michelsbuch-Uttenkofen1484, Künzing, Mautern. Gutshöfe: Mengen, Affecking (?), Oberndorf am Lech, Straubing, Essenbach. Tab. 110: Plünderungsdepots in der Germania superior und in Rätien mit Pferdegeschirr, Jochbeschlägen und Hufschuhen. Fundort/datierende Funde Zugmantel1485 Kastellvicus in Brunnen Pferd/Wagen Hufschuhe (2) Nabenringe (4) Werkzeug/Gerät Brechstange Axt Amboß Zieheisen Säge Hobel Schlüssel Dreifuß R o st Baubeschläge/Varia Baubeschläge Schwert Lanzenspitzen (2) Holzeimerbeschläge Kesselhaken Welzheim1486 Kastellvicus Hufschuhe (3) Achsnagel Nabenringe (3) Radreifen Axt Sense Heugabel Baubeschläge (3) Kessel Böbingen an der Rems1487 Kastellvicus Hufschuh Wetzstein Baubeschläge Henkel Mars-Statuette Pforzheim1488 Vicus in Brunnen Hufschuhe (2) Kummetbeschlag (?) Nabenringe (17) Radreifen (1) Wagenbeschläge (15) Feuerzangen (3) Nageleisen (2) Kaltmeißel (1) Spitzmeißel (3) Tüllenmeißel (3) Doppelhammer (1) Beil (1) Löffelbohrer (1) Lanze (1) Schildfessel (?) (1) Eimerhenkel-/beschläge und Daubenringe (29) Kesselgehänge (10) Ketten (7) Schloßbeschläge (3) Dosenschloß (1) 1483 1484 1485 1486 1487 1488 FISCHER 1999, 40 Nr. 95, mit Hufschuh (Eining). BerBayDenkmPfl 11/12, 1970/71, 195 Abb. 21, mit Zügelring (Michelsbuch-Uttenkofen). JACOBI 1932, 159 f. Abb. 5 (Zugmantel). MÖSSLE 1983, 375 Taf. 207B–209 (Welzheim). NUBER – NUBER 1967, 83 Taf. 106 (Böbingen an der Rems). KORTÜM 1995, 189 ff. Taf. 23,1–43,299 (Pforzheim). 523 II.M. Zur materiellen Kultur im Vicus Ost von Mautern-Favianis (H. SEDLMAYER) Tab. 110 (Fortsetzung): Plünderungsdepots in der Germania superior und in Rätien mit Pferdegeschirr, Jochbeschlägen und Hufschuhen. Fundort/datierende Funde Pforzheim (Fortsetzung) Pferd/Wagen Werkzeug/Gerät Zugmesser (1) Hobel (1) Säge (?) (2) Flachfeile (?) (1) Sense, Sichel, Sensen/Scheren (4) Dengelstöcke (2) Baummesser (2) Heugabel (1) Rechen (5) Spaten, Rasenstecher (3) Spachtel/Schaber (1) Fischspeer (1) Schere (1) Laufgewicht (1) Hebeschlüssel (1) Baubeschläge/Varia Baubeschläge (17) Diverse Beschläge Bad Cannstatt1489 Vicus in Brunnen Kummetbügel (2) Hufschuhe (5) Pionieraxt Dechsel Säge Spaten (2) Heugabel Herdschaufel Schürhaken (2) Kesselhaken Waage Holzeimerbeschläge Künzing1490 Kastellvicus in Brunnen Kummetbügel Hufschuh Axt Hacke Zwinge Schlüssel Lanzenspitzen Beschläge Barren Mengen1491 Gutshof unter Feuerstelle in rechteckiger Grube Keramik 180/220 Kummetbügel (?) Wagenbeschläge (4) Dechsel Löffelbohrer Hammer Pfriem Sichel Heugabeln (2) Spaten Messer Baubeschläge (106) Eimerhenkel Kette Siebgefäß Schüsseln (3) Affecking1492 Gutshof (?) in Steinkiste Drag. 32 (2) Rätischer Becher DREXEL 3b Imitation Niederbieber 33a (2) um 250 Seitenscheibe Riemenkreuzung Nabenring Gezähntes Gerät Pinzette Sensenring Baubeschläge (12) Gürtelschnalle Lanzenspitze Ring Oberndorf am Lech1493 Gutshof in Steinkeller von Wirtschaftsgebäude Keramik 150/300 Seitenscheibe Zügelführung Riemenhaken vom Ledergeschirr Glocken Dechsel Axt Beitel Hobel Ziehmesser Bau- und Kastenbeschläge Kette Dolch Ausgußgefäß Bleiverguß 1489 1490 1491 1492 1493 BARTHEL 1914, 29 ff. Taf. 9,4.6.8.12.15 (Bad Cannstatt). R. GANSLMEIER – K. SCHMOTZ, Das mittelkaiserzeitliche Kastell Künzing, Archäologische Denkmäler im Landkreis Deggendorf 8 (1993) 31 Abb. 13; FISCHER 1999, 41 Nr. 110 (Künzing). SPITZING 1984, 20 ff. Abb. 1–7; S. UNSER, Schallstadt Mengen, FuBerBadWürt 10, 1986, 569 ff. Abb. 64–66 (Mengen). FISCHER 1995 (Affecking). CZYSZ 1991, 120 ff.; W. CZYSZ, Ausgrabungen in einem römischen Gutshof bei Oberndorf a. Lech, AJahrBay 1989 (1990) 137 Abb. 94 (Oberndorf am Lech). 524 4. Periode 4 (170/180–250/260) Tab. 110 (Fortsetzung): Plünderungsdepots in der Germania superior und in Rätien mit Pferdegeschirr, Jochbeschlägen und Hufschuhen. Fundort/datierende Funde Oberndorf am Lech (Fortsetzung) Pferd/Wagen Hufschuhe Nabenringe Deichselbeschlag Bolzen Werkzeug/Gerät Sägen Steckamboß Maurerkelle Flachshechsel Sense Schafschere Laubmesser Sech Angelhaken Waagschalen Holzeimer Löffel Hackmesser Schiebeschlüssel Vorhängeschloß Baubeschläge/Varia Straubing1494 Gutshof in Östlandkessel Roßstirnen (7) Hufschuhe (7) Trense Glocke Achsnagel Sägen (3) Schäleisen Hobel Brechstangen (9) Flachshechsel Sense Fessel Schlüssel (6) Kesselhaken Angelhaken Baubeschläge (24) Möbelbeschlag Militaria (20) Statuetten (8) Kerzenleuchter (2) Kessel Essenbach1495 Einhegung, Gutshof in Östlandkessel Zügelführungen (2) Metallzaum (4) Nabenbüchsen/-ringe (16) Achskappen/-beschläge (17) Wagenbeschläge (12) Glocke (1) Messerfutteral (1) Geräte (26) Schlüssel, Schloßbeschläge (8) Fußfessel, Ketten (5) Baubeschläge (24) Kessel (1) 4.11 Charakterisierung der materiellen Kultur der Vicani in Periode 4 Die Entwicklung ist vermutlich in weiten Arealen des Vicus während der Periode 4 als rückläufig zu bewerten. So sind nicht nur in dem hier behandelten Abschnitt die Befund-/Fundsituationen prekär, auch in dem letzthin analysierten Grabungsabschnitt im Vicus Süd/Fundplatz 341496 sowie möglicherweise im Vicus West/Fundplatz 91497 dürfte sich ein ähnliches Bild anhand der archäologischen Funde rekonstruieren lassen. Die Flächennutzung des Areals im Vicus Ost ist durch lockere Verbauung mit weiten Brachlandflächen charakterisiert (s. Kap. II.M.4.6) und so verwundert es nicht, daß einer der wenigen signifikanten Fundkontexte (O431) dieser Periode auch den ersten und somit ältesten Nachweis einer Sense oder Sichel (Taf. 259,1294/6) im Vicus Ost liefert. Das Handwerk wird durch Frauenarbeit bestimmt, zumal in weiten Teilen der Grabungsfläche spezifische Funde der Stoffproduktion vorliegen und der einzige Nachweis einer Hanfpflanze aus einem Kontext der Periode 4 beizubringen ist. Auch wird der Cluster von Webgewichten in und um Grubenhütte O35 in Parzelle 1 noch bereichert durch einen weiteren spezifischen Fund der Frauentracht, eine Haarnadel (Taf. 241,2422/1). Signifikante Funde von Frauenarbeit in den Parzellen 6/7 werden in der Verfüllung der Grubenhütte O1010 von einem Teilskelettfund eines Neonaten begleitet. Männer sind durch einige wenige Funde von Militaria nachzuweisen, neben einem Schwertgriff in O49 (Taf. 257,1211/2) ein Schildbuckel in 1494 1495 1496 1497 KEIM – KLUMBACH 1951 (Straubing). BENDER – DANNHORN 1994, 109 ff. Abb. 67–68; M.-Ch. BATKE u.a., Das römische Materialdepot von Essenbach-Ammerbreite II, Landkreis Landshut, Niederbayern, Ostbaierische Grezmarken 46, 2004, 19 ff. Abb. 1–24 (Essenbach). GROH 2001b, 21 ff.; SEDLMAYER 2001, 60 Taf. 13,1–3 (Mautern, Vicus Süd/Fundplatz 34). KALTENBERGER 1995a, 12 ff., TS-Modelware ist in der Mehrzahl aus Mittelgallien (6) sowie aus den frühen Rheinzaberner Produktionen (6) vorhanden, jüngere TS-Funde (5) sind vergleichsweise selten. 525 TAFEL 262 Periode 4.2: O1166, O1165. M. 1:2, Inv. 1846/3 M. 1:3. TAFEL 263 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 264 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 265 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 266 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 267 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 268 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 269 Periode 4.2: O1165. M. 1:2. TAFEL 270 Periode 4.2: O1165, O1167, O45, O64. M. 1:3, Inv. 1699/46–51, 1120/8, 1134/4–5.24–25 M. 1:2.